Weinheim

Mehr Vorfälle im Miramar als in vier anderen Bädern zusammen

Miramar-Chef Marcus Steinhart geht in die Offensive und kritisiert die Medien - Die Zahlen sprechen allerdings eine ganz andere Sprache

28.03.2018 UPDATE: 29.03.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 5 Sekunden

Weinheims einstiges Vorzeige-Bad ist zuletzt in die Kritik geraten. Foto: Kreutzer

Von Philipp Weber

Weinheim. Marcus Steinhart ist offensichtlich erbost: Der Geschäftsführer der Weinheimer "Miramar Salz & Kristall Therme" hat am Mittwoch auf der Facebookseite seines Unternehmens eine Stellungnahme veröffentlicht. Darin wirft er den Medien vor, einseitig zu berichten. Zudem sei der "falsche und sehr ärgerliche" Eindruck entstanden, dass der Bäderbetrieb sich nicht ausreichend um die Sicherheit seiner Gäste bemüht. "Dem widersprechen wir in aller Form", teilt er mit: "Das Wohl und der Schutz unserer Gäste ist unser Hauptanliegen."

Besonders hart trifft Steinharts Bannstrahl indessen den Stammgast, der der Bäderleitung zuletzt öffentlich Vorwürfe gemacht hatte: "Dem betreffenden Gast wurde in der Vergangenheit bereits ein Hausverbot ausgesprochen, weil er in flagranti bei sexuellen Handlungen im Miramar beobachtet wurde", so Marcus Steinhart. Der Gast habe darüber hinaus anderen Besuchern sexuelle Handlungen unterstellt, dies aber nicht beweisen können. Zudem habe er sich über ein Hausverbot hinweggesetzt und sich in Sozialen Netzwerken mehrfach zu sexuellen Handlungen im Miramar verabredet oder dazu aufgerufen: "Wir werden uns diese Verleumdungen nicht bieten lassen und reichen eine Unterlassungsklage ein."

Sexuellen Handlungen oder, noch schlimmer, derartigen Übergriffen stehe der Betrieb mit einer Null-Toleranz-Haltung gegenüber und ahnde diese konsequent mit "Strafverfolgung" (Steinhart), Anzeigen und Hausverboten. Letztere würden auch präventiv ausgesprochen, nämlich "in Fällen, die uns verdächtig erscheinen", schreibt er - um allerdings einige Zeilen weiter zu erklären, dass grundsätzlich die Unschuldsvermutung gelte.

Aktuell habe das Bad sein Aufsichtspersonal verstärkt: zu "volleren Zeiten" um drei zusätzlich Kräfte, ansonsten um eine. Die Präsenz der Mitarbeiter in "besonders sensiblen" Bereichen sei erhöht worden, es fänden zusätzliche Kontrollgänge statt. Steinhart verweist zudem mehrfach auf die Zusammenarbeit mit der Polizei und nennt explizit die zuletzt vorgenommene Schulung der Mitarbeiter sowie die Einstellung eines "ehemaligen Kriminalbeamten".

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Auf Steinharts Stellungnahme hin hat sich unter anderem die RNZ an die staatlich legitimierten Strafverfolger gewandt, sprich: das Polizeipräsidiums in Mannheim. Nach dessen Auskunft sind im Jahr 2017 genau 21 Sexualstraftaten angezeigt worden, die sich im Miramar ereignet hatten. Dazu zählen auch sechs Vorfälle, in denen Minderjährige zu Opfern wurden. Der Fall einer massiv belästigten Zehnjährigen vom 25. Februar - dieser hat die Berichterstattung der letzten Wochen ausgelöst - zählt zu vier weiteren Taten aus dem laufenden Jahr.

Zu den Vorjahren 2015 und 2016 könne die Polizei aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht ad hoc Stellung nehmen, hieß es gestern. "Die Vorfälle im Jahr 2017 haben sich aber in relativ regelmäßigen Abständen zugetragen, sodass wir nicht von einer Häufung innerhalb der letzten Zeit ausgehen", so ein Sprecher.

Viel entscheidender ist ohnehin die Frage, ob 25 Sexualstraftaten seit Anfang des Jahres 2017 nun viel oder wenig sind. Hier hilft der Vergleich mit anderen größeren Freizeitbädern in der Region.

Im Aqwa in Walldorf, im Hockenheimer Aquadrom, im Schwetzinger Bellamar und auch in der Sinsheimer Badewelt hätten sich im Vorjahr keine Sexualstraftaten zum Nachteil von Kindern ereignet - jedenfalls keine polizeibekannten, so der Polizeisprecher gestern.

In Schwetzingen gab es 2017 zwei Sexualstraftaten, bei denen erwachsene Frauen Opfer waren. In Walldorf ermittelt die Kriminalpolizei seit Februar wegen eines Falls, in dem Verdacht auf Exhibitionismus besteht. 2017 ist hier nichts derartiges geschehen. In der Badewelt in Sinsheim kam es 2017 und 2018 zu je einer sexuell motivierten Straftat.

Damit haben sich im Miramar zuletzt deutlich mehr polizeibekannte Sexualstraftaten ereignet als in anderen großen Bädern in der Region zusammen.

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