Das Tischtuch ist zerrissen, die "Linken"-Fraktion zerbricht
Matthias Hördt macht als Einzelstadtrat weiter und setzt sich damit über die Aufforderung der Partei hinweg, sein Mandat abzugeben.

Weinheim. (web) Die Gemeinderatssitzung am Mittwoch näherte sich dem Ende, als Stadtrat Matthias Hördt seine Unterlagen einpackte und den Saal verließ. Carsten Labudda, zu diesem Zeitpunkt noch sein Fraktionsvorsitzender bei "Die Linke", verlor keine Zeit. Auch er packte zusammen und folgte Hördt nach draußen. Was dann passiert sei, schilderte Hördt am Donnerstag der RNZ. "Er bat mich um ein Gespräch. Dann forderte er mich auf, mein Ratsmandat abzugeben. Ich sagte ihm, dass ich das nicht tun werde."
Hördt tritt also aus der Fraktion der "Linken" aus und macht erst einmal als Einzelstadtrat weiter. Darüber informierte er am Donnerstag Oberbürgermeister Manuel Just. Die Weinheimer "Linken" bleiben indes bei ihrer Forderung: Noch am Mittwochabend verschickte Labudda einen "Artikel" an die Medien. Darin fordern er und Weinheims "Linken"-Verbandsvorsitzender Volker Pfennig Hördt erneut zum Rücktritt auf.
Hördt sei schon vor einiger Zeit mit dem Plan an die Öffentlichkeit gegangen, "mit der ehemaligen CDU-Stadträtin Susanne Tröscher bei der kommenden Kommunalwahl zur Gemeinderatswahl anzutreten. Mit seinen neuesten Verlautbarungen ist nun bei seinen ehemaligen Genossen das Fass übergelaufen."
Dabei verdanke Hördt sein Mandat der Linkspartei. "Jetzt nutzt er es, um aus der Linksfraktion heraus ein konkurrierendes Projekt aufzubauen." Das sei nicht hinnehmbar. Nachdem er vor einiger Zeit aus der Partei ausgetreten ist, solle Hördt doch nun Anstand zeigen, und auch sein Mandat zurückgeben.
Der "Linken"-Stadtverband habe Impfungen gegen Corona und die Maskenpflicht unterstützt, Hördt nicht. Man stehe klar aufseiten der Ukraine gegen die russische Invasion, Hördt nicht. Man habe das Ansinnen der Lehrer an der Pestalozzi-Schule zur Einführung von gebundenem Ganztagesunterricht unterstützt, Hördt nicht.
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Und auch beim Gewerbegebiet "Hintere Mult" seien sich der Ortsverband der "Linken" und Hördt nicht einig. "Das haben wir alles im Rahmen von Pluralismus und Meinungsfreiheit ausgehalten." Beim Miramar-Projekt nehme man ebenfalls verschiedene Standpunkte ein. Aber den Aufbau einer Konkurrenz zur Linkspartei könne man nicht tolerieren.
Diese Zeitung gab Hördt die Gelegenheit, sich vor einer Veröffentlichung zu äußern. "Ich bin Stadtrat geworden, obwohl ich in der Linkspartei war, nicht deswegen", so der Lokalpolitiker. Viele Bürger hätten sich nicht für die ganze Liste der "Linken" entschieden, sondern ihn persönlich gewählt (Panaschieren).
Auseinandersetzungen wie die um die Pestalozzi-Schule und die Erschließung der Hinteren Mult lagen vor den Kommunalwahlen 2019, was "Die Linke" nicht abgehalten habe, ihn erneut aufzustellen, so Hördt. Er bestreite gar nicht, dass er die eine oder andere Sache anders sehe als etwa Labudda, so Hördt (wenngleich er für Frieden sei, nicht für Russland).
Aber man habe auch vieles gemein, was man zuletzt aber kaum noch öffentlich zum Ausdruck gebracht habe, bedauert er. Es habe zuletzt überhaupt kaum noch fraktionsinterne Abstimmungen gegeben, selbst vor der letzten Ratssitzung fand laut Hördt keine Fraktionssitzung statt.
Nach der Ältestenratssitzung sei nur eine Mail von Labudda gekommen: mit der Bitte, sich vorab zur Miramar-Thematik zu äußern. Er habe dann lieber für sich gesprochen. Auch vor der Unterredung mit Labudda und der Mail an die Presse habe man ihm nicht mitgeteilt, dass es Bedenken gegen seine Tätigkeit als "Linken"-Stadtrat gibt.
Zwar bereite sich die Wählervereinigung "Mehr Demokratie in Weinheim" auf die Wahlen 2024 vor. Er sei aber nicht die treibende Kraft, sondern von den Initiatoren Friedrich Scheurich und Thomas Bosch angesprochen worden, erklärt Hördt. Bildet er nun mit der ebenfalls "angesprochenen" Tröscher eine neue Fraktion? Rechtlich möglich wäre es, wie die Stadt auf Anfrage bestätigte. "Es wird demnächst Gespräche geben", so Hördt.