Alter Kohlhof in Heidelberg

Jetzt dreht sich alles um den Rückkauf

Landgericht folgt in seinem Beschluss der Rechtsauffassung der Stadt - Nächster Schritt: Wie viel ist das Areal wert?

18.04.2018 UPDATE: 19.04.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 36 Sekunden

Der Alte Kohlhof unweit vom Heidelberger Hausberg Königstuhl war bis 2014 ein Ausflugslokal. Dann kaufte es die Familie Hofbauer den damaligen Besitzern ab. Im Kaufvertrag gibt es aber die Verpflichtung, bis Mitte 2022 eine Gaststätte zu betreiben. Die Stadt zweifelt daran, dass Hofbauers dem nachgekommen sind - was die allerdings beteuern. Foto: Rothe

Von Micha Hörnle

Heidelberg. Es ist noch kein Urteil, eher eine Momentaufnahme. Aber dennoch hat es das dreiseitige Schreiben, das am Mittwoch im Landgericht ohne weitere Verhandlung verteilt wurde, in sich: Denn in praktisch allen Punkten folgt die Vierte Zivilkammer der Rechtsauffassung der Stadt, was den Alten Kohlhof angeht. Demnach ist für die Richterin Andrea Großmann und ihre beiden Kollegen Friedrich Schütter und Oliver Scholz an der rechtlichen Bindung des Grundbucheintrags nicht zu rütteln. Die jetzigen Besitzer des Anwesens hätten dagegen verstoßen - und daher sollte nun der Rückkauf des Areals seitens der Stadt eingeleitet werden.

Als die jetzigen Eigentümer, die Familie Hofbauer, im Juni 2015 das ehemalige Ausflugslokal von den Vorbesitzern kauften, übernahmen sie auch eine Klausel im Grundbuch: Demnach muss bis zum Juni 2022 auf dem Alten Kohlhof eine Gaststätte betrieben werden. Die rechtliche Bindung hatten die Hofbauers immer wieder bestritten. Erstens stehe im Grundbuch, dass das Anwesen auch als ein Hotel oder ein Weingut genutzt werden könne. Zweitens sei jede Form der Gastronomie, vor allem ein Ausflugslokal, unrentabel.

Dieser Auffassung schloss sich das Gericht in dieser "Zwischenbilanz" nicht an. Im Gegenteil: Es hält einen bewussten Verstoß der Hofbauers gegen diese Verpflichtung, die die Richter für verbindlich halten, für wahrscheinlich. Im Beschluss heißt es sogar, dass die jetzigen Besitzer "wie in der Beweisaufnahme angeklungen, auf dem Anwesen von vornherein keine Gaststätte betreiben wollten". Bei diesem Termin am 28. März hatten mehrere Anwohner übereinstimmend ausgesagt, es habe seit dem Kauf der Hofbauers nie einen Gaststättenbetrieb im Alten Kohlhof gegeben; stattdessen sei das Anwesen als Wohnung genutzt worden. Einen Gegenbeweis war der Zeuge Florian Hofbauer, der nach eigenen Angaben auf dem Kohlhof das Edelrestaurant "Oben 2" betreibt, schuldig geblieben. Er berichtete zwar vor drei Wochen, dass man mittlerweile eine neue Edelstahlküche eingebaut habe, aber Kaufbelege für Lebensmittel wollte er nicht vorlegen. Zudem sagte er, dass sein Lokal nicht für die breite Öffentlichkeit gedacht sei, sondern für einen speziellen Kreis von Gourmets, die das Angebot auch zu schätzen wüssten.

An diesem Tag schien das Gericht vor allem klären zu wollen, ob oder wann die Hofbauers eine Gaststätte eingerichtet hätten. Als Stichtag gilt zum einen der 15. Januar 2017: Da endete die letzte Frist der Stadt, ab diesem Tag hätten die Eigentümer ein Lokal eröffnen müssen. Zum anderen ist der 25. Januar 2017 entscheidend: Da beschloss der Gemeinderat, den Rückkauf der Immobilie einzuleiten. Dazu hat er auch das Recht, so das Gericht gestern. Deswegen "soll zunächst Beweis erhoben werden zur Bemessung des Wiederkaufspreises". Mit anderen Worten: Es soll ermittelt haben, wie viel die Immobilie wert ist. Dabei sollen alle Investitionen seit 1998 - als das Anwesen zum ersten Mal verkauft wurde - aufgelistet werden. Vor allem die jetzigen Eigentümer berufen sich darauf, besonders viel Geld in das historische Gebäude, das vorher marode gewesen sein soll, gesteckt zu haben. Bisher gehen die Vorstellungen weit auseinander: Die Stadt will für 600.000 Euro in den Besitz des Kohlhofs 5 gelangen, die Hofbauers kalkulieren eher mit zwei Millionen Euro. Der amtliche Schätzpreis liegt bei 1,2 Millionen Euro. Bereits am ersten Verhandlungstag, am 13. Dezember 2017, hatte Richterin Großmann eine Summe von "einer Million Euro oder deutlich mehr" genannt.

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Der gestrige Beschluss war kein Urteil, es geht weiter - das erklärt auch die Häufung von Worten wie "bisherig" oder "vorläufig". Die Streitparteien haben nun einen Monat Zeit, sich zu äußern. Auch wenn das Gericht die Frage der Wirtschaftlichkeit eines Kohlhof-Lokals offenbar für unerheblich erachtet, hält es sich doch eine Hintertür offen: Es behält sich vor, "ein Sachverständigengutachten zur wirtschaftlichen Rentabilität des Betriebs der Gaststätte" einzuholen.

Unterdessen gehen bei den Kontrahenten die Einschätzungen weit auseinander: "Dieser Beschluss ist ein Signal, der unsere Rechtsauffassung bestätigt", sagte Stadtsprecher Achim Fischer. Hofbauer-Anwalt Felix Michl meinte hingegen: "Für ein Statement ist es noch zu früh. Gewonnen oder verloren hat noch keine Seite." Er wolle nun die Zeit nutzen, den Nachweis zu erbringen, dass es sehr wohl eine Gastronomie gebe - und dass mitnichten Hofbauers das Areal von Anfang an als Wohnsitz nutzen wollten. Auf die Frage, ob der Beschluss denn nicht eine Schlappe für ihn sei, sagte Michl: "Kein Kommentar."

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