Alla-Hopp-Streit landet vor Gericht
Zu laut, sagen Gegner - Sie werfen dem Rathaus vor, in die Gestaltung der Anlage nicht ausreichend einbezogen worden zu sein

Die Sinsheimer Alla Hopp-Anlage. Foto: Tim Kegel
Von Tim Kegel
Sinsheim. Fast ein Jahr lang schien Ruhe eingekehrt in die Proteste einzelner Nachbarn wegen Ruhestörung durch die Alla-Hopp-Anlage im Sinsheimer Postgarten. Nun erfuhr die RNZ: Gegner des Begegnungs- und Bewegungsparcours klagen vor dem Verwaltungsgericht in Karlsruhe.
Moniert wird nach wie vor der Lärm, speziell in den sommerlichen Abendstunden, aber auch an Sonn- und Feiertagen sowie am frühen Morgen und in der Mittagsruhe; vom Wertverlust der Grundstücke ist ebenfalls die Rede. Die Kläger werfen dem Rathaus vor, Bevölkerung und Anwohner im Vorfeld des Anlagenbaus nicht ausreichend über das Projekt informiert zu haben.
Man ist der Ansicht, dass, ähnlich wie bei Baugenehmigungsverfahren, eine Zustimmung der Nachbarn erforderlich gewesen wäre, diese Zustimmung aber nicht eingeholt worden sei. Dies wird speziell an zwei Pavillons, die als Lager- und Toilettenhäuschen genutzt werden, festgemacht.
Im Lauf der rund zwei Jahre andauernden Protestgeschichte rund um die Anlage hatten Anwohner wiederholt eine Beschränkung der Nutzungszeiten, den Einbau von vor Schall schützenden Wänden und Fenstern sowie mehr städtische Kontrollen gefordert. Auch eine Umzäunung wurde immer wieder genannt.
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Auf einen Teil der Forderungen wurde prompt reagiert, etwa mit umfassenden Verboten von Radfahren über Rauchen bis Radiohören. Das Ordnungsamt stellte zusätzliches Personal ein. Ein Zutrittsverbot in der Zeit von 22 bis 6 Uhr wurde verhängt, überwacht von einem Sicherheitsdienst, der jährlich rund 10.000 Euro kostet. Jüngste Maßnahme des Rathauses: Pflegegeräte, wie Laubbläser, die an der Alla-Hopp-Anlage im Einsatz sind, wurden von Benzin- auf geräuscharme Elektromotoren umgestellt. Laut interner Anweisung soll der Pflegebetrieb erst nach 9 Uhr morgens anlaufen. "Wir tun, was wir nur können", sagt Oberbürgermeister Jörg Albrecht.
Das Baurechtsamt bestätigte, dass der Fall vor Gericht ist; der Streitwert wurde mit 15.000 Euro festgesetzt. Tatsächlich habe die Dietmar-Hopp-Stiftung als Bauherr der Anlage für die Pavillons eine Baugenehmigung benötigt und diese auch erhalten. Beim Rest des Areals handelt es sich nach Auffassung von Rathaus-Abteilungsleiter Thomas Hafner "nur um eine Modifikation der bestehenden Anlage", die wiederum nicht genehmigungspflichtig sei.
Hafner ist sich sicher, dass Stadtverwaltung und Bauherr "ihrer Informationspflicht nachgekommen" sind. Es habe im April 2015 und damit vor dem Genehmigungsverfahren und weit vor Baubeginn "ein Beteiligungsgespräch, Informationsveranstaltungen, öffentliche Gemeinderatssitzungen und Kampagnen" gegeben, danach "Workshops, Bürgerbeteiligungen und Baustellenführungen".
Dass Nachbarn nicht angehört wurden, als es um den Bau der Pavillons gegangen sei, liege, so Hafner, daran, "dass diese nicht nachbarrechtlich relevant" seien, das heißt: zu weit entfernt und ohne Auswirkung auf die Nachbarbebauung. "Die Pavillons", schildert der Baurechtler, "sind ja auch kein Störfaktor." Und gegen Störfaktoren gehe das Rathaus schließlich vor, "mit allem, was in dessen Macht" stehe, und trete den Beweis an.
Der Baugenehmigung hätten die Projektgegner im November 2017 widersprochen - knapp anderthalb Jahre nach Eröffnung der Anlage. Bei herkömmlichen Anhörungen liegt die Einspruchsfrist jedoch bei vier Wochen. Das Baurechtsamt wies den Einspruch zurück, er wanderte daraufhin zum Regierungspräsidium Karlsruhe als übergeordnete Behörde - diese reagierte gleich. Mit einem Gerichtsurteil rechnet Thomas Hafner nicht vor Mitte 2019: "Bei jedem zweiten Bauvorhaben wird geklagt", sagt er, "die Gerichte sind ausgelastet."
"Die Anlage ist an einem idealen Platz", nimmt Hafner Kritikern den Wind aus den Segeln, die eine Ansiedlung im Außenbereich fordern: Es handle sich bei der Innenstadt-Ost um ein Mischgebiet, in dem, neben Wohnen, zahlreiche Gewerbe-, Freizeit- und Alteneinrichtungen ansässig seien. Dem Sinn und Zweck der Alla-Hopp-Anlage "als Ort der Begegnung und der Bewegung" trage dies am besten Rechnung, glaubt Hafner. Kinderlärm, um den es sich in den meisten Fällen handle, sei laut Bundesgesetzgebung "in jedem Wohngebiet hinzunehmen".
Außerdem stelle sich für ihn die Frage, "ob der Verkehrslärm der Hauptstraße nicht ähnlich ins Gewicht fällt", die im selben Gebiet liege. Und was den Preisverfall der Immobilien angehe, könne man dies "auch andersherum denken", verweist Hafner auf zahlreiche positive Stimmen in der Bevölkerung und Internet-Bewertungen. Die Anlage könne auch als Aufwertung des Wohnstandorts interpretiert werden.
Noch ist offen, wie das Gericht entscheidet. In der Regel sind Gerichte "um Vergleichslösungen bemüht, die beide Parteien halbwegs zufrieden stellen", weiß auch Thomas Hafner. Dass doch noch eine Umzäunung kommt, glaubt er nicht: "Das würde kaum jemanden abhalten."



