Heidelberger Gemeinderat

Die meisten Stadträte sind Männer

Im Durchschnitt sind die neuen Räte fast drei Jahre jünger als ihre Vorgänger. Viele kommen aus Handschuhsheim und niemand aus den Bergstadtteilen.

12.06.2024 UPDATE: 12.06.2024 04:00 Uhr 3 Minuten, 15 Sekunden
Sieht im Vergleich zu seinen Nachfolgern alt aus: der amtierende Gemeinderat. Foto: Philipp Rothe

Von Denis Schnur und Holger Buchwald

Heidelberg. Nach der Kommunalwahl dürfte sich einiges ändern im Gemeinderat. Rund 40 Prozent der Mitglieder werden im Juli ausgetauscht. Dadurch wird das Gremium jünger – und männlicher. Ein Überblick:

> Eine Frau weniger: Die Heidelberger Kommunalpolitik ist noch weit entfernt von einer Parität der Geschlechter. Im neuen Gemeinderat werden 19 Frauen sitzen, das sind gerade einmal 39,6 Prozent. Vor fünf Jahren gab es noch eine Stadträtin mehr. Mehr Frauen als Männer gibt es bei den "Heidelbergern" (drei von fünf Sitzen), die Linke (zwei Sitze) und die Bunte Linke (ein Sitz) sind komplett weiblich.

Die AfD (drei Sitze) und die FDP (zwei Sitze) sind rein männlich. Auch "Die Partei", die Freien Wähler und IDA entsenden jeweils nur einen Mann in das neue Gremium. Immerhin sind aber im aktuellen Gemeinderat wichtige Positionen mit Frauen besetzt: Außer der FDP haben alle Parteien und Gruppen mit Fraktionsstatus eine Vorsitzende – die Grünen, die CDU, die SPD, die "Heidelberger" und Die Linke.

> Deutlich jünger: Der neu gewählte Gemeinderat ist im Durchschnitt 44,75 Jahre alt – und damit fast drei Jahre jünger als das Vorgängergremium bei seiner Wahl 2019 (47,5 Jahre) und sogar fast sechs jünger als 2014 (50,5 Jahre). Die jüngste Stadträtin ist Yasmin Sedighi Renani von der CDU mit 22 Jahren, die älteste Ursula Röper (Grüne) mit 68 Jahren. Von den Fraktionen (mindestens drei Mitglieder) ist Volt mit einem durchschnittlichen Alter von 35,3 Jahren am jüngsten und die "Heidelberger" mit 50,4 Jahren am ältesten.

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> Viele neue Gesichter: 19 Stadträte ziehen erstmals in den Gemeinderat ein (39,6 Prozent). Die meisten "Neuen" gibt es mit je vier bei CDU und Grünen. Bei den Christdemokraten stellen die Neulinge Hans Breitenstein, Peer Hübel, Andrea Dittmar und Yasmin Sedighi Renani die Hälfte der Fraktion.

Das liegt auch daran, dass die Christdemokraten neue Gesichter auf aussichtsreichen Listenplätzen platzierten und sich altgediente Stadträte wie Jan Gradel mit schlechteren Plätzen zufrieden geben mussten. Bei den Grünen sind Spitzenkandidatin Frieda Fiedler, Kreisvorsitzender Florian Kollmann, Nora Schönberger und Leander von Detten die vier "Frischlinge". Auch bei der SPD sind die Hälfte der Stadträte neu: Zoe Dickhaut, Marvin Frank und Daniel Hauck.

Da Volt zum ersten Mal angetreten ist, können auch Katharina Born, Andreas Gottschalk und Thymon Matlas frischen Wind in den Gemeinderat bringen. Erstmals im Rat sitzen zudem Carmen Niebel und Jochen Ricker (beide "Heidelberger"), Tim Nusser (FDP), Gunter Frank (IDA), Klaudia Rzezniczak (HiB) und Jens Riedel (AfD).

> Abgewählt: Einige amtierende Stadträte müssen den Gemeinderat verlassen. Bei den Grünen erwischt es Nicola Lutzmann, der von Platz 10 auf 14 abrutschte und damit nachrücken würde, falls einer der 13 Gewählten ausscheidet. Dass Luitgard Nipp-Stolzenburg und Kathrin Rabus nicht dabei sind, ist dagegen keine Überraschung. Sie kandidierten auf Platz 45 und 46.

Bei der CDU hat es für Martin Ehrbar und Jan Gradel nicht gereicht. Dabei wurde Gradel vom 16. auf den achten Platz hoch gewählt. Auch er wäre erster Nachrücker. Die SPD verliert Johannah Illgner. Bei den Linken hat es Bernd Zieger erwischt, der knapp hinter Zara Kiziltas landete. Bei der FDP gelang es weder Michael Eckert noch Simone Schenk, weit genug von Platz 4 und 8 nach oben zu klettern.

Bei der Grün-Alternativen Liste scheidet Judith Marggraf aus. Sie hatte in einer Kampfkandidatur den ersten Listenplatz verloren. Gewählt wurde Michael Pfeiffer (Listenplatz 2). Aufgrund des schlechten Abschneidens der "Bunten Linken" ist auch Mitgründer Arnulf Weiler-Lorentz nicht mehr dabei.

Den Einzelstadträten von "Die Partei" und Freie Wähler, Björn Leuzinger und Frank Beisel, gelang hingegen der Wiedereinzug. Leuzinger schaffte es sogar von Platz 4 an die Spitze.

> Kletterkünstler: Bei den wenigsten Gruppierungen kamen nur die Kandidaten in den Gemeinderat, die auf vorderen Plätzen standen. Die Wähler sorgten dafür, dass einige Stadträte nach oben rutschten. Der größte "Kletterkünstler" war dabei Thomas Barth, der als "Perkeo" bekannt ist. Er stand bei der CDU auf Listenplatz 12 und wurde auf Rang 5 hoch gewählt. Landwirt Frank Wetzel schaffte es bei den Grünen von 16 auf 10 und Polizist Adrian Rehberger bei der SPD von 9 auf 4.

> Stimmenkönige: Die Kommunal- ist immer auch eine Persönlichkeitswahl. Das zeigt sich weniger an Frieda Fiedler (Grüne), Nicole Marmé (CDU) und Sören Michelsburg (SPD), die zwar mit 38.836, 25.873 und 28.380 mit Abstand die meisten Stimmen in ihren Fraktionen abräumten, aber auch auf Listenplatz 1 kandidierten.

Ein gutes Beispiel, wie wichtig der Bekanntheitsgrad in der Stadt ist, zeigt sich an Hans Breitenstein. Der Bäckermeister aus Wieblingen landete mit 21.475 bei der CDU auf Platz 2. Und die amtierende Stadträtin Ursula Röper ließ mit 34.028 Stimmen den Grünen-Kreisvorsitzenden Florian Kollmann deutlich hinter sich.

> Mehr Lehrer als Studenten: Im neuen Gemeinderat sind vier Studenten vertreten – je eine bei CDU und HiB und zwei bei den Grünen. Lehrkräfte gibt es sogar eine mehr, wenn man Referendarin Zara Kiziltas (Linke) mitzählt. Hinzu kommen mit Nicole Marmé (CDU) und Anke Schuster (SPD) zwei Hochschulprofessorinnen. 6 der 48 Räte führen ein Unternehmen, 5 sind handwerklich tätig.

> Handschuhsheim stark vertreten, Bergstadtteile gar nicht: Gleich acht Gemeinderatsmitglieder – und damit die meisten – wohnen im Stadtteil Handschuhsheim. Von nur einem Stadtrat vertreten sind die Stadtteile Pfaffengrund, Schlierbach, Südstadt und Wieblingen. Überhaupt nicht repräsentiert im neuen Gemeinderat sind die beiden Bergstadtteile Boxberg und Emmertsgrund.

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