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Trainersuche war schon sehr weit - eigentlich

Interview mit Geschäftsführer Matthias Binder und Sportmanager Axel Alavaara.

10.05.2023 UPDATE: 10.05.2023 19:30 Uhr 3 Minuten, 58 Sekunden
Symbolfoto: dpa
Interview
Interview
Matthias Binder (o.) und Axel Alavaara
Geschäftsführer und Sportmanager der Adler Mannheim

Von Rainer Kundel

Mannheim. Mit dem Abstand von fünf Wochen nach dem Saisonende im Halbfinale gegen den ERC Ingolstadt sprach die RNZ mit Adler-Geschäftsführer Matthias Binder und Sportchef Jan-Axel Alavaara. Der Schwede kam am frühen Morgen vom Länderspiel der DEB-Auswahl gegen die USA aus München zurück und hatte zu Beginn des zweistündigen Gesprächs einen weiteren Neuzugang parat. Leon Gawanke, bald 24-jähriger Offensivverteidiger kommt vom AHL-Klub Manitoba Moose, dem Farmteam der Winnipeg Jets, und erhält einen Vierjahresvertrag.

"Wir sind mit drei Torhütern, neun Verteidigern und 15 Stürmern komplett. Unser Plan ist, mit einer eingespielten Mannschaft in die Saison zu gehen, die bereits in den Spielen der Champions-League zusammen wachsen soll", bekräftige Alavaara, "ich halte nichts davon, Stellen bis September freizuhalten". Der von einem Fachmagazin angekündigte "Kracher" für den Angriff ist somit nicht eingeplant. "Wir haben mit Linden Vey schon einen sehr starken Stürmer verpflichtet", sagt der Sportmanager. 

Herr Binder, wie ist der Klub nach zwei von Corona geprägten Spielzeiten durch die Saison gekommen?

Binder: Wir haben schneller als erwartet und als es noch im Herbst schien den drohenden Entwöhnungsprozess bei den Zuschauern überwunden. Einschließlich den Playoff-Spielen liegen wir bei 10.700 Besuchern im Schnitt. Auch wenn wir bei den Dauerkarten und im Gesamtschnitt noch nicht bei den früheren Zahlen von 8000 beziehungsweise 11.000 liegen, muss dies wieder unser Ziel sein. 

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Die Adler spüren höhere Kosten bei Dienstleistern, Lieferanten und der Energie. Was erwartet die Fans bei der Preisgestaltung für die neue Saison?

Binder: Wir haben im Vorjahr eine kleine Erhöhung bei den Einzeltickets vorgenommen, jetzt werden die Dauerkarten moderat erhöht. Wir geben jedoch prozentual bei weitem nicht die höheren Kosten an die Fans weiter. 

Herr Alavaara, was außer der dauerhaft großen Verletztenliste hat dazu geführt, dass unabhängig von der Platzierung der Mannschaft oft die spielerische Klasse abging und sich einige Spieler nicht weiterentwickelt haben?

Alavaara: Die Mannschaft hat aus vielen Gründen ihre Identität nicht gefunden. Durch die vielen Verletzungen haben wir nicht komplett und oft nur reduziert trainiert, das hat sich auf die Harmonie auf dem Eis ausgewirkt. Einige Spieler wie Taro Jentzsch haben ihr Potenzial aber deutlich bewiesen, als sie eine andere Rolle erhielten. Andere schleppten die Folgen von Verletzungen mit sich

Es gab eine hohe Fluktuation, 17 Spieler, davon elf vom Stamm, haben den Klub verlassen, vier Wochen später ist der Kader schon komplett.

Alavaara: Wir hatten uns früh ein Bild gemacht und wussten, was wir verändern wollten. Da waren Alters- und Leistungsaspekte dabei, es gab auch 50:50-Entscheidungen, weil sich Spieler aus familiären Gründen verändern wollten. 

Wie weit sind Sie bei der Trainersuche?

Alavaara: Wir waren bis zum letzten Wochenende schon sehr weit, dann sind unvorhersehbare Dinge dazwischen gekommen. Wir hoffen, in Kürze Vollzug melden zu können.

Behalten Marcel Goc und Jochen Hecht in ihren bisherigen Funktionen bei den Profis? 

Binder: Marcel Goc hat einen mehrjährigen Vertrag als Development Coach (Anm: Trainer für Spielerentwicklung), auch wenn er zuletzt Co-Trainer war. Auch mit Jochen Hecht haben wir über eine weitere Zusammenarbeit gesprochen. Alles hängt mit der Verpflichtung des neuen Head-Coaches zusammen.

2018 sagte Daniel Hopp, einen Neuaufbau gibt's nicht zum Nulltarif. Auch jetzt gibt es einen Umbruch, investieren die Adler das Gehaltsvolumen der Abgänge in die neue Mannschaft?

Binder: Wir liegen im Spielerbudget auf dem gleichen Niveau wie zuletzt und achten darauf, dass wir trotz verlockender Einzelanfragen keine verrückten Dinge machen, die das Gesamtniveau durcheinanderbringen. 

Die Importspieler machten zuletzt nicht mehr den großen Unterschied aus. Vor allem die Nachverpflichtung von Joe Cramarossa war kein Faktor. 

Alavaara: Nach dem Ausfall von Nigel Dawes wollten unsere Trainer schnellstmöglich eine Nachbesserung und haben sich dabei mehr für einen Allrounder als einen Abschluss-Spieler stark gemacht. 

Wie geht's nach dem Abstieg der Heilbronner Falken mit der Kooperation weiter?

Binder: Für die Säule Adler-Falken-Jungadler ist der Abstieg von Heilbronn aus der DEL2 denkbar schlecht. Wir wollen zügig Vereinbarungen treffen, damit unsere jüngeren Spieler wissen, woran sie sind, die Bietigheim Steelers zeigen Interesse. 

Arno Tiefensee könnte nach einer starken Saison im Juni auf der Draftliste der NHL stehen.

Alavaara: Arno kann mit jetzt 21 Jahren letztmals gezogen werden. Er vereint mit seiner Größe und seinem Stil den Typ des modernen Torhüters, das werden die Scouts berichten. Seiner Entwicklung tun noch einige Jahre in der DEL mit regelmäßigen Einsätzen gut, man sieht an heutigen NHL-Goalies, dass sie erst mit 24 Jahren oder später den Durchbruch geschafft haben. 

Von den Zugängen sind Spieler wie Murray und Fischbuch aus der Liga bekannt. Können Sie etwas zu den Eigenschaften der Importspieler sagen?

Alavaara: John Gilmour ist ein laufstarker Verteidiger, der für einen guten Spielaufbau steht und Überzahl spielen kann. Jyrki Jokipakka hat in Tampere alle Funktionen eines Verteidigers beherrscht, vor allem ist er im eigenen Drittel sehr stabil. Jordan Murray wird bei uns nicht 32 Minuten Eiszeit wie in Wolfsburg abreißen müssen, auch wenn er ein vielseitiger Spieler ist.

Bei den Stürmern ist Tom Kühnhackl ein großer Teamplayer und Charakterspieler, er war in Skelleftea Publikumsliebling, das sagt einiges. An Kris Bennett waren wir fünf, sechs Jahre dran, unser Nordamerika-Scout Todd Hlushko hat ihn seit seiner College-Zeit beobachtet. Wir sind nach seinem Wechsel nach Lugano hartnäckig dran geblieben, weil er ein harter Arbeiter und läuferisch starker Power-Forward ist.

Bei Linden Vey kam uns zugute, dass er sich beim Nigel Dawes über uns erkundigt hat, sie haben in Kasachstan im selben Klub gespielt. Vey ist ein kompletter Spieler und als Center vorgesehen. Er hat gute Hände und ist als Rechtsschütze im Powerplay wertvoll und war bereit, einen Einjahresvertrag zu akzeptieren, auch weil er sich mit seiner Familie nach Mitteleuropa verändern wollte.

Bei Leon Gawanke haben wir dauerhaft unser Interesse hinterlegt, als gebürtiger Berliner ist er mit Taro Jentzsch seit langem befreundet. 

Die U23-Regelgung führt dazu, dass sich etliche Jungadler-Talente, die gerade 18 Jahre jung geworden sind, anderen DEL-Klub anschließen.

Alavaara: Ich finde diese Tendenz für ihre Entwicklung nicht gut. Den meisten würde ein Jahr Deutsche Nachwuchs-Liga mit Spielpraxis mehr helfen als geringe Eiszeiten in der DEL. Wir können nicht jedem versprechen, dass er bei uns erste oder zweite Reihe spielt. Ob es anderswo zu mehr reicht, muss man sehen. Das Beispiel Valentino Klos, der selbst mit 23 in Wolfsburg kaum gespielt hat, sollte eine Warnung sein. 

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