Kein Durchgangsverkehr im Langen Anger mehr erlaubt
Doch die Ausweichroute ist immer noch nicht fertig - Sperrung sorgt für neue Gefahren

Bei der Schulwegkontrolle der Polizei in der Bahnstadt gab es kaum Verkehrsverstöße. Dafür äußerten einige Bahnstädter ihren Unmut über die Sperrung des Langen Angers: Rangierende Lkw gefährdeten die Kinder. Foto: Alex
Von Marion Gottlob
Heidelberg. Morgens gegen 7.40 Uhr stöhnt Julius (8) kurz vor der Bahnstadt-Grundschule: "Ich kann mich an das frühe Aufstehen nicht gewöhnen." Polizeihauptkommissar Hermann Jochim vom Polizeirevier Mitte ist zur Schulwegkontrolle da und lächelt: "Die Kontrollen finden zum Schulanfang in ganz Baden-Württemberg statt. Sie dienen der Sicherheit der Erstklässler, aber sie führen auch dazu, dass die Kinder ihre Scheu vor der Polizei verlieren." Viel zu tun hat er nicht, an diesem Morgen. Doch dann werden immer mehr Probleme sichtbar: Es geht um die Sperrung des Langen Angers, wodurch die Bahnstadt in zwei Teile zerschnitten wird.
Der Lange Anger führt an der Bahnstadt-Schule vorbei. Viele Schüler müssen die Straße queren, um dorthin zu gelangen. Daher hat die Stadt sie auf Höhe des Gadamerplatzes seit 9. September für den Durchgangsverkehr gesperrt. Ziel ist es, den Schulweg für Kinder aus dem Süden der Bahnstadt noch sicherer zu machen. Die Alternativroute wird voraussichtlich ab Ende des Jahres über die Grüne Meile führen, die dann komplett ausgebaut sein soll.
Zwar gibt es an vier Stellen Hinweise, dass der Lange Anger gesperrt ist - an der Zufahrt von der Speyerer Straße, in Höhe der Agnesistraße, auf der Czernybrücke und am Czernyring -, doch im Stadtteil selbst gibt es keine Beschilderung für eine Umleitung. Daher fahren viele mit ihren Autos in den Langen Anger, müssen vor der Absperrung wenden und finden den richtigen Weg nicht. Noch dramatischer gestaltet sich die Situation für Lkw-Fahrer, die immer noch zuhauf zu den vielen Baustellen in der Bahnstadt unterwegs sind. Sie fahren häufig ebenfalls bis zu der Absperrung, können dort aber weder wenden noch über die engen Kurven in die Seitenstraßen einfahren. Mühsam müssen sie rückwärts durch den Langen Anger zurück. Das geht aber nur, wenn nicht schon das nächste Auto eingefahren ist. Anwohner berichteten der Kinderbeauftragten Sonja Heinzel, dass es schon dramatische Szenen und Rangeleien gegeben habe.
Auch die Bahnstadt-Bewohnerin und Mutter Renata Selfa ist angesichts der Sperrung irritiert: "Wenn ich mein Kind zur Kita bringen möchte, brauche ich jetzt mit dem Auto in Stau-Zeiten eine halbe Stunde, früher waren es fünf Minuten." Damit habe sie beim Einzug in ihre Wohnung nicht gerechnet.
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Ein Sicherheitsdienst überwacht die neue Absperrung. An diesem Morgen umfährt eine Radlerin die Warnbaken und hat "Pech", denn bei der Kontrolle sind auch Polizeihauptmeister Volker Weidenauer und Polizeianwärterin Sun-Hee Lee dabei. Sie notieren Name und Adresse der Frau, die demnächst eine Zahlungsaufforderung über 15 oder 20 Euro erhalten wird. Etwas später umkurvt der Fahrer eines Motorrollers die Absperrung, trotz der Zurufe des Sicherheitsdienstes. Er ist auf dem Weg zur Arbeit und hat angeblich schon mehrfach die Warnbaken ignoriert. Die Polizei kann ihn aufhalten. Auch er muss einem Bußgeld rechnen.
Die Absperrung ist provisorisch. Sie ersetzt eine Ampel, die zuvor für einen sicheren Schulweg sorgen sollte. Doch das Rotlicht wurde häufig von Autofahrern nicht beachtet. Daraufhin wurde eine "Elternwache" eingerichtet. Im Juli hatten Eltern für einen sicheren Schulweg demonstriert (die RNZ berichtete).
In der Folge kam es zur Entscheidung, den Langen Anger zu sperren. Auf Dauer sollen hier Poller gesetzt werden, so eine Stadtsprecherin. Radler sowie Berechtigte, die die Poller absenken können, zum Beispiel Feuerwehr, Rettungsdienste und Müllfahrzeuge, können passieren. Bis die alternative Route über die Grüne Meile zur Verfügung steht, sieht der Kinderbeauftragte Heinzel aber Gefahren trotz der Absperrung: "Es gibt Chaos. Wenn Autos und Lastwagen drehen und rangieren, werden Kinder erneut gefährdet."
Die Stadt empfiehlt Autofahrern daher Umleitungen: Von der Speyerer Straße kommend kann der Lange Anger bis zur Galileistraße befahren werden. Die Umleitung führt von dort über die Noether- und Max-Jarecki-Straße in den Czernyring und die Eppelheimer Straße. Von dort aus gelangt man über die Agnesistraße in den Westen der Bahnstadt. Vom Westen kommend führt der Weg zurück über den Langen Anger über die Agenesistraße auf die Eppelheimer Straße.