Mannheim senkt die Ticketpreise
Luftschutzkonzept in Berlin vorgestellt – Bund schießt 28 Millionen Euro zu - Elektro-Lastenräder für den Lieferverkehr

Von Tobias Schmidt und Daniel Bräuer
Berlin/Heidelberg. Im Kampf gegen Luftverschmutzung will Mannheim die Ticketpreise im öffentlichen Nahverkehr deutlich senken. Dafür und für weitere Maßnahmen erhält die Stadt bis 2020 vom Bund rund 28 Millionen Euro. Das wurde am Dienstag bei der Präsentation von bundesweit fünf "Modellstädten" im Verkehrsministerium in Berlin vorgestellt.
Von dem 130-Millionen-Euro-Programm profitieren auch Bonn (39,3 Millionen) und Essen (21,2 Millionen) in NRW sowie die baden-württembergischen Kommunen Reutlingen (19,2 Millionen) und Herrenberg (4,5 Millionen Euro). Ziel ist es, vor allem die Stickoxidwerte zu senken. "Wir müssen die Städte sauber bekommen", sagte Umweltministerin Svenja Schulze (SPD), die den Gipfel mit Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) ausrichtete. Auch er verwies auf den "Zeitdruck" angesichts von Grenzwertüberschreitungen in 65 Städten im Jahr 2017.
Hintergrund
Erste Details des neuen Tarifsystems
Details ihres Konzepts gegen Stickoxidbelastung will die Stadt Mannheim erst heute vorstellen. Ab wann die neuen Ticketpreise in Mannheim und Ludwigshafen gelten sollen, war am Dienstag nicht zu erfahren. Laut einer
Erste Details des neuen Tarifsystems
Details ihres Konzepts gegen Stickoxidbelastung will die Stadt Mannheim erst heute vorstellen. Ab wann die neuen Ticketpreise in Mannheim und Ludwigshafen gelten sollen, war am Dienstag nicht zu erfahren. Laut einer Übersicht des Bundesverkehrsministeriums, die unserer Redaktion vorliegt, sieht das Paket unter anderem folgende Maßnahmen vor:
E-Tarif: Das Smartphone-Ticket, das ohne Rücksicht auf Wabengrenzen den Fahrpreis streckengenau berechnet, soll attraktiver und billiger werden. Neukunden winkt ein 20-Euro-Gutschein, Vielnutzern sogar eine kostenlose Jahreskarte. Zudem sind eine neue Funktion für Mitfahrer und eine Prepaid-Option geplant. Der Grundpreis pro Fahrt sinkt von 1,20 auf 0,80 Euro.
Green-City-Ticket: Fahrten in der Großwabe Mannheim/Ludwigshafen werden günstiger: Einzelfahrten kosten dann 1,80 Euro statt 2,60 Euro (für Kinder: 1,30 Euro statt 1,80 Euro, für BahnCard-Inhaber 1,40 Euro statt 2 Euro). Mehrfahrtenkarten kosten künftig 1,72 Euro statt 2,50 Euro pro Fahrt (für Kinder: 1,20 statt 1,74 Euro). Auch der Preis für Zeitkarten soll entsprechend gesenkt werden - von Preisstufe 3 auf 2.
Jobticket: Für Mannheimer Firmen soll der monatliche Grundbetrag von aktuell 9,50 bis 11,50 Euro pro Mitarbeiter wegfallen. Dies gilt allerdings nur für Neuabschlüsse.
Vorort-Verkehr: Um auch abseits des Zentrums den Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel attraktiver zu machen, soll die "tangentiale" Buslinie 50 (Sandhofen - Schönau - Waldhof - Käfertal - Wallstadt - Feudenheim) durch zusätzliche Busse verstärkt werden.
Glücksstein-Quartier: Das neue Stadtviertel soll an die Straßenbahntrasse angebunden werden. Bis dahin sollen eine neue Buslinie 65 das Quartier erschließen und der Takt auf der innerstädtischen Linie 60 verdichtet werden.
Neue Busse: Um die Linien zu verstärken und den Schadstoffausstoß zu reduzieren, sollen mit der Bundesförderung neue EURO-6-Busse mit Hybridantrieb angeschafft werden. (hol)
In Mannheim soll unter anderem der Grundpreis für den e-Tarif auf dem Smartphone, bei dem die Strecke nach Luftlinie berechnet wird, von 1,20 Euro auf 80 Cent gesenkt werden. Zudem werden Einzel-, Mehrfach- und Zeitfahrkarten für die Großwabe Mannheim/Ludwigshafen günstiger, ebenso das Jobticket. Zusätzliche Busse sollen Fahrten in den Außenbezirken attraktiver machen, das Glücksteinquartier soll ans Straßenbahnnetz angebunden werden.
Außerdem ist ein "Micro-Hub" geplant - ein Umschlagplatz, von dem aus Pakete mit E-Lastenrädern zum Empfänger gebracht werden. Die Pläne reichten bis zum möglichen Bau einer Güterseilbahn, erklärte Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD), damit Lastwagen gar nicht mehr in die Stadt fahren müssten. Details will er heute im Rathaus vorstellen.
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Bonn und Reutlingen planen unter anderem ein Jahresticket zum Preis von "365 Euro-Ticket" - ein Euro pro Tag. Essen will seine Busflotte erweitern und neue Fahrradstraßen einrichten. In Herrenberg wird getestet, was die digitale Steuerung der Verkehrsflüsse bewirken kann. Fachleute der Bundesministerin begleiten die Städte bei der Umsetzung. Im Sommer 2019 wird der Erfolg der Maßnahmen analysiert. Umweltministerin Schulze sagte jedoch: "Ich bin überzeugt, dass sie am Ende nicht ausreichen werden, um Fahrverbote zu vermeiden." Das werde nur mit Hardwarenachrüstungen der Dieselfahrzeuge gelingen.
Mannheims Verkehrsbürgermeister Christian Specht betonte: Oberstes Ziel sei es, Dieselfahrverbote zu vermeiden. Sollten die jetzt beschlossenen Maßnahmen die Werte erfolgreich senken, stehe weiterhin der Bund in der Pflicht, sagte Specht. "Dann muss klar sein, dass wir auch darüber hinaus eine Verstetigung der ÖPNV-Förderung durch den Bund benötigen."