Neuenheimer Feld in Heidelberg

Das "Abenteuer Masterplan" hat begonnen

Am Mittwochabend startete die Bürgerbeteiligung - Rund 300 Interessierte kamen

12.04.2018 UPDATE: 13.04.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 27 Sekunden

Umfrage zu Beginn: Als die Moderatoren wissen wollten, wer aus den Stadtteilen Neuenheim, Handschuhsheim und Wieblingen kommt, standen gut 80 Prozent der Besucher auf. Foto: Rothe

Von Steffen Blatt

Heidelberg. "Das wird ein spannendes Abenteuer für uns alle." So begrüßte Heidelbergs Erster Bürgermeister Jürgen Odszuck die rund 300 Besucher am Mittwochabend in der Halle des Uni-Sportinstitutes im Neuenheimer Feld. Damit fand er eine treffende Beschreibung für das, was sich Stadt, Universität, Land und Bürger für die kommenden zwei Jahre vorgenommen haben: Ein Masterplan für das Neuenheimer Feld soll her, mit dem am Ende alle Leben können: Universität und Forschungseinrichtungen, Kliniken, Landwirte, Gärtner, Umweltschützer und Anwohner. Jetzt startete die Beteiligung der Bürger an diesem Mammutprojekt.

Wie unterschiedlich die Interessen beim Neuenheimer Feld gelagert sind, wurde schon beim Blick auf die 33 Poster deutlich, die an den Wänden der Sporthalle angebracht waren. Darauf konnten alle betroffenen Einrichtungen und Gruppen ihre Gedanken und Vorschläge für die Zukunft des Areals vom Neckar bis zur Berliner Straße festhalten - alle in derselben Aufmachung, alle in maximal 1300 Zeichen.

Auf der einen Seite wünschen sich Forscher und Kliniken mehr Platz für ihre zukünftige Entwicklung - und das noch geltende Baurecht aus den 1960er Jahren etwa ist schon lange nicht mehr zeitgemäß. Auf der anderen Seite fürchten Landwirte, Gärtner, Anwohner und Umweltschützer um Ackerflächen und Naherholungsgebiete, wenn das noch freie Feld angetastet werden sollte. Einig sind sich alle, dass bei der Verkehrsbelastung die Grenze erreicht ist - auch hier soll der Masterplan Lösungen finden. Eine fünfte Neckarquerung ist zumindest für die Wieblinger keine, denn die Brücke würde durch ihren Stadtteil führen.

Hintergrund

Der Weg hin zu einem Masterplan für das Neuenheimer Feld ist kompliziert. Um das alles zu steuern, wurden verschiedene Gremien eingerichtet:

> Der Koordinationsbeirat ist für die Bürgerbeteiligung zuständig. Er überlegt sich geeignete Formate, um

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Der Weg hin zu einem Masterplan für das Neuenheimer Feld ist kompliziert. Um das alles zu steuern, wurden verschiedene Gremien eingerichtet:

> Der Koordinationsbeirat ist für die Bürgerbeteiligung zuständig. Er überlegt sich geeignete Formate, um alle Interessierten und Betroffenen zu Wort kommen zu lassen. In dem Gremium, das nicht inhaltlich zum Masterplan arbeitet, sitzen Vertreter von Stadtteil- und Sportvereinen, Studenten und weiteren bürgerschaftlichen Gruppen, die Stadtverwaltung sowie die Universität, die Kliniken und andere Forschungseinrichtungen aus dem Neuenheimer Feld. Der Koordinationsbeirat tagt öffentlich.

> Im Forum sitzen 82 Vertreter aller vom Masterplan betroffenen Einrichtungen und Gruppen, außerdem mehrere zufällig ausgewählte Bürger aus den betroffenen Stadtteilen. Das Forum formuliert einen Aufgabenkatalog, der von den Planungsteams bearbeitet wird.

> Die Planungsteams setzten sich zusammen aus Architekten, Stadt- und Landschaftsplanern sowie weiteren Fachleuten. Sie erarbeiten anhand des Katalogs aus dem Forum und den Fragen der Bürger Entwürfe für den Masterplan, die in Zwischenstadien auch immer wieder mit den Bürgern diskutiert werden. Sie können zusammen, aber auch in Konkurrenz arbeiten - ein Team wird nach dem Beschluss des Gemeinderates über den Masterplan weiter mit der Umsetzung betraut. Die Teams werden derzeit besetzt.

> Der Steuerungskreis aus Vertretern von Stadt, Land und Universität strukturiert das gesamte Verfahren.

> Der Lenkungskreis, in dem Finanzstaatssekretärin Gisela Splett, Wissenschaftsministerin Theresia Bauer, Universitätsrektor Bernhard Eitel und Oberbürgermeister Eckart Würzner sitzen, bereitet die Beschlussvorlagen für den Gemeinderat vor.

> Der Zeitplan ist ehrgeizig: Derzeit läuft noch der "Vorprozess", an dessen Ende der Gemeinderat im Frühsommer die Aufgabenstellung für die Planungsteams beschließen soll. Dann beginnt der Planungsprozess, auf den eine Konsolidierungsphase folgt. Am Jahresende 2019 soll der Masterplan stehen.

Weitere Infos gibt es unter www.heidelberg.de/masterplan und www.masterplan-neuenheimer-feld.de. ste

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Eine komplizierte Gemengelage also, die da zusammenkommt - und entsprechend aufwändig ist das Verfahren, das zum Masterplan führen soll. Als Christine Marks vom Münsteraner Büro "Imorde", das den Masterplanprozess steuert, die verschiedenen Bausteine und Gremien erklärte (siehe Hintergrund), wurde manchem Zuhörer schon angst und bange ob der arg trockenen Materie.

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Prof. Uwe Schneidewind war es dann, der wieder Leben in die Veranstaltung brachte. Der Präsident des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt und Energie machte den Heidelbergern in seinem Impulsvortrag erst einmal Komplimente: "Was sie hier machen, kann Akzente setzen für Beteiligungsprozesse, national und international." Seine Aufgabe war es, die Köpfe der Forumsteilnehmer einmal kräftig durchzulüften - und das tat er mit einem Blick ins Jahr 2050 und auf die tief greifenden Änderungen, die sich bis dann vollzogen haben werden: etwa, dass das eigene Auto dann der Vergangenheit angehören wird.

Und er appellierte an die Teilnehmer, ihre Perspektive zu weiten, weg von kurzfristigen Sachzwängen und Positionen. "Gerade in einer Stadt wie Heidelberg mit hohem Bildungsgrad kann jeder hochanalytisch begründen, warum etwas nur so und nicht anders gehen kann", sagte Schneidewind. Genau das müsse man überwinden, um Kreativität für neue Lösungen freizusetzen. "Und das können Sie mit diesem Format hier schaffen", lobte der Institutspräsident.

Das kam gut an bei den Anwesenden, und die meisten hielten dann auch den letzten Teil der dreistündigen Veranstaltung durch, bei dem nun endlich sie selbst gefragt waren. In Kleingruppen sollten sie Fragen aufschreiben, die ihrer Meinung nach im weiteren Masterplanprozess von den Fachleuten bearbeitet werden sollen. Durch die oftmals zufällige Zusammensetzung der Gruppen kamen dort schon Bürger ins persönliche Gespräch, die ganz unterschiedliche Ansichten zur Zukunft des Neuenheimer Feldes haben.

Und so drehten sich die Fragen auch um ganz verschiedene Aspekte: Verkehr ("Wie kann ein Campus der Zukunft ohne Pendlerströme entstehen?"), die Entwicklung der Forschungseinrichtungen ("Wo sind die Grenzen universitären Wachstums und wer definiert sie?"; "Gibt es die Möglichkeit, höher und dichter zu bauen?"), aber auch ganz allgemeine Aspekte, etwa nach der Entwicklung der Stadt in den kommenden Jahrzehnten oder dem Beteiligungsprozess an sich ("Wie kann man unterschiedliche Interessen gewichten?") bis hin zur Grundsatzfrage "Wem gehört die Stadt?".

Und ein Schlagwort, das - ganz ohne Fragezeichen - auf einem der Poster notiert wurde, wird wahrscheinlich noch immens wichtig bei dem weiteren "Abenteuer Masterplan": Respekt.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
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