Volksbank und Raiffeisenbank wollen fusionieren
Gemeinsam unter die Top-Ten im Land - Entlassungen und Filialabbau nicht geplant

130 Jahre nach ihrer Gründung gibt die Raiffeisenbank in Kirchardt wohl ihre Eigenständigkeit auf und geht mit der Volksbank Kraichgau zusammen. Beide Banken bestätigten gestern entsprechende Gespräche. Voraussichtlich Mitte 2019 wird die Fusion vollzogen. Foto: Armin Guzy
Kirchardt/Sinsheim/Wiesloch. (guz) Die Volksbank Kraichgau mit Doppelsitz in Sinsheim und in Wiesloch und die Raiffeisenbank Kraichgau mit Sitz in Kirchardt wollen fusionieren. Beide Banken bestätigten am Donnerstag in einer gemeinsamen Mitteilung entsprechende Gespräche, über die Beobachter der regionalen Bankenlandschaft schon lange spekulieren.
Ziel ist aktuell, die Fusion Mitte 2019 mit einem entsprechenden Vertrag zu vollziehen. Von den mehr als 600 Mitarbeitern werde im Zuge der Fusion keiner entlassen werden, teilten die beiden Banken mit. Auch die 37 Geschäftsstellen der Volksbank und die neun der Raiffeisenbank sollen erhalten bleiben.
Ziel der jetzt mit einer schriftlichen Absichtserklärung untermauerten Gespräche sei "ein Zusammenschluss im Interesse der Mitglieder, Kunden und Mitarbeiter". Mit einer Bilanzsumme von etwa fünf Milliarden Euro wird die neue Bank dann voraussichtlich unter den zehn größten Genossenschaftsbanken in Baden-Württemberg zu finden sein.
"Wir müssen nicht, aber wir wollen", betont Raiba-Vorstand Wolfgang Schön im Gespräch mit der RNZ. "Lose Strategiegespräche" der Verantwortlichen beider Banken gebe es schon seit Jahren. Nun, im 130. Jahr nach der Gründung der genossenschaftlich organisierten Raiffeisenbank und wohl auch unter den geänderten Vorzeichen des Marktes, der allen Banken geringere Margen, aber zugleich schärfere aufsichtsrechtliche Regelungen und den entsprechenden Aufwand dafür beschert hat, gibt die Kirchardter Raiba ihre Selbstständigkeit auf.
"Eine strategische Entscheidung zweier Partner auf Augenhöhe", sagt Schön. Alle fünf beteiligten Vorstände seien von der Richtigkeit dieser Entscheidung überzeugt: "Mit der starken Partnerschaft können wir den gewachsenen Ansprüchen der Kunden an die optimale Beratung und an die erwartete Präsenz vor Ort gerecht werden und die Leistungsfähigkeit der neuen Gesamtbank erhöhen."
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Die voranschreitende Digitalisierung führe dazu, dass die Raiffeisenbank mit ihrem Anspruch, jederzeit alle Anforderungen und Wünsche ihrer Kunden zu erfüllen, nach und nach an Grenzen stoße, räumt Schön ein. "Wer uns kennt, der weiß, dass wir uns diese Entscheidung nicht leicht gemacht haben. Wir waren immer stolz auf unsere Eigenständigkeit. In der Verpflichtung für unsere Mitglieder und Kunden und deren Interessen müssen wir nun auch zur richtigen Zeit die richtige Entscheidung treffen", sind sich die beiden Kirchardter Vorstände Schön und und Volker Häcker einig.
Trotz der Betonung der Augenhöhe ist die Volksbank (Bilanzsumme vier Milliarden Euro in 2017) der deutlich größere Partner und rundet mit der Fusion ihr Geschäftsgebiet ab. Die wirtschaftlichen Verhältnisse beider Banken sind geordnet; die Kirchardter Raiba hat 2017 fast 400 Millionen Euro bilanziert, und mit der geplanten Fusion beider Geldhäuser würde auch deren Klientel verschmelzen, was auf Vorstandsebene als Vorteil gesehen wird.
Die eher ländlich geprägte Kirchardter Raiba und die Voba, die in Sinsheim, Wiesloch, Walldorf und ebenso Richtung Heidelberg auch Kontakt zu Großkunden hält, ergänzen sich hier und schaffen eine breitere Basis. Die Voba bringt 130.800 Kunden mit, die Raiba 16.100.
Dass der Baden-Württembergische Genossenschaftsverband, der alle Genossenschaftsbanken im Land prüft und berät, diesen Schritt empfohlen hat, ist anzunehmen. Und auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sah bereits nach Inkrafttreten des Einlagensicherungsgesetzes Mitte 2015 eine der wesentlichen Möglichkeiten, um Kosten zu senken, in Fusionen.
Für Vorstand Wolfgang Schön schließt sich mit dem geplanten Schritt der Kreis: Im August 1973 hatte er seine Ausbildung begonnen - bei der Volksbank in Sinsheim. Er wird die Fusion 2019 noch begleiten und dann mit 64 Jahren in Ruhestand gehen.
Da auch andere Mitarbeiter beider Häuser bald das Rentenalter erreichen, wird sich schon dadurch ein "Synergie-Effekt" ergeben. Der Vorstand der neuen Bank wird sich voraussichtlich aus Matthias Zander, Thomas Geier und Klaus Bieler von der Volksbank Kraichgau und Volker Häcker von der Raiba als Generalbevollmächtigter zusammensetzen.
Auch in Zukunft will die neue Bank gemeinnützige, soziale und kulturelle Projekte sowie Vorhaben für Vereine und Schulen fördern. Das letzte Wort haben aber die Mitglieder beider Banken. Sie entscheiden in den jeweiligen Vertreterversammlungen, ob die beide Geldhäuser tatsächlich zusammengehen.