Anlaufstelle in Mannheim hilft Migranten aus Südosteuropa
Projekt der Evangelischen Kirche Mannheim gemeinsam mit dem DGB Nordbaden - Förderung von Stadt und Land

Nikolai Mlekanov (v.l.), Pfarrer Thomas Löffler und Christian Dorev wollen bulgarischen Migranten helfen. Foto: Gerold
Von Heike Warlich-Zink
Mannheim. Mit welchen Fragen und Problemen Christian Dorev und Nikolai Mlekanov sich künftig beschäftigen, wird die Erfahrung der nächsten Wochen und Monaten zeigen. Vorbereitet haben sich die Sozialberater der neuen Beratungsstelle für Arbeitssuchende aus Südosteuropa jedoch eingehend auf ihre Aufgabe.
Unter dem Namen "Faire Mobilität" haben sie Ende vergangener Woche im Gewerkschaftshaus in der Hans-Böckler-Straße 1 ihre Arbeit aufgenommen. Dabei handelt es sich um ein Projekt der Evangelischen Kirche Mannheim gemeinsam mit dem DGB Nordbaden, das vom Land mit 40.000 Euro unterstützt wird. "Das wurde höchste Zeit", sagt Pfarrer Thomas Löffler vom Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt (KDA). Immerhin leben in Mannheim etwa 13.000 Zuwanderer aus Südosteuropa.
Die Mehrheit von ihnen stammt aus Bulgarien. Dass diese Menschen hier Arbeit bekommen, sei gar nicht einmal das Problem. "Nur zu welchen Bedingungen", stellt der Wirtschafts- und Sozialpfarrer fest. Abgesehen davon, dass die Migranten häufig Arbeit angeboten bekämen, die sonst keiner machen will, würden sie in vielen Fällen nicht fair bezahlt.
Daher sei es wichtig, dass sowohl Dorev als auch Mlekanov sich nicht nur im Arbeits- und Sozialrecht auskennen, sondern auch in ihrer Muttersprache Bulgarisch beraten können. Während ihrer Fortbildung beim DGB in Berlin haben sie sich zudem mit Tarifrecht befasst und anhand verschiedener Fallbeispiele Beratungssituationen simuliert. Beide setzen im Sinne der Ratsuchenden zudem auf die Vernetzung mit anderen Stellen wie Jobcenter, Quartiermanagement, Diakonie oder Schuldnerberatung.
Beide haben in Deutschland beruflich und persönlich längst Fuß gefasst, wissen jedoch aus eigener Erfahrung, wie schwer es ist, sich zurechtzufinden, wenn man auf sich alleine gestellt ist. Vor allem, wenn das Wissen um die Rechte und Rahmenbedingungen auf dem Arbeitsmarkt fehlt. "Das Erlernen der deutschen Sprache ist dabei ein wichtiger Aspekt", sagt Mlekanov. Daher erhalten Ratsuchende Infos zu Sprachkursen ebenso wie Auskünfte über die Anerkennung von Abschlüssen und mögliche Fortbildungsmaßnahmen. Das besondere Augenmerk legt die Beratungsstelle jedoch auf das Einhalten von Lohnzusagen, und dass die Arbeitskraft der EU-Zuwanderer nicht durch Überstunden oder das Missachten von Ruhezeiten im Schichtdienst ausgenutzt wird.
Lars-Christian Treusch, Geschäftsführer DGB-Region Nordbaden, betonte bei der offiziellen Eröffnung der Beratungsstelle, dass schlechte Arbeitsbedingungen und Ausbeutung überall dort wucherten, wo niemand genau hinschaut. Und genau hinschauen will man in Mannheim nun. Die Gewerkschaft kooperiert dabei mit der evangelischen Kirche. "Insbesondere in Bulgarien ist die wirtschaftliche Lage sehr schlecht, und die Menschen haben ungeregelte Arbeitsverhältnisse. Sie kennen es nicht anders, und geraten hier dann leicht in eine prekäre Situation", weiß der Wirtschafts- und Sozialpfarrer Löffler.
Die Beratungsstelle "Faire Mobilität - Arbeitnehmerfreizügigkeit sozial, gerecht, fair" gehört zum bundesweiten Netzwerk "Faire Mobilität". Kirche und Gewerkschaft beteiligten sich in Mannheim mit jeweils 10.000 Euro an der Finanzierung. Neben der Förderung durch das Land Baden-Württemberg stellt die Stadt knapp 20.000 Euro zur Verfügung. Das Projekt ist zunächst auf zwei Jahre befristet. Im Mannheimer Arbeitslosenzentrum in der Diakoniekirche Luther ist eine Außenstelle geplant.