AfD-Demo und Gegendemo trafen aufeinander – Aufgeheizte Stimmung, aber friedlich
An der Gedenkminute nahmen 1000 Menschen teil. Derweil kippte ein Gericht die AfD-Demo am Marktplatz. Am Paradeplatz trafen dann AfD und Gegendemo aufeinander. Es blieb friedlich.

Mannheim. (pri/oka/dpa/alb) Nach dem gerichtlichen Verbot der AfD-Demonstration auf dem Marktplatz, haben sich auf dem Paradeplatz rund 500 AfD-Anhänger versammelt, um dort ihre Kundgebung abzuhalten. Die Polizei sprach am Freitag von etwa 700 Teilnehmern der Veranstaltung.
Mehrere Redner forderten, "Messergewalt" dürfe in Deutschland "nicht zur Normalität werden". Der politische Islam sei "die größte Gefahr für unsere Sicherheit". Bei der Kundgebung waren neben Deutschland-Fahnen auch Banner mit Aufschriften wie "Remigration jetzt" und "Macht die Grenzen dicht" zu sehen.
Nach Angaben der Polizei treffen gegen 19 Uhr die etwa 3300 Gegendemonstranten von Mannheim gegen Rechts dort ein. Ersten Informationen zufolge ist die Stimmung vor Ort "aufgeheizt".
Eigentlich sollte der Demonstrationszug von Mannheim gegen Rechts zum Marktplatz gehen. Nachdem bekannt wurde, dass die AfD-Demo nach der Gerichtsentscheidung nicht ausfällt, sondern auf den Paradeplatz verlegt wurde, ändert auch der Zug seine Route: Er läuft über die Kurpfalzbrücke, den Ring und die Planken in die Nähe des Paradeplatzes.
"Wir wollen in Seh- und Hörweite der AfD gelangen", sagt Mannheims DGB-Vorsitzender Ralf Heller. Denn die Teilnehmer wollen die Bühne nicht der AfD überlassen, sondern ihre Stimmen erheben für ein Leben in Vielfalt.
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Sie waren zum Teil von einer Kundgebung auf dem Alten Messplatz zum Paradeplatz gekommen. Beide Gruppen riefen sich Sprechchöre wie "AfD, AfD" einerseits und "Nazis raus" andererseits zu.
Ein massives Polizeiaufgebot mit nach RNZ-Informationen bis zu 900 Beamten – auch aus Bayern, dem Saarland und der Bundespolizei – trennte die Gruppen voneinander. Entlang des Platzes stand eine mittlere zweistellige Zahl an Transportern der Einsatzkräfte.
Die gute Nachricht: Das gemeinsame Konzept von Polizei und Stadt geht auf. Abgesehen von Provokationen bleibt es friedlich. Das liegt auch an der Antifa, die im Vergleich zur AfD-Kundgebung am Sonntag auf dem Marktplatz erst gar nicht versucht, zu der Parteiveranstaltung vorzustoßen. Vorsichtshalber aber tragen die Polizisten Schutzhelme. Die Demonstranten skandieren "Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda", wobei weder dort noch bei der AfD die jeweilige Gegenseite überhaupt zu verstehen ist.
Am Ende der Parteiversammlung wird es doch noch kurz brenzlig. Rund 100 Demonstranten haben es an den Eingang zu der Veranstaltung geschafft. Sie werden für ihre "Nazis raus"-Rufe von jüngeren Teilnehmern des Treffens beschimpft. Gerade noch rechtzeitig geht die Polizei dazwischen, sodass Handgreiflichkeiten ausbleiben. Nach und nach lösen sich beide Versammlungen auf.
Mit gemischten Gefühlen blickt Jonas Witzgall, Landesjugendvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, auf das Einsatzgeschehen. "Wir sind natürlich immer noch bestürzt über den Tod unseres Kollegen", sagt er der RNZ. Die Gewerkschaft würde sich darüber freuen, wenn die Beamten die Möglichkeiten hätten, in Ruhe zu trauern. "Der Alltag der Polizei sieht das jedoch nicht vor – wir müssen sehr schnell auf Einsatzlagen reagieren."
Update: Freitag, 7. Juni 2024, 21.20 Uhr
"Mannheim steht zusammen" – Gedenken an tödlichen Messerangriff
Mannheim. (dpa) In Trauer vereint haben bei einer Kundgebung in Mannheim zahlreiche Menschen dem bei einem Messerangriff getöteten Polizisten gedacht. Bei der Veranstaltung auf dem Alten Messplatz am Neckar waren am Freitag etwa Plakate mit Aufschriften wie "Gegen Hass und Hetze" und "Gemeinsam sind wir stark" zu sehen.
Zu der Zusammenkunft unter dem Motto "Mannheim steht zusammen - für Demokratie und Vielfalt" hatten unter anderem der Deutsche Gewerkschaftsbund sowie Partner aus demokratischen Parteien, Religionsgemeinschaften und der Zivilgesellschaft aufgerufen.
Man wolle den Angehörigen an diesem schweren Tag beistehen, sagte einer der Teilnehmer am Freitag. "Diese Kundgebung gibt uns die Möglichkeit eines würdevollen Gedenkens." Von der Tat als "klaffende Wunde" sprach seine Begleiterin. "Das wird die Stadt nie vergessen." Zu der Kundgebung hatten die Organisatoren nach Angaben der Stadtverwaltung rund 2500 Teilnehmer angemeldet.

An die Veranstaltung sollte sich in der zweitgrößten Stadt in Baden-Württemberg am gleichen Ort eine Demonstration des Bündnisses "Mannheim gegen Rechts" anschließen. Hierzu waren demnach 500 Menschen angemeldet. Anschließend wollten rund 800 Teilnehmer - so viele waren angemeldet - zum Paradeplatz ziehen. Einer dort geplanten AfD-Kundgebung wolle man sich "in Sicht- und Hörweite friedlich entgegenstellen", hieß es. Es gab zudem einen Gegendemo-Aufruf der Antifa.
AfD-Kundgebung erwartet
Die AfD darf nicht auf dem Marktplatz demonstrieren – der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg hatte am Freitag einer Beschwerde der Stadt Mannheim gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe stattgegeben, das grünes Licht für eine Kundgebung am Tatort gegeben hatte.
Am Vormittag hatten Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sowie Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU) auf dem Marktplatz an einer Gedenkminute zum Tod des Polizisten teilgenommen.
Update: Freitag, 7. Juni 2024, 18.50 Uhr
Mosbach. (stk) Knapp 200 Menschen folgten am Freitagvormittag dem Aufruf zur Gedenkveranstaltung mit Schweigeminute für den in Mannheim getöteten Polizisten Rouven L., darunter mehr als 20 Polizeibeamte.
Eingeladen hatte dazu das "Bündnis gegen Gewalt und jegliche Verunglimpfung gegenüber Einsatzkräften von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten". Zu diesem Bündnis zählen die kommunale Vereinigung der Freien Wähler, die CDU, Grüne, SPD, die christlichen Religionsgemeinschaften und die Türkisch-Islamische Gemeinde Mosbach sowie die Awo und weitere Organisationen.
Bruno Herberich fungierte als Sprecher dieses Bündnisses und betonte: "Polizisten sind Menschen in Uniform, und es war auch ein Mensch, um den wir hier heute trauern." Mehr lesen sie hier.
Update: Freitag, 7. Juni 2024, 18.15 Uhr
Gedenken an Polizisten – AfD darf nicht auf Marktplatz demonstrieren
Mannheim. (dpa/pri) Die AfD darf nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) Baden-Württemberg am Freitagabend nicht auf dem Mannheimer Marktplatz demonstrieren, wo eine Woche zuvor ein Polizist niedergestochen worden war.
Das höchste Verwaltungsgericht im Südwesten gab am Freitag einer Beschwerde der Stadt Mannheim gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe statt, das grünes Licht für die Demo am Tatort gegeben hatte. Diese ist für 18 Uhr geplant und könnte nun am nahegelegenen Paradeplatz stattfinden. Zeitgleich soll es eine Gegendemonstration der Antifa geben. Der Beschluss des VGH ist nach Angaben des Gerichts unanfechtbar.

Anstatt zu demonstrieren legte der AfD-Landesverband gegen 17 Uhr Blumen und zwei Kränze an der Gedenkstätte des getöteten Polizisten am Marktplatz nieder. Vor Ort war unter anderem der Landesvorsitzende Markus Frohnmaier.
Eine Woche zuvor hatte ein 25-jähriger Afghane fünf Teilnehmer einer Kundgebung der islamkritischen Bewegung Pax Europa sowie einen Polizisten mit einem Messer verletzt. Der 29 Jahre alte Beamte erlag später seinen Verletzungen.
Die AfD will nach den Worten von Landeschef Markus Frohnmaier zwei Tage vor der Europawahl "genau dort demonstrieren, wo der islamistische Terror zugeschlagen hat, um ein klares politisches Signal in die ganze Republik zu senden." Die Stadt hatte versucht, dies zu verhindern, indem sie Kundgebungen und Versammlungen auf dem Markplatz untersagte und den Platz bis zum 16. Juni zu einem Gedenkort für den getöteten Polizisten erklärte.
Weg durch die Instanzen
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hatte dies am Donnerstag gekippt. "Es ist schon höchst zweifelhaft, ob die Anordnung eines Gedenkortes aus Anlass eines Gewaltverbrechens noch als ein der Kompetenz des Oberbürgermeisters unterfallendes Geschäft der laufenden Verwaltung gesehen werden kann", heißt es in dem Beschluss, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Auch genüge die Allgemeinverfügung des Oberbürgermeisters den Voraussetzungen für ein Versammlungsverbot voraussichtlich nicht.
Die Stadt legte dagegen Beschwerde beim VGH in Mannheim ein. Sie argumentierte, das Verwaltungsgericht bewerte das Recht, zu jeder Zeit und an jedem Ort Versammlungen durchzuführen, höher als die von der Stadt Mannheim vorgenommene Zweckbestimmung des Marktplatzes als Ort des Gedenkens und der Trauer für die Bevölkerung. "Ebenso wird durch die Genehmigung der Kundgebung die Würde des ermordeten Polizeibeamten durch einen angemessenen Schutz vor einer Instrumentalisierung für ideologische bzw. politische Meinungskundgaben nicht gewahrt."
Zudem hatte es am Sonntag am Marktplatz Ausschreitungen zwischen zwei Demonstrationen im Zusammenhang mit dem Messerattentat gegeben. Daher sehe die Stadt eine erhöhte Gefahr für die öffentliche Sicherheit, weil bundesweit in einschlägigen Foren für die Demo aufgerufen werde.
Der 12. Senat des VGH änderte mit seinem Beschluss nun die Entscheidung des Verwaltungsgerichts und lehnte die Eilanträge der AfD ab (Az. 12 S 882/24). Gründe für seine Entscheidung nannte der VGH zunächst nicht. Diese sollen erst später veröffentlicht werden.
Update: Freitag, 7. Juni 2024, 17.25 Uhr
Mannheim. (oka) Als die Wagenkolonne mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Ministerpräsident Winfried Kretschmann eine Viertelstunde vor der Gedenkminute für den ermordeten Polizisten das Mannheimer Schloss passiert, haben mehrere Hundert seiner Kolleginnen und Kollegen im Ehrenhof bereits Aufstellung genommen.
Aus jeder Dienststelle des Polizeipräsidiums sind sie gekommen. Feuerwehrleute und Mitglieder des Rettungsdiensts reihen sich ebenfalls in den Block ein. Einige Studierende und Bürger beobachten still die Szenerie.
Um 11.34 Uhr – genau zu der Zeit, als vor einer Woche der brutale Messerangriff auf dem Marktplatz stattfand – steht das Land für eine Minute still. Die Polizisten nehmen ihre Mützen ab. Es ist ein ergreifender Moment, den die Polizei in Ruhe für ihren Abschied erfahren kann. Und das Schloss – nur ein paar Hundert Meter vom Polizeipräsidium entfernt – bietet eine würdige Kulisse für diese Ehrerbietung.
Im Anschluss stellen sich circa 300 Polizisten im Ehrenhof zu einem großen Herz mit einem "R" (dem ersten Buchstaben des Vornamens des Getöteten) in der Mitte auf. Als sie alle weiße Luftballons aufsteigen lassen, ist die Wagenkolonne von Steinmeier und Kretschmann schon vorbei gefahren.
Update: Freitag, 7. Juni 2024, 14.35 Uhr
Mannheim. (dpa) Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat am Freitag auf dem Mannheimer Marktplatz des dort vor einer Woche getöteten Polizisten gedacht. Steinmeier, Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU) hielten um 11.34 Uhr in stiller Trauer inne. Auch die Eltern des getöteten Polizisten sowie weitere Angehörige nahmen an dem Gedenken teil. Die Polizei Baden-Württemberg hatte zu der Gedenkminute aufgerufen.
Zu dieser Uhrzeit hatte am vergangenen Freitag ein 25-jähriger Afghane auf dem Marktplatz fünf Mitglieder der islamkritischen Bewegung Pax Europa sowie den 29-jährigen Beamten mit einem Messer verletzt. Der Polizist starb am Sonntag an seinen Verletzungen.
Steinmeier legte am Tatort ein Blumengebinde nieder. Auf dem Platz in der 300.000-Einwohner-Stadt im Norden Baden-Württembergs kamen Hunderte Menschen zusammen, um des Mannes zu gedenken. Eine Polizeisprecherin sprach von 1500 bis 2000 Teilnehmern. Nach der Gedenkminute brandete auf dem Marktplatz zudem Applaus auf. Landesweit verharrten zum gleichen Zeitpunkt Polizisten in stiller Trauer.
Steinmeier hat den Messerangriff als "blutigen Terrorakt" bezeichnet. Der Täter habe offenbar aus einem politischen, mutmaßlich islamistischen Hintergrund gehandelt, sagte Steinmeier nach einem Gespräch mit Polizeibeamten und den Angehörigen des getöteten Polizisten.
Man habe in den vergangenen Wochen mit Angriffen auf Bürgermeister, Minister, Abgeordnete und Ehrenamtliche weitere "abscheuliche Akte politisch motivierter Gewalt erlebt", sagte Steinmeier. "Wir, die Demokraten dieses Landes, dürfen und werden uns an Gewalt in der politischen Auseinandersetzung niemals gewöhnen." Die Gewalt müsse aufhören.
In Mannheim erwiesen Dutzende Polizistinnen und Polizisten ihrem Kollegen den Respekt. Rund 50 Beamte des Polizeipräsidiums Mannheim - einer Sprecherin zufolge vor allem Streifenbeamte - stellten sich vor dem Blumenmeer auf dem Marktplatz auf und gedachten mit verschränkten Händen ihres verstorbenen Kollegen. Später formierten sich die Polizisten zu einem "R" auf dem Ehrenhof.
Viele Polizeibeamte trugen an ihrer Uniform blaue Bänder. Die Deutsche Polizeigewerkschaft hatte am Donnerstag dazu aufgerufen, blaue Bänder "als Zeichen der Trauer, als Zeichen der Solidarität und als sichtbares Zeichen gegen Gewalt zu tragen".
Auch Rheinland-pfälzische Polizisten haben am Freitag an vielen Orten im Land des vor einer Woche in Mannheim getöteten Polizisten gedacht. Sie kamen um 11.34 Uhr - dem Zeitpunkt der Tat am vergangenen Freitag - vor Präsidien, Dienststellen oder auch auf öffentlichen Plätzen zusammen, wie eine Sprecherin des Innenministeriums in Mainz sagte.
Eine Delegation des Polizeipräsidiums Rheinpfalz in Ludwigshafen nahm an der Gedenkveranstaltung im benachbarten Mannheim teil, wie eine Sprecherin des Präsidiums berichtete. Aufgerufen hatte zu der Gedenkminute unter anderem auch der Landesverband der Gewerkschaft der Polizei (GdP).
Am Nachmittag waren in Mannheim mehrere Demonstrationen und Kundgebungen geplant. Um 16.30 Uhr soll es eine Kundgebung unter dem Motto "Mannheim steht zusammen - für Demokratie und Vielfalt" unter anderem vom Deutschen Gewerkschaftsbund (Kreisverband Mannheim) und Vertretern demokratischer Parteien sowie Religionsgemeinschaften geben.
Um 18 Uhr will die AfD ebenfalls auf dem Marktplatz unter anderem gegen Islamismus demonstrieren. Zeitgleich soll eine Gegendemonstration der Antifa stattfinden. Um 17.30 Uhr war außerdem eine Demo des Bündnisses "Mannheim gegen Rechts" gegen die AfD-Kundgebung geplant.
Ob die AfD tatsächlich auf dem Marktplatz demonstrieren darf, war zunächst aber noch unklar. Am Donnerstag gab das Verwaltungsgericht Karlsruhe einem Eilantrag der AfD gegen eine Allgemeinverfügung der Stadt statt, wonach Veranstaltungen wie Demonstrationen auf dem Marktplatz derzeit verboten sind.
Die Stadt hatte am Dienstag den Marktplatz vorläufig zum Gedenkort für den toten Polizisten erklärt und Kundgebungen verboten. Sie legte Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts ein. Die Stadt sieht für die Demo den nahegelegenen Paradeplatz vor.
Update: Freitag, 7. Juni 2024, 12.30 Uhr
Sorge vor Zusammenstößen an Demo- und Gedenk-Tag
Mannheim. (dpa/RNZ) Eine Woche nach dem Messerangriff auf dem Mannheimer Marktplatz bereitet sich die Stadt auf das Gedenken für den bei dem Angriff tödlich verletzten Polizisten vor. Am Freitagmorgen begann die Polizei, Teile des Marktplatzes mit Absperrgittern abzutrennen. Vor dem Marktplatzbrunnen in der Mitte des Platzes legten Passanten weitere Blumen nieder. Dort brannten auch zahlreiche Grablichter.
Die Polizei Baden-Württemberg hat für 11.34 Uhr zu einer Gedenkminute aufgerufen. Zu diesem Zeitpunkt passierte der tödliche Angriff auf den 29 Jahre alten Polizisten Rouven Laur. Bei der Gedenkminute in der 300.000-Einwohner-Stadt im Norden Baden-Württembergs wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erwartet. Auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) hatten ihr Kommen angekündigt.
Das Mannheimer Uniklinikum bereitet sich unterdessen auf den Großdemo-Tag vor. Einen ausgerufenen Katastrophenschutzplan - eine entsprechende Sprachnachricht kursiert am Freitagmorgen auf diversen Social Media-Kanälen - gebe es aber nicht, erklärt ein Stadtsprecher auf RNZ-Nachffrage. Man treffe aber "angemessene Vorbereitungen für einen Worst Case" und mögliche Verletzte. Es werden so genügend Betten bereitstehen und genügend Personal zur Verfügung stehen.
Ein 25-jähriger Afghane hatte am vergangenen Freitag fünf Teilnehmer einer Kundgebung der islamkritischen Bewegung Pax Europa sowie einen Polizisten mit einem Messer verletzt. Der 29 Jahre alte Beamte erlag später seinen Verletzungen.
Update: Freitag, 7. Juni 2024, 9.40 Uhr
Eine junge Polizistin steht mit tränenüberströmtem Gesicht zwischen ihren Kollegen, ein Mann kniet weinend vor dem Blumenmeer am Mannheimer Marktplatz: Videos im Internet zeigen, wie sehr die tödliche Messerattacke von Mannheim die Menschen in der Stadt, aber auch weit darüber hinaus bewegt.
Der 29-jährige Polizist Rouven Laur starb nach der Attacke am vergangenen Freitag. Fünf weitere Männer wurden verletzt, als ein 25-jähriger Afghane mit einem Messer auf Teilnehmer einer Kundgebung der islamkritischen Bewegung Pax Europa (BPE) einstach.
Doch die Messerattacke löst auch eine politische Diskussion über striktere Abschiebungen aus - und führt zur Sorge vor Zusammenstößen bei Demos in der Stadt. Heute, eine Woche nach der Tat, gedenkt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Rouven Laur in Mannheim.
Die Polizei Baden-Württemberg hat für 11.34 Uhr zu einer Gedenkminute aufgerufen. Zu diesem Zeitpunkt passierte der tödliche Angriff auf den Polizisten. Steinmeier will zudem ein Blumengebinde am Tatort niederlegen.
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU) werden ebenfalls da sein. Die Landesregierung hat Mitarbeiter unter anderem der Ministerien, der Schulen und des Landtages gebeten, sich an der Schweigeminute zu beteiligen.
Für heute Abend hat die AfD zudem zu einer Demonstration unter anderem gegen Islamismus auf dem Marktplatz aufgerufen. Zeitgleich soll eine Gegendemonstration der Antifa stattfinden.
Die Stadt hatte vorläufig Veranstaltungen, wie Demonstrationen, auf dem Marktplatz verboten. Sie erklärte den Platz mit einer Allgemeinverfügung bis zum 16. Juni zum Ort des Gedenkens. Die AfD klagte dagegen - das Verwaltungsgericht Karlsruhe gab dem Eilantrag gestern statt. Dagegen legte die Stadt Beschwerde ein. Nun muss der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg entscheiden. Die Stadt sieht für die Demo den nahegelegenen Paradeplatz vor.
"Wir wollen zwei Tage vor der Europawahl genau dort demonstrieren, wo der islamistische Terror zugeschlagen hat, um ein klares politisches Signal in die ganze Republik zu senden", hatte der AfD-Landesvorsitzende Markus Frohnmaier mitgeteilt.
Stadträte hatten sich im Vorfeld besorgt mit Blick auf die geplanten Demonstrationen geäußert. Bereits am vergangenen Sonntag hatten sich auf dem Marktplatz hitzige Szenen abgespielt. Ein überparteiliches Bündnis hatte zu einer Mahnwache gegen Gewalt und Hass aufgerufen. Auf dem Marktplatz fand zeitgleich auch eine Kundgebung der Jungen Alternative statt.
Die Versammlung der Jugendorganisation der AfD lief unter dem Motto "Remigration hätte diese Tat verhindert!". Auf Videos im Internet ist zu sehen, wie Demonstranten in der Innenstadt eine lange Menschenkette bilden - und wie die Polizei mit einer Gruppe von Antifa-Aktivisten zusammenprallt. Die Aktivisten schwenkten rote Fahnen und zündeten Bengalos. Auf dem Marktplatz wurde der Slogan "Nazis raus" skandiert.
Fünf Verletzte des Angriffs leiden weiter an Schmerzen
Die fünf Verletzten vom vergangenen Freitag leiden indes eine Woche nach der Tat weiter an den Folgen, sie hätten alle noch Schmerzen, wie Stefanie Kizina von Pax Europa sagt. "Wir sind alle noch unter Schock", erzählt die Schatzmeisterin. "Man reißt sich zusammen, man muss das erst mal verarbeiten. (...) Man hat ja immer in der Gefahr gelebt, aber irgendwie ist man immer davon ausgegangen, es passiert schon nichts, wird schon nicht so schlimm."
Vorstandsmitglied Michael Stürzenberger habe ein weiteres Mal ins Krankenhaus gemusst wegen seines hohen Blutverlusts durch die Verletzungen. Der 59-Jährige werde auf jeden Fall vier bis acht Wochen ausfallen.
Die Bewegung werde jetzt noch stärker auf die Sicherheit der Mitglieder achten, sagt Kizina. "Es wird jetzt auch keine Veranstaltung mehr ohne Schutzgitter geben. Die Polizeibeamten passen jetzt halt noch mehr auf uns auf."
Der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Ralf Kusterer, zeigt sich berührt von der großen Anteilnahme am Tod von Rouven Laur. Allerdings mische sich rund eine Woche nach dem Angriff in die Trauer auch Wut. "Die Leute sind natürlich auch enttäuscht", sagt er über die Stimmung unter Polizisten. "Der Frust gegenüber der Politik ist riesig." Nach Taten wie diesen gebe es umfassende politische Diskussionen und Forderungen, aber letztlich ändere sich nichts. So müsse etwa konkret über Fortbildungen für Polizisten gesprochen werden, Ausrüstung zum Schutz und für die Behandlung von Wunden nach Angriffen.
Am Einsatz beteiligte Polizisten werden psychologisch betreut
Wie es den am Einsatz beteiligten Polizisten eine Woche nach der Messerattacke geht, ist nicht bekannt. Ein Sprecher der Polizei Mannheim sagte, man wolle sich zu dem Thema nicht äußern. Die Präsidentin des Mannheimer Polizeipräsidiums, Ulrike Schäfer, hatte lediglich mitgeteilt: "Diejenigen, die mit Laur zusammengearbeitet hatten und bei dem verhängnisvollen Einsatz dabei gewesen waren, werden derzeit psychologisch betreut."
Kriminal- und Polizeipsychologin Ursula Gasch sagte dem "Mannheimer Morgen": "Ereignisse wie diese Messerattacke mit tödlichem Ausgang führen zu einer kollektiven Reaktion der Erschütterung und Betroffenheit. Oft ist die Rede von einer spezifischen "Polizeikultur", das hat mitunter einen abwertenden Klang, ist aber etwas Positives." Denn die besondere kollegiale Verbundenheit spiegele eine überlebensnotwendige Haltung von Polizisten im Hinblick auf oft nur im Team zu meisternde Gefahrenlagen, die dieser Beruf mit sich bringe, erklärte die Fachfrau. "Der Angriff auf einen Polizisten wird folglich als Angriff auf jeden Polizisten verstanden, und zwar überall."
Die Tat hat auch eine intensive Debatte über striktere Abschiebungen ausgelöst. Als Konsequenz aus der tödlichen Messerattacke will Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Abschiebung von Schwerstkriminellen nach Afghanistan und Syrien wieder ermöglichen. "Solche Straftäter gehören abgeschoben - auch wenn sie aus Syrien und Afghanistan stammen", sagte der SPD-Politiker im Bundestag. "Schwerstkriminelle und terroristische Gefährder haben hier nichts verloren."
Wie genau er das ermöglichen will, sagte der Kanzler in seiner Regierungserklärung noch nicht. Das Bundesinnenministerium arbeite an der praktischen Umsetzung und sei bereits mit den Nachbarländern Afghanistans im Gespräch.
Allerdings warnen Grünen-Politiker vor einer Abschiebung von straffälligen Ausreisepflichtigen aus Deutschland nach Afghanistan. "Jede Ausweisung und jede Abschiebung nach Afghanistan erfordert eine Zusammenarbeit mit diesem islamistischen Terrorregime und damit quasi eine Anerkennung der Taliban. Die wäre aus meiner Sicht ein großer Fehler", sagte die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Luise Amtsberg (Grüne), der "taz" (online).
Der Geschäftsführer der Hilfsorganisation Pro Asyl Karl Kopp bezeichnete die Scholz-Pläne in der "Augsburger Allgemeinen" als rechtswidrig. "Das Völkerrecht verbietet ganz eindeutig jegliche Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien", sagte er. "Denn in beiden Ländern drohen Folter und unmenschliche Strafen." Dies betonten auch die Vereinten Nationen immer wieder.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU im Bundestag, Thorsten Frei, begrüßte hingegen die Ankündigung des Bundeskanzlers. "Das ist jedenfalls ein klarer Schritt in die richtige Richtung", sagte der CDU-Politiker am Freitagmorgen im Deutschlandfunk. Er stelle sich aber die Frage, ob diesen Ankündigungen auch Taten folgen würden. "Er hat ja bereits im vergangenen Herbst angekündigt, in einem größeren Stil abschieben zu wollen", sagte Frei im Hinblick auf ein Interview des Kanzlers mit dem "Spiegel" im vergangenen Jahr.
Update: Freitag, 7. Juni 2024, 8.30 Uhr
Mannheim. (alb) Nun also doch: Die AfD darf an diesem Freitagabend ab 18 Uhr ihre Kundgebung gegen Islamismus auf dem Marktplatz abhalten. Hintergrund ist die Messerattacke vor einer Woche, bei dem ein 29-jähriger Polizist ermordet wurde. Fünf Angehörige der islamkritischen Bewegung "Pax Europa" waren von dem mutmaßlich extremistischen Attentäter (25) verletzt worden.
Das Verwaltungsgericht in Karlsruhe gab am Donnerstag einem Antrag des AfD-Landesverbands gegen eine von Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) angeordnete Allgemeinverfügung der Stadt statt.
Danach sollte der Marktplatz, wo sich die Tat abspielte, bis Sonntag, 16. Juni, ein Ort der Trauer und des Gedenkens sein. In diesem Zeitraum sind laut Verfügung Versammlungen untersagt. Die Stadt kündigte am Donnerstag an, gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Beschwerde einzulegen.
Steinmeier kommt am Freitag nach Mannheim
Das Bündnis "Mannheim gegen rechts" ruft für 17.30 Uhr zur Teilnahme an einer Demonstration "gegen die AfD und ihre rechte Hetze" auf. Start ist auf dem Alten Meßplatz.
Dort lädt der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) eine Stunde früher, um 16.30 Uhr, gemeinsam mit zahlreichen Partnern aus demokratischen Parteien, Religionsgemeinschaften und zivilgesellschaftlichen Organisationen zu einer Kundgebung unter dem Motto "Mannheim steht zusammen – für Demokratie und Vielfalt" ein.
Ziel von "Mannheim gegen rechts" ist es laut einer Mitteilung, in Hör- und Sichtweite der AfD-Veranstaltung zu kommen und lautstark für eine solidarische und bunte Stadt einzutreten.
Möglicherweise wird sich in den Demozug auch die Antifa einreihen. Eine Gruppe Aktiver wollte bereits am vergangenen Sonntag bei der ersten Kundgebung der AfD auf den Marktplatz vorstoßen, wurde aber von der Polizei daran gehindert und eingekreist.
Vor diesem Hintergrund appellierte OB Specht am Donnerstag eindringlich an die Versammlungsleiter der AfD und von "Mannheim gegen rechts", dass von ihren Veranstaltungen keine Störungen oder Straftaten ausgingen.
Die Polizei werde mit starken Kräften vertreten sein. Für die Stadtgesellschaft, die in Würde und Ruhe um den getöteten Beamten trauern und den anderen verletzten Opfern gedenken wolle, wäre es unerträglich und inakzeptabel, wenn auch nur eine Polizistin oder ein Polizist verletzt würde, betonte Specht.
Der Attentäter hatte dem 29-jährigen Ordnungshüter am Freitag vergangener Woche um 11.34 Uhr die tödlichen Stiche zugefügt. Genau eine Woche und exakt zur gleichen Zeit wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf dem Marktplatz zu einer Schweigeminute erwartet.
Parallel gedenken Polizisten auf dem Schloss-Ehrenhof des 29-Jährigen und um 18.30 auch die Menschen in dessen Heimatstadt Neckarbischofsheim.
Update: Donnerstag, 6. Juni 2024, 19 Uhr
AfD stellt Eilantrag gegen Demo-Verbot am Marktplatz
Karlsruhe/Mannheim. (dpa) Die AfD Baden-Württemberg hat beim Verwaltungsgericht Karlsruhe einen Eilantrag gegen ein Demonstrationsverbot auf dem Mannheimer Marktplatz gestellt. Ein Sprecher des Gerichts bestätigte den Eingang des Eilantrags am Donnerstag.
"Wir wollen zwei Tage vor der Europawahl genau dort demonstrieren, wo der islamistische Terror zugeschlagen hat, um ein klares politisches Signal in die ganze Republik zu senden", teilte der AfD-Landesvorsitzende Markus Frohnmaier am späten Mittwochabend mit. Die Stadt Mannheim hatte Kundgebungen und Versammlungen auf dem Markplatz untersagt und den Platz vorübergehend bis zum 16. Juni zu einem Gedenkort für den bei einem Messerangriff getöteten Polizisten erklärt.
Ein 25-jähriger Afghane hatte am vergangenen Freitag fünf Teilnehmer einer Kundgebung der islamkritischen Bewegung Pax Europa sowie einen Polizisten mit einem Messer verletzt. Der 29 Jahre alte Beamte Rouven Laur erlag später seinen Verletzungen. "Es ist, glaube ich, für uns als Stadtgesellschaft wichtig, in Ruhe und Würde des Ermordeten und den durch den Angreifer Verletzten gedenken zu können", hatte Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) am Dienstag erklärt.
Für Freitagabend hatte die AfD zu einer Demonstration auf dem Marktplatz aufgerufen. Zeitgleich sollte eine Gegendemonstration der Antifa stattfinden. Sollte das Verwaltungsgericht der AfD nicht Recht geben, will die Partei auf den Paradeplatz in Mannheim ausweichen.