Landwirte und Grundstückseigentümer sind verärgert
Sie sorgen sich um die Verkehrssicherheit im dortigen Bereich.

Von Rüdiger Busch
Buchen. "Wir fühlen uns betrogen", sagt Robert Geier. "Wenn ich das damals gewusst hätte, hätte ich den Kaufvertrag niemals unterschrieben." Nicht nur der 65-jährige Landwirt aus Hollerbach, sondern zahlreiche weitere Grundstückseigentümer sind verärgert. Sie fürchten durch den Ausbau der B27 (siehe "Hintergrund") um ihre Sicherheit und um die aller Verkehrsteilnehmer im dortigen Bereich.
Denn von einer vor Jahren versprochenen Unterführung für landwirtschaftliche Fahrzeuge sei plötzlich keine Rede mehr. Mit der Folge, dass die landwirtschaftlichen Gespanne, aber auch Radfahrer, welche die vielbefahrene Bundesstraße überqueren müssen, auf Autos und Motorräder treffen, die durch den dreispurigen Ausbau schneller als jetzt unterwegs sein werden.
Insgesamt sind rund 15 Grundstückseigentümer und weitere Landwirte, die dort Flächen gepachtet haben, direkt betroffen. Sechs der Betroffenen haben sich mit der RNZ getroffen und ihre Befürchtungen geschildert: Neben Robert Geier und seinem Sohn Ralf Geier waren dies – ebenfalls aus Hollerbach – Nicole Geier sowie aus Oberneudorf Karl-Heinz Hemberger, Dieter Noe und Alfred Noe.
Hintergrund
Hintergrund
Der Ausbau der B27 zwischen Buchen und Mosbach steht bei vielen Autofahrern seit Jahren ganz oben auf der Wunschliste. Nun wird er Wirklichkeit: Das Teilstück zwischen dem Parkplatz "Runder Tisch" und der Einmündung der L523 (Richtung
Hintergrund
Der Ausbau der B27 zwischen Buchen und Mosbach steht bei vielen Autofahrern seit Jahren ganz oben auf der Wunschliste. Nun wird er Wirklichkeit: Das Teilstück zwischen dem Parkplatz "Runder Tisch" und der Einmündung der L523 (Richtung Mudau) wird ab dem Frühjahr dreispurig ausgebaut. Kosten: rund drei Millionen Euro. Vorgesehen ist eine versetzte Dreispurigkeit auf der drei Kilometer langen Strecke. Von Buchen aus kommend wird die Strecke ab dem "Runden Tisch" dreispurig. Kurz vor dem "Rüdt’schen Eck" läuft die Überholspur aus. Aus Richtung Mosbach kann nach der Abzweigung Mudau gefahrlos überholt werden. Die Dreispurigkeit endet ebenfalls kurz vor dem "Rüdt’schen Eck". (rüb)
"Jeder von uns ist getäuscht worden", macht Dieter Noe aus seinem Herzen keine Mördergrube. "Als mein Vater damals unterschrieben hat, war die Unterführung die Grundlage." Die Pläne seien den Eigentümern damals vorgestellt worden – und sie sind auch Teil der notariellen Urkunde über den Grundstückskauf, erklärt Ralf Geier und öffnet zum Beweis den betreffenden Aktenordner. "Wir sind jahrelang davon ausgegangen, dass die Unterführung gebaut wird", berichtet Dieter Noe, "bis wir vor einigen Monaten in der Zeitung gelesen haben, dass die neuen Pläne keine Unterführung mehr vorsehen."
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Ein sicheres Überqueren der Bundesstraße sei nach dem Ausbau nicht mehr möglich, befürchtet Ralf Geier. Zwar liegt nur eine der beiden Querungsmöglichkeiten für landwirtschaftliche Fahrzeuge direkt im dreispurigen Bereich – die im Gewann "Muckfeld". Bei der zweiten, am Parkplatz "Rüdt’sches Eck", endet aus beiden Richtungen der dreistreifige Ausbau. Für Karl-Heinz Hemberger ist dennoch klar: "Wenn die Strecke dreispurig wird, dann fahren die Autos noch schneller." Besonders gefährlich aus seiner Sicht: Fahrzeuge, die am Ende der Überholmöglichkeit noch schnell an einem Lkw vorbeiziehen und dementsprechend schnell unterwegs sind.

Dass das keine leeren Worte sind, zeigt sich beim Praxistest: Karl-Heinz Hemberger nimmt mich mit auf seinen Traktor. Wir versuchen, die B27 am "Rüdt’schen Eck" zu überqueren. Auto um Auto rast an uns vorbei. Rund zwei Minuten müssen wir warten, bis wir eine Lücke entdecken. Langsam setzt sich das tonnenschwere Gespann in Bewegung. Quälende fünf Sekunden dauert es, die zwei Spuren zu überquren. Gefühlt waren es zehn. "Und das Ganze muss ich an manchen Tagen 20 Mal machen", erklärt Hemberger – und das bei Wind und Wetter, egal wie schlecht die Sichtverhältnisse sind: bei tiefstehender Sonne, bei Nebel und bei Regen.
"Es ist jetzt schon sportlich rüberzukommen, und es wird nicht besser, wenn die Straße dreispurig wird", sagt Ralf Geier beim Blick auf die bis zu 18 Meter langen und 36 Tonnen schweren Gespanne und ihre nur geringe Beschleunigung. Ein weiteres Problem spricht Nicole Geier an: "Ein Autofahrer rechnet auf der Bundesstraße nicht damit, dass plötzlich ein Traktor über die Straße fährt."

Die Landwirte haben nichts gegen den Straßenausbau, erklären sie: "Wir wollen die Straße nur sicher überqueren können!" Was sie vor allem ärgert: "Es ist nicht in Ordnung, wie man mit uns umgeht: Wir hatten keine Chance, uns zu Wort zu melden", klagt Ralf Geier. Zu gerne hätten sie eine solche Gelegenheit genutzt, um ihre Sicht deutlich zu machen und Kompromissvorschläge zu unterbreiten. Neben einer Unter- oder einer Überführung sei eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 70 Kilometer pro Stunde im Bereich des "Rüdt’schen Ecks" vorstellbar. "Das wäre zumindest ein Fortschritt", sagt Dieter Noe.
Auch der Bau einer Brücke sei als Option von den Behörden durchgespielt worden: Die Kosten hierfür seien für die geringe Zahl an Nutzern zu hoch. "Es geht aber doch nicht nur um uns, sondern um die Sicherheit tausender Verkehrsteilnehmer, die jeden Tag auf der B27 fahren", empört sich Nicole Geier, "und um die Fahrradfahrer und Fußgänger, die hier rüber müssen." Schließlich sei das "Rüdt’sche Eck" ein Knotenpunkt, an dem unterschiedliche Verkehrsteilnehmer aufeinandertreffen würden. Auch für Fahrradfahrer gebe es keine sichere Möglichkeit, die B27 sicher zu überqueren.
Hintergrund
Regierungspräsidium teilt die Befürchtungen der Landwirte nicht
Wie steht das Regierungspräsidium in Karlsruhe zu der von den Landwirten geäußerten Kritik und zu ihren Befürchtungen in puncto Sicherheit? Irene Feilhauer von der Pressestelle des
Regierungspräsidium teilt die Befürchtungen der Landwirte nicht
Wie steht das Regierungspräsidium in Karlsruhe zu der von den Landwirten geäußerten Kritik und zu ihren Befürchtungen in puncto Sicherheit? Irene Feilhauer von der Pressestelle des Regierungspräsidiums hat diese und weitere Fragen der RNZ beantwortet.
Steht die Ausbauplanung fest?
Ja, die Ausbauplanung hat bereits seit 2011 in den wesentlichen Punkten die aktuelle Form. Aktuell werden alle Vorbereitungen getroffen, um 2020 im Frühjahr mit dem Bau beginnen zu können. Es wird mit einer Bauzeit bis Jahresende 2020 gerechnet.
Wie können die Landwirte die B27 künftig sicher überqueren?
Es sind zwei Querungen vorgesehen: eine am Parkplatz "Rüdt’sches Eck" und eine am "Muckfeld". Beide Querungen weisen entsprechend der "Richtlinie zur Anlage von Landstraßen (RAL)" ausreichende Sichtweiten auf. Die Planung wurde zudem durch ein Verkehrssicherheitsaudit überprüft.
Den Grundstücksbesitzern wurde beim Verkauf versprochen, dass eine Unterführung gebaut wird. Weshalb wurden diese Pläne geändert?
In der Planungshistorie war im Gewann "Muckfeld" zuerst eine Unterführung und später ein Brückenbauwerk angedacht. Der Grunderwerb wurde damals im Hinblick auf ein mögliches Bauwerk durchgeführt. Beide Planungen wurden aus verschiedenen Gründen und in Abstimmung mit den betroffenen Behörden und der Stadt Buchen verworfen. Hierbei spielte unter anderem die Minimierung der Eingriffe in die landwirtschaftlichen Flächen sowie die Gesamtwirtschaftlichkeit eine wesentliche Rolle.
Wurden die Landwirte, die die B27 überqueren müssen, gehört oder mit einbezogen?
Selbstverständlich wurden die Landwirte mit einbezogen. Zum Beispiel wurde den Betroffenen ein Ausbau nach Regelquerschnitt und eine Asphaltierung des angrenzenden Wirtschaftswegenetzes schriftlich zugesagt. Die Thematik wurde zuletzt in den Ortschaftsräten in den vergangenen Jahren nochmals detailliert vorgestellt und erläutert. (rüb)
Ob ihre Bedenken doch noch auf offene Ohren stoßen? "Wir hoffen es", bekräftigt Ralf Geier, während Nicole Geier sich mit einer Frage verabschiedet, die noch lange nachhallt: "Muss erst jemand sterben, damit die Notwendigkeit erkannt wird?"