Das künftige Mark-Twain-Center wird aufwendig saniert
Im Oktober wird hier eine erste Ausstellung gezeigt

Noch ist das Mark-Twain-Center in der Südstadt eine große Baustelle. Uwe Wenzel arbeitet aber schon jetzt mit Hochdruck am Konzept des Zentrums, das im Herbst 2019 eröffnet werden soll. Foto: Philipp Rothe
Von Denis Schnur
Heidelberg. Noch ist das Gebäude komplett eingerüstet. Handwerker gehen ein und aus, überall hängen Planen. Einige Räume haben keinen Bodenbelag, Türen sucht man oft vergeblich. Und doch hat sich im künftigen Mark-Twain-Center (MTC) in der Römerstraße in den letzten Monaten viel getan. Bis Juli hatte die Internationale Bauausstellung (IBA) in der ehemaligen Kommandantur der US-Armee ihre Zwischenpräsentation abgehalten. Seitdem wird das repräsentative Haus von Handwerkern beherrscht. Sie setzen das Gebäude, das 1938 für die Wehrmacht gebaut wurde, instand und schließen es an öffentliche Leitungen an - schließlich hatten sich die US-Amerikaner von allem abgekoppelt.
Daneben tummelt sich aber auch immer wieder Uwe Wenzel im MTC. Denn während die Bauarbeiter für das Äußere zuständig sind, arbeitet der 55-Jährige mit Hochdruck am Inneren: am inhaltlichen Konzept des Zentrums, an der Ausstellung, an Kooperationen mit anderen Institutionen. Seit Januar ist der Politik- und Geschichtswissenschaftler bei der Stadt angestellt. Wenn er nicht im MTC ist, arbeitet er in seinem kleinen Büro im Kurpfälzischen Museum. Dort hat Wenzel, seit einigen Jahren Wahl-Heidelberger, auch gemeinsam mit den Kollegen das Betreiberkonzept für das transatlantische Zentrum ausgearbeitet, das in der nächsten Woche im Bezirksbeirat der Südstadt vorgestellt wird.
Darin wird deutlich, wie das MTC nach seinem Umbau aussehen soll: eigentlich nicht anders als vorher. "Das Gebäude soll seinen Charme behalten", betont Wenzel im Gespräch mit der RNZ. Die Baumaßnahmen beschränken sich trotz Investitionen von 2,4 Millionen Euro auf die Instandsetzung, auf die "technischen Herausforderungen", wie der Kulturmanager sagt. Das Ziel: "Wer das Gebäude zu Zeiten der US-Armee gesehen hat, wird es wiedererkennen." Das liegt auch daran, dass weite Teile des Baus sowie der Inneneinrichtung unter Denkmalschutz stehen - darunter auch die typische Nazi-Dekoration in einigen Räumen, von der die US-Amerikaner teilweise nur die Hakenkreuze entfernt hatten. Doch die geplante Nutzung der ehemaligen Kommandantur könnte kaum gegensätzlicher zu ihrer früheren sein: Gingen hier bis 2013 US-Generäle ein und aus und planten Militäreinsätze, widmet sich das MTC in Zukunft der völlig friedfertigen Förderung der transatlantischen Beziehungen.
Dabei soll es auch den Blick zurück richten: Eine Dauerausstellung wird sich im Erdgeschoss der Villa der deutsch-amerikanischen Geschichte aus Heidelberger Perspektive - also vor allem den knapp 70 Jahren US-Präsenz in der Stadt - widmen. Spricht man in diesem Zusammenhang jedoch von einem "Museum", verzieht Wenzel das Gesicht. Das klingt ihm zu abgeschlossen, zu sehr nach toter Geschichte. "Am Anfang habe ich noch gesagt, ich will hier keine einzige Vitrine. Mittlerweile weiß ich, dass es nicht ganz ohne gehen wird."
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Stattdessen soll die Ausstellung multimedial aufgezogen werden. Es sollen Zeitzeugen zu sehen und zu hören sein, es soll vor allem um deutsch-amerikanische Biografien gehen, um hier stationierte G.I.s, um Heidelberger, die gegen die US-Armee demonstriert haben, aber auch um irakische Geflüchtete, die mit der US-Präsenz anderes verbanden als die Heidelberger. "Es geht uns nicht darum, die Vergangenheit abzufeiern. Wir wollen möglichst viele Blickwinkel zeigen." Die Ausstellung solle deshalb nie abgeschlossen, sondern in ständigem Wandel sein. Etwas Raum soll sie dabei auch dem Namensgeber des MTCs widmen. Denn der Schriftsteller Mark Twain legte 1878 quasi den Grundstein für die Beziehungen zwischen Heidelberg und den USA. Gemeinsam mit dem Mark Twain House im US-amerikanischen Hartford soll deshalb eine Wechselausstellung zu dessen Aufenthalt am Neckar realisiert werden.
Neben dieser Ausstellung soll das MTC zwei weitere Funktionen erfüllen: Es soll mit dem Heidelberg Center for American Studies der Universität zur Erforschung der transatlantischen Beziehungen beitragen - etwa durch gemeinsam ausgerichtete Konferenzen oder das Bereitstellen von Räumen. Zu guter Letzt soll das Zentrum auch eine Kultur- und Bildungseinrichtung sein: Gemeinsam mit etablierten Institutionen wie dem Deutsch-Amerikanischen Institut sollen Veranstaltungen auf die Beine gestellt werden, die thematisch ins Konzept passen. Schulen, Hochschulen und Vereine können Führungen buchen. Zielgruppe sind laut dem bisherigen Konzept vor allem junge Menschen - und die rund 100.000 Touristen aus den USA, die jedes Jahr nach Heidelberg kommen.
Schon vor dem Ende der Sanierung in rund zwei Jahren soll die Villa ausgiebig genutzt werden. Im Herbst 2019 wird - wenn alles gut läuft - der erste Teil des Zentrums samt Ausstellung eröffnet, danach wird er schrittweise wachsen. Und schon in wenigen Wochen - ab dem 9. Oktober - wird hier eine erste Ausstellung gezeigt. Der Fotograf Steffen Diemer hat 2014 Heidelbergs ehemalige US-Kasernen besucht und sie nach dem Abzug der Army abgelichtet. Die Bilder werden nun erstmals im künftigen MTC gezeigt. Im November folgt ein Konzert im Rahmen des Musikfestivals "Enjoy Jazz". So soll das Zentrum den neuen Teil der Südstadt schon beleben, während rundherum noch gebaut wird.