So fiel die Entscheidung zum Miramar-Projekt
Der Antrag auf Vertagung der Debatte scheiterte hauchdünn. Besonders die SPD plädierte aus Prinzip dafür.

Von Philipp Weber
Weinheim. Die überwiegende Mehrheit seiner Entscheidungen fällt der Gemeinderat einstimmig. Doch als am Mittwoch die Frage aufkam, ob noch in dieser Sitzung der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan "Freizeitbad Waidallee" herbeigeführt werden sollte, zog sich der Riss quer durchs Gremium und trug im Falle von "Die Linke" sogar zur Spaltung einer Fraktion bei.
Eine hauchdünne Mehrheit setzte mit 17 zu 16 Stimmen durch, dass über den ersten Schritt zur Planung und Umsetzung eines 105-Zimmer-Hotels im Norden sowie eines 682 Stellplätze zählenden Parkhauses im Süden des Miramar entschieden wurde. Als der inhaltliche Beschluss anstand, waren die Verhältnisse wieder klarer: Acht Nein-Stimmen und fünf Enthaltungen reichten den Kritikern des Miramar-Projekts nicht, um dieses zu verhindern.
Die verschiedenen Abstimmungsergebnisse haben nicht zuletzt mit der SPD zu tun. Diese hatte – ebenso wie die Grünen – einen Vertagungsantrag eingereicht. Dem Sozialdemokraten Daniel Schwöbel ging es dabei vor allem ums Prinzip. Er verlangte, dass sich die Fachleute der Fraktionen und die politischen Gremien intensiv mit dem Alternativ-Vorschlag der Altindal-Gruppe befassen. Dieser sah den Bau eines 1052 zählenden Parkdecks und eines Multifunktionsgebäudes mit Hotel, Therapiezentrum, Fitnessstudio und Kita vor, alles im Norden des Miramar.
Die Altindal-Gruppe sei erst kurz nach der Urlaubszeit mit deutlichen Ansagen auf die Fraktionen zugegangen, so Schwöbel. Angesichts der neuen Lage habe die Verwaltung vergangene Woche die Sitzung des Technischen Ausschusses, die eigentlich der Vorbereitung auf die Ratssitzung dienen sollte, abgeblasen. Ohne das Spezialisten-Gremium zu befassen, wolle die Verwaltung nun aber Nägel mit Köpfen machen.
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Das alles hieß freilich nicht, dass Schwöbel die Altindal-Pläne dem Miramar-Projekt vorgezogen hätte. Die Alternative sei untragbar, der Erstvorschlag dagegen durchdacht. Man dürfe sich aber nicht dem Verdacht aussetzen, dass man Altindal einfach nicht wollte, warnte er. Elisabeth Kramer (Grüne) forderte ebenfalls eine Vertagung und verwies – ebenso wie Stella Kirgiane-Efremidou (SPD) darauf, dass man die Ehrenamtlichen aus dem Technischen Ausschuss nicht außen vor lassen solle. Wolfgang Wetzel (FDP), Matthias Hördt (Die Linke) und Susanne Tröscher plädierten ebenfalls pro Vertagung.
Das sahen OB Manuel Just, Günter Bäro (Freie Wähler), Heiko Fändrich (CDU) und Carsten Labudda (Die Linke) anders. Er würde den Beschluss ja vertagen, wenn er die Ideen der Altindal-Gruppe nur annähernd auf Augenhöhe mit dem Miramar-Projekt sehe, so Just. Er erinnerte daran, dass man sich einst mit dem Miramar und den IGs Waid und Ofling auf den Weg gemacht habe, ein Parkraumproblem zu lösen. Von Anfang an habe man die Betroffenen zu Beteiligten gemacht und 80 von ihnen zu einem Bürgerdialog versammelt. Auch die Altindal-Gruppe hätte sich damals, Ende 2021, zumindest mit einer verbalen Artikulation ihrer Idee zu Wort melden können, dies aber nicht getan.
Dass den Fraktionen die Altindal-Pläne neu sind, daran glaube er nicht, so der OB. Er erinnere sich sogar, schon vor geraumer Zeit eine Anfrage dazu erhalten zu haben. Von der SPD. Außerdem sei es seit Langem Konsens, die Ofling (im Süden des Bades) und die Waid (im Norden) gleichmäßig mit Parkdeck und Hotel zu belasten, was mit den Altindal-Plänen unmöglich sei. Zumal er Fitness, Kita und Therapiezentrum eh nicht am See sehe, so Just.
Bäro rief dazu auf, zu entscheiden und nicht in ein politisches "Pingpong" abzudriften. Fändrich betonte ebenfalls, die Altindal-Thematik sei nicht über Nacht gekommen, und die ehrenamtlich tätigen Bauexperten könnten sich auch in den Fraktionen äußern. Es habe eine vier Jahre dauernde Debatte gegeben, Miramar und Bürger verdienten jetzt die Entscheidung.
Nach dem Votum für eine Beratung ging es an die inhaltliche Debatte. In der zweiten Runde ging OB Just auf den BUND ein, der sich gegen ein für Miramar-Besucher kostenloses Parkdeck positioniert hatte. Man müsse bei Radverkehr und ÖPNV besser werden, räumte er ein. Allerdings könnten diese Verkehrsmittel das Problem mit den bepackten und aus ganz Deutschland kommenden Bad-Besuchern nicht lösen.
Jonathan Langenbach (Grüne) wiederum fand es richtig, dem Miramar als Verursacher der Parkprobleme auch die Lösung aufzutragen. Wenn dies aber mit dem Bau eines Hotels und damit einem Vorteil für das Bad verbunden sei, müsse sich die Stadt übertölpelt fühlen. Wetzel, Hördt und Tröscher stießen ins gleiche Horn, wobei Hördt andeutete, dass bald schon Unterschriften für ein Bürgerbegehren gegen die Miramar-Pläne gesammelt werden könnten.
Fändrich appellierte an seine Ratskollegen, nicht auf "schlechte Verlierer" zu machen und den grundsätzlichen Beschluss pro Miramar-Vorhaben von 2022 nicht zu torpedieren. Dieser beinhalte einen Kompromiss, der der Stadt nutze – auch wenn auf der Ofling nicht jeder glücklich sei über das Parkdeck.
Schwöbel lobte noch einmal die Planungen des Miramar. Das Hotel, das das Parkdeck gegenfinanziert, schaffe zwar keinen Mehrwert für die Stadt. Aber der Miramar-Chef habe Vertrauen geschaffen.
OB Just betonte noch einmal, dass er im vorliegenden Beschlussvorschlag die einzige Lösung des Problems sehe. Wie schnell die kommt, muss sich zeigen. Klaus Bitzel, Besitzer des Ackers, auf den das Parkdeck käme, kündigte an: "Meine Fläche kriegt der Miramar-Besitzer nicht."