Plus Miramar- oder Investor-Pläne?

Weinheimer "Miramar-Kompromiss" nimmt erste Hürde

Der Antrag der Grünen im Gemeinderat auf eine Vertagung ist am Mittwochabend knapp gescheitert.

20.09.2023 UPDATE: 20.09.2023 19:30 Uhr 4 Minuten, 56 Sekunden
Ziehen die neuen Vorschläge eines Investors das Strandbad in Mitleidenschaft? Foto: Dorn

Weinheim. (web) Das Projekt, das den Bau eines Parkhauses und eines Hotels im Umfeld des Miramar vorsieht, hat am Mittwoch im Gemeinderat die erste Hürde genommen. Das Gremium stimmte der Aufstellung eines entsprechenden Bebauungsplans mehrheitlich zu.

Acht Nein-Stimmen gab es aus den Reihen der Grünen, der FDP sowie von Matthias Hördt und Susanne Tröscher. Fünf Enthaltungen gab es von Grünen- und SPD-Stadträten. Freie Wähler, CDU, Carsten Labudda (Linke) sowie die Mehrheit der Sozialdemokraten stimmten zu.

Vor der inhaltlichen Beratung war es wesentlich knapper zugegangen, weil Grüne und SPD das Thema vertagen wollten, um in Ruhe das Alternativ-Konzept eines Investoren erörtern zu können.

Dieses sah OB Manuel Just jedoch nicht annähernd auf Augenhöhe mit den Plänen des Miramar-Betreibers, der mit Mitgliedern seiner Familie in den Zuschauerreihen saß. Er will ein Parkhaus im Süden des Bades bauen, dessen Gegenfinanzierung ein Hotel in Norden des Miramar leisten soll. Der Vertagungsantrag scheiterte ganz knapp mit 16 zu 17 Stimmen.

Update: Mittwoch, 20. September 2023, 19.30 Uhr

Auch interessant
Weinheim: Investor macht Miramar-Plänen am Waidsee plötzlich Konkurrenz
Parkdeck, Hotel, 470 neue Stellplätze: So will das Miramar Weinheim die Parkprobleme lösen

Grüne wollen Vertagung beantragen

Zuvor wird ihre engagierte Jung-Stadträtin Frieda Fiedler aus dem Gremium verabschiedet.

Weinheim. (web) Den Fraktionen und Einzelstadträten liegt in der heutigen Gemeinderatssitzung unter anderem der Beschlussvorschlag der Verwaltung vor, den Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan "Freizeitbad Waidallee" zu verabschieden.

Damit würde die Stadt Weinheim in ein Planungsverfahren einsteigen, das den Bau eines 105 Zimmer zählenden Hotels im Norden des Miramar (im Wohnbezirk Waid) sowie ein 682 Stellplätze umfassendes Parkhaus im Süden des Bades (am Rande der Siedlung Ofling) zum Ziel hat.

Beide Gebäude würde der Betreiber des Freizeitbads finanzieren, die Einnahmen aus dem Hotelbetrieb sowie die mit dem Hotel verbundene Aufwertung des Bades würden die Investitionen in das für Miramar-Besucher kostenlose Parkdeck ausgleichen.

Die Verwaltung plädiert entschieden für diesen Kompromiss, ebenso die Interessengemeinschaft der Waid-Bewohner, die das Park-Chaos rund um das Bad satt haben. Eine vertiefende Prüfung des Alternativ-Vorschlags der Altindal-Gruppe lehnen diese Seiten ab.

Andere Stimmen – etwa die Interessengemeinschaft Ofling oder die Stadträte Matthias Hördt und Susanne Tröscher – wollen den betreffenden Tagesordnungspunkt jedoch vertagen, um die Situation am Waidsee noch einmal vor dem Hintergrund der Altindal-Pläne (siehe unten) zu diskutieren.

Dem schließen sich auch die Grünen als zahlenmäßig größte Fraktion an. Das geht aus einer E-Mail hervor, die Fraktionsvorsitzende Elisabeth Kramer am Mittwochvormittag unter anderem an die übrigen politischen Gruppierungen und die Medien verschickt hat.

Den entsprechenden Antrag zur Geschäftsordnung wollen die Grünen in der Sitzung einbringen, sobald der Gemeinderat in seiner neuen Besetzung antritt: Denn just bei den Grünen scheidet Stadträtin Frieda Fiedler aus und wird – dem Gemeinderatswahlergebnis von 2019 folgend – durch Corinna Harnisch ersetzt. Fiedler zieht aus Weinheim weg und verliert dadurch ihre Wählbarkeit.

Trotz ihres vergleichsweise jungen Alters hatte sie in den letzten vier Jahren wieder und wieder die Stellungnahmen ihrer Fraktion verlesen und sogar Haushaltsreden halten dürfen. Man wolle den Antrag zur Miramar-Thematik erst nach Fiedlers Verabschiedung stellen, um selbige nicht zu verzögern, so sei es telefonisch besprochen worden, so Kramer. Die ausführliche Begründung des Antrags erfolge in der Sitzung. Diese beginnt um 16.30 Uhr im Schloss (Rathaus) und umfasst insgesamt 22 Tagesordnungspunkte.

Update: Mittwoch, 20. September 2023, 11.30 Uhr


So spannend wird die Entscheidung am Weinheimer Waidsee

Von Philipp Weber

Weinheim. Es war ein Paukenschlag, als letzte Woche bekannt wurde, dass es ein Alternativkonzept zu den Hotel- und Parkdeckplänen des Freizeitbads Miramar gibt. Die Stadtverwaltung ließ die für den vergangenen Mittwoch geplante Sitzung des Technischen Ausschusses ausfallen, um die Alternativvorschläge des Investors – hierbei handelt es sich um die Altindal-Gruppe, die viele als Betreiber des Steakhauses "Waid-Lake" kennen – in die Sitzungsvorlage einarbeiten zu können.

Der Gemeinderat kann in seiner Sitzung an diesem Mittwoch, 20. September, nun ohne Vorberatung entscheiden und den Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan nach dem mit dem Miramar erarbeiteten Vorgehen fassen. Denn die Verwaltung zeigt sich wenig begeistert vom Konzept der Altindal-Gruppe. Sie hält eine vertiefte Überprüfung der Alternativvorschläge für "entbehrlich".

Dass die Vorschläge der Firma Altindal den Eingeweihten im Rathaus keineswegs neu sind, räumt die Verwaltung ein. Altindal habe unter anderem bereits Ende 2021 im Zusammenhang mit dem Bürgerdialog zur Lösung der Parkproblematik rund ums Miramar den Wunsch vorgebracht, bei der Veranstaltung eine eigene Idee vorzustellen, teilt die Verwaltung mit.

Dies habe man abgelehnt, denn die Veranstaltung hätte das Ziel gehabt, eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit den Varianten der Nutzungsanordnung eines für Badbesucher kostenlosen Parkdecks (Lösung des Problems) und eines Hotels (Gegenfinanzierung der Lösung) zu ermöglichen. Konkrete Entwürfe sollten gerade nicht vorgestellt werden.

Der Firma Altindal sei jedoch die Möglichkeit eingeräumt worden, am Dialog teilnehmen und ihre Ideen zur Lösung der Parkraumprobleme vorzutragen. Es sei aber niemand gekommen. "Auch auf andere Weise haben die Verwaltung bis zur nun erfolgten Vorlage eines Bebauungsvorschlags seither keine weiteren Beiträge der Firma Altindal erreicht." Also auch nicht im Vorfeld derjenigen Ratssitzung, in der 2022 die vertiefte Prüfung eines Parkhauses im Süden des Bades (nahe der Ofling) und eines Hotels (auf der Waid) mehrheitlich beschlossen wurde.

Altindal schlägt nun vor, ein Gebäude auf dem Gelände des städtischen Strandbads zu errichten, "und zwar dort, wo sich derzeit die Funktionsgebäude (Eingang, Kasse, Umkleiden, Spinde, Sanitäreinrichtungen) befinden", teilt die Stadt mit. Der Bau würde ein Fitnesscenter, ein medizinisches Therapiezentrum, eine Kita sowie ein Hotel beherbergen.

Des Weiteren will Altindal ein Parkhaus mit 1052 Stellplätzen auf dem heutigen Parkplatz östlich des Strandbads und nördlich des Miramar bauen. Im Norden des Parkhauses wiederum soll ein Gebäude entstehen, das einen neuen Zugang zum städtischen Strandbad, einen Kiosk, Spinde, Umkleiden, sanitäre Anlagen und 200 Fahrradstellplätze beinhaltet. Aus Sicht der Verwaltung ist das Altindal-Konzept von dem Anlass der ursprünglichen Planungen zu weit entfernt.

So bleibe offen, wie die Parkproblematik gelöst werden soll, wenn das Parkhaus nicht dem Miramar gehört. Auch die Verknüpfung von Hotel und Miramar scheide auf diese Weise aus, aber genau darin lag ja der Kompromiss mit dem Bad begründet.

Auch das von Altindal gewollte Fitnesscenter, das Therapiezentrum und die Kita stünden in keinem Zusammenhang mit der Ausgangsproblematik und gingen zulasten des Strandbadgeländes.

Zudem würden hier Angebote entstehen, denen der Zusammenhang mit dem Naherholungsgebiet am Waidsee fehle. Und Kitas sollten ohnehin in den Vierteln gebaut werden, in denen Kinder leben. Und dass sich schwerkranke Patienten mit Kita-Kindern oder Strandbad-Besuchern vertragen, kann man sich in der Verwaltung auch nicht vorstellen.

Die Stellungnahmen aus Waid und Ofling zu den Alternativplänen fallen unterschiedlich aus. Die IG Waid lehnt ein massives Parkhaus vor den Haustüren der Waid-Bewohner sowie den Multifunktionsbau am Strandbad entschieden ab und ruft die Stadträte dazu auf, an den 2022 favorisierten und inzwischen vorgestellten Plänen des Miramar festzuhalten. Die IG Ofling verlangt eine vertiefte Prüfung der Altindal-Pläne und fordert, dass keine unumkehrbaren Entscheidungen getroffen werden. Das Parkdeck würde laut Altindal-Konzept nicht auf den Äckern der Ofling entstehen.

Die Stadträte Matthias Hördt (Die Linke) und Susanne Tröscher (fraktionslos) fordern bereits unter dem Label ihrer künftigen kommunalpolitischen Heimat, der "Wählergemeinschaft Mehr Demokratie Weinheim", nicht über die Aufstellung des Bebauungsplans "Freizeitbad Miramar" zu entscheiden.

Mit Bekanntwerden der Überlegungen von Altindal sei eine neue Situation entstanden, welche berücksichtigt werden müsse. Es brauche eine Lösung, die die Anwohner, die Seenutzer und die Interessen von Miramar und Altindal unter einen Hut bringt. "Deshalb wäre es sinnvoll, wenn beide Unternehmen gemeinsam nach einer Lösung suchen".

Die BI Breitwiesen und der Bauernverband haben sich eingeschaltet. Sie fürchten, dass die Besitzer der Äcker in der Ofling, wo das Miramar-Parkdeck entstünde, unter Druck gesetzt werden. Denn die Landwirte seien nicht gewillt, die Flächen abzugeben oder umzutauschen, was wiederum die Miramar-Ideen infrage stelle. Dabei gebe es nun Alternativen.

Der BUND wendet sich gegen die Idee, ein kostenloses Parkangebot für Miramar-Besucher zu errichten. Stichworte: Klimaschutz und öffentlicher Nahverkehr. Entscheiden werden indes die Fraktionen.

Info: Die öffentliche Sitzung des Gemeinderats beginnt am Mittwoch, 20. September, 16.30 Uhr im Rathaus.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.