Bürger entscheiden am 23. Juli über Windpark
Der Gemeinderat votierte für die Vergabe an die RWE unter Vorbehalt. Die Abstimmung soll Klarheit bringen.

Von Nicolas Lewe
Meckesheim. Der Gemeinderat hat am Mittwochabend mehrere Entscheidungen mit möglicherweise weitreichenden Folgen für Meckesheim – und indirekt auch für die angrenzenden Kommunen getroffen. Der RWE Wind Onshore & PV GmbH mit Sitz in Hannover soll eine Waldfläche für die Errichtung von sechs Windrädern zur Verfügung gestellt werden. Alleine dies war schon eine entscheidende Neuigkeit, denn ursprünglich war beim Einstieg in die Planungen nur von bis zu vier Windrädern die Rede gewesen.
Wie die RNZ auch bereits berichtete, hat sich die Gemeinde Meckesheim schon frühzeitig dazu entschlossen, die Errichtung der Windräder in Volkes Hand zu legen – sprich: Es war von Anfang an klar, dass es einen Bürgerentscheid geben wird. Der nun gefasste Beschluss zugunsten einer Vergabe an die RWE steht daher unter Vorbehalt. Endgültige Klarheit wird es erst am 23. Juli geben.
Auf dieses Datum hat sich der Gemeinderat ebenfalls am Mittwochabend für die Durchführung eines Bürgerentscheids festgelegt. Die Frage, die dann auf den Stimmzetteln stehen wird, lautet: "Sind Sie dafür, dass die Gemeinde Meckesheim Waldflächen auf den gemeindeeigenen Grundstücken Flst.-Nr. 1978 und Flst.-Nr. 9792 entsprechend den in einem Interessenbekundungsverfahren ausgehandelten Konditionen dem Bieter RWE zur Errichtung und zum Betrieb von Windkraftanlagen zur Verfügung stellt?"
Hauptamtsleiter Benjamin Schwalb erläuterte das formale Prozedere: Laut Gemeindeordnung ist für die Anerkennung des Abstimmungsergebnisses ein Quorum erforderlich. Das bedeutet: Die beim Bürgerentscheid gestellte Frage muss von einer Mehrheit beantwortet werden, die mindestens 20 Prozent der Stimmberechtigten ausmacht. Bei Stimmengleichheit gilt die Frage als mit Nein beantwortet. Wird die erforderliche Mehrheit nicht erreicht, muss der Gemeinderat über den weiteren Umgang mit dieser Angelegenheit beraten.
Auch interessant
Die Gemeinde, so Schwalb weiter, sei dazu verpflichtet, ihre Bürger vor dem Entscheid schriftlich darüber zu informieren, um was es geht. Die Einladung zu einer Einwohnerversammlung sei dagegen freiwillig. Dass eine solche Infoveranstaltung angeboten werden soll, war indes für den Gemeinderat keine Frage. Ebenso einstimmig wie die vorherigen Punkte abgehandelt worden waren, einigten sich die Bürgervertreter auf Mittwoch, 5. Juli, für die Durchführung einer Einwohnerversammlung mit "umfassendem Informationsangebot" wie es hieß.
Das Datum des Bürgerentscheids kurz vor den Sommerferien gebe der Verwaltung genug Zeit, um sowohl die Broschüren als auch die Infoveranstaltung vorzubereiten. Gleichzeitig werde es auch nicht so sein, dass die Bürger in der Diskussion um die Windkraft sich selbst überlassen sind. Nach dem Beschluss für einen Bürgerentscheid werde die RWE als von der Gemeinde favorisierter Projektierer "voraussichtlich selbst in der Öffentlichkeit auftreten und weitergehend über die Planungen informieren".
Wie zu erfahren war, hat sich die RWE im Rahmen des von der Kommunalberatung Rheinland-Pfalz durchgeführten Interessenbekundungsverfahrens gegen fünf Mitbewerber durchgesetzt. Kommunalberater Dennis Sartorius zufolge waren insgesamt zwölf Unternehmen ausgewählt und zur Teilnahme aufgefordert worden. Bis Ende Februar hatten sechs Bieter konkrete Angebote vorgelegt. "Die beteiligten Unternehmen wussten untereinander nicht, wer beteiligt war", informierte Sartorius den Gemeinderat.
Es habe mehrere Wertungskriterien gegeben, bei denen maximal 100 Punkte erreicht werden konnten. Die RWE sei mit 96,60 Punkten der klare Sieger. Zum Vergleich: Der öffentlich nicht namentlich genannte Zweitplatzierte kam auf 87,63 Punkte. Die Kriteriengruppen lauteten "Wirtschaftlichkeit", "Betreiberkonzept und Windparklayout" sowie "Wertschöpfung vor Ort". Die Gemeinde könne sich bei Zustandekommen eines Vertrags mit der RWE über Einnahmen von rund 250.000 Euro pro Windrad und Jahr einstellen. In Summe wären dies also etwa 1,5 Millionen Euro jährlich.
Verlockend für die Bürger dürfte zudem erstens die angekündigte Entwicklung eines Bürgerstromtarifs sein. Und zweitens plant die RWE, Bürgersparbriefe mit einem Gesamtvolumen von einer Million Euro und einer garantierten Mindestverzinsung in Höhe von 3,5 Prozent über dem marktüblichen Zinssatz anzubieten.
Aus vier Windrädern werden sechs
Bürgermeister Maik Brandt machte in der Sitzung des Gemeinderats am Mittwochabend keinen Hehl daraus, dass "der Blick auf die Thematik Windenergieanlagen" vor gar nicht allzu langer Zeit noch ein anderer war. Diese Aussage gelte "landauf, landab", aber speziell eben auch in Meckesheim. Hier war bei einer gemeinderätlichen Diskussion 2018 noch die Meinung vertreten worden, die Errichtung von Windrädern im Wald sei "ein Verbrechen an der Natur". Nun stellte Brandt allerdings fest: "Mehrere sich überlappende Krisen haben ein Umdenken in der Bevölkerung und in den einzelnen Gremien bewirkt."
Der Bürgermeister erinnerte daran, dass die aktuelle Initiative für einen Meckesheimer Windpark von der Firma Abo Wind AG aus Wiesbaden ausgegangen war. Mit dieser zusammen hatte die Gemeinde wie berichtet eine sogenannte "Weißflächenanalyse" durchgeführt. Die Abo Wind AG wird bekanntlich den Windpark "Dreimärker" auf den Gemarkungen Spechbachs, Epfenbachs und Lobbachs realisieren. Für Meckesheim hatte das Unternehmen ein Potenzial von vier Windrädern ausgemacht.
Doch diese ursprüngliche Planung auf dem Reißbrett mit vier Windrädern ist zwischenzeitlich schon wieder überholt. Wenn der Bürgerentscheid am 23. Juli zugunsten einer Projektfortsetzung ausfällt, plant die RWE Wind Onshore & PV GmbH mit sechs Windrädern auf Meckesheimer Gemarkung. Diese sechs Anlagen könnten es, so war es den Sitzungsunterlagen zu entnehmen, unter Idealbedingungen auf eine Gesamtleistung von knapp 40 Megawatt bringen. Kommunalberater Dennis Sartorius räumte allerdings ein, dass die dafür nötige Vollauslastung im Süden Deutschlands nicht erreicht werde.
Um eben solche immer wieder diskutierten Punkte "qualitativ gut" aufzuarbeiten, hole sich die Gemeinde mit dem Forum "Energiedialog BW" Unterstützung ins Boot, so Brandt. Hierbei handelt es sich um eine seit 2016 vom Land Baden-Württemberg finanzierte Einrichtung, welche den Kommunen bei der Umsetzung der Energiewende unter die Arme greifen soll. Fachleute stehen dafür zur Verfügung. Einer dieser Experten, der in Meckesheim tätig wird, ist Jakob Lenz. Er erklärte den Gemeinderäten und den zahlreichen interessierten Bürgern, dass seine Funktion und die seiner Kollegen in der Moderation von Veranstaltungen sowie in der Klärung von fachlichen Streitfragen bestehe. Der Gemeinde fallen für diese Leistungen keine Kosten an.
Erfahrungen haben die Experten vom "Energiedialog BW" unter anderem in Eberbach gesammelt. Dort war im Vorfeld des Bürgerentscheids über die Verpachtung von Stadtflächen für Windkraft am "Hebert" eine 16-seitige Broschüre erarbeitet worden. So etwas soll es auch in Meckesheim geben.
> Die RWE Wind Onshore & PV GmbH mit Sitz in Hannover ist Teil des 1898 gegründeten Essener Großkonzerns RWE. Dieser gehört zu den vier größten Energieversorgern in Deutschland. Die Abkürzung RWE steht für Rheinisch-Westfälisches Elektrizitätswerk. Das Unternehmen sieht sich selbst als "Super Player" der Erneuerbaren Energien.
"Sowohl im Bereich Onshore-Windkraft als auch im Solargeschäft gehören wir europaweit zu den größten Stromerzeugern", heißt es auf der Firmen-Homepage. Mit dem Begriff "onshore" wird die Energiegewinnung aus Wind auf dem Festland bezeichnet. Im Gegensatz dazu steht die "Offshore"-Energiegewinnung durch Windkraftanlagen "vor der Küste", also auf dem offenen Meer.
"Windenergie ist das Rückgrat der deutschen Energiewende", sagt RWE. Das Unternehmen entwickelt nach eigenen Angaben seit über 25 Jahren Windparks. Ein bei der Errichtung von Windrädern immer wieder diskutierter Aspekt ist der Artenschutz. RWE verspricht: "Windparks an Land werden in Einklang mit den genehmigungsrechtlichen Standards für Natur- und Artenschutz betrieben. Dazu gehört auch der Schutz Windkraft-gefährdeter Flugtiere."