Specht nennt kostenlosen Nahverkehr "Illusion"
Mannheim will aber mit neuen Tarifen Anreize zum Umstieg vom Auto auf Bus und Bahn schaffen

Eine Straßenbahn auf den Mannheimer Planken. Dass Passagiere ein Ticket benötigen, dabei dürfte es vorerst bleiben. Foto: Uwe Anspach
Bonn/Mannheim. (dpa/cab) Einen Test für einen öffentlichen Gratis-Nahverkehr wird es wohl nicht geben: "Den komplett kostenlosen Personennahverkehr hat keine der Kommunen vorgeschlagen", sagte gestern der Bonner Oberbürgermeister, Ashok Sridharan, nach einem Gespräch der fünf "Modellstädte zur Luftreinhaltung" mit dem Bundesumweltministerium in Bonn. Die Bundesregierung hofft dennoch, dass das Thema damit noch nicht vom Tisch ist.
Gleichwohl antwortete Sridharan auf die Frage, ob sich zumindest in einer der Modellkommunen - neben Bonn auch Essen, Reutlingen, Herrenberg und Mannheim - ein solcher Test abzeichne: "Ich denke, dass das eher unrealistisch ist." Mannheims Kämmerer Christian Specht bezeichnete einen kostenlosen öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) sogar als "Illusion". Ein Sprecher des Ministeriums betonte gestern, es sei nie geplant gewesen, dass hier alle fünf Städte mitziehen - "sondern nur eine oder zwei". Die EU macht Druck auf Deutschland wegen der hohen Luftbelastung in vielen Städten mit gesundheitsschädlichem Stickoxid, das vor allem aus Dieselabgasen stammt.
Also schlug die Bundesregierung der EU vor, man könne ja den ÖPNV gratis anbieten. Der Idee erteilten die Vertreter der Städte zwar eine klare Absage. Sie waren aber entschlossen, dem Umweltministerium bis Mitte März Vorschläge für bessere Luftqualität zu machen - etwa Vergünstigungen beim Umstieg auf den ÖPNV, auf Carsharing oder Fahrradverleihsysteme. Der Nahverkehr könnte demnach dichter getaktet werden. Zudem sollten sich die Eisenbahnverkehrsunternehmen stärker in den ÖPNV-Ausbau einbringen.
Es gehe vor allem darum, Diesel-Fahrzeughalter zum Umsteigen zu bewegen, sagte Barbara Bosch, Rathauschefin in Reutlingen. Ihr Mannheimer Kollege, Peter Kurz, wies darauf hin, dass noch viele Details zu klären seien: "Attraktiv ist natürlich, dass es für die fünf Städte zusätzliche Mittel zum Programm ’Saubere Luft’ vom Dieselgipfel geben soll." Mannheim wolle Tarifmodelle, die Anreize zum Umstieg auf den ÖPNV geben sollen, gerne mit Hilfe des Bundes umsetzen. Kurz bekräftigte zudem: "Von uns allen gab es eine klare Ansage, dass die Festlegung und Durchsetzung von Fahrverboten nicht allein auf die Städte abgewälzt werden dürfen". Sollte es dazu kommen, führe an einer blauen Plakette, mit der generell nur saubere Diesel in bestimmte Stadtgebiete fahren könnten, kein Weg vorbei.
Punktuelle Einschränkungen könnte sich die Bundesregierung zwar vorstellen. Die blaue Plakette sei aber nicht Teil der Pläne, entgegnete der Ministeriumssprecher und brachte auch die stärkere kommunale Nutzung von E-Bussen ins Spiel. Diese darf der Bund nach einer Entscheidung der EU-Kommission von gestern mit 70 Millionen Euro fördern.
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Viele Ideen also für bessere Luft. Details sollen bei einem weiteren Treffen besprochen werden. Dann sollen auch die Verkehrsverbünde der Modellstädte sowie Vertreter von Bund und Ländern mit am Tisch sitzen.