Meckesheim

Die Windräder kommen, wenn die Bürger es wollen

Ob die vom Gemeinderat beschlossenen Maßnahmen umgesetzt werden, hängt vom Votum der Einwohner bei einem Bürgerentscheid ab.

29.07.2022 UPDATE: 29.07.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 56 Sekunden
Karte: Openstreetmap/RNZ-Repro

Von Meike Paul

Meckesheim. Die Windkraft-Nutzung soll nun auch in Meckesheim vorangetrieben werden. Der Gemeinderat hat dazu in seiner jüngsten Sitzung ein Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht. Am Ende sollen dann die Bürger entscheiden, ob sie der Vermarktung von Gemeindeflächen für den Bau von Windkraftanlagen zustimmen. Das heißt auch: Alle zu diesem Thema in der Vergangenheit getroffenen Beschlüsse kommen auf den Prüfstand. Und: Im Gegensatz zum Vorgehen in anderen Kommunen wie beispielsweise in Spechbach, ist von vornherein eine direkte Beteiligung und Einflussnahme der Bürger vorgesehen.

Dass man angesichts der angespannten Energielage zukunftsfähig bleiben sollte, darüber herrschte Konsens: Die Gremienmitglieder beauftragten die Gemeinde, mit der Kommunalberatung der GT-Service Rheinland-Pfalz GmbH oder einem vergleichbaren Büro Kontakt aufzunehmen und den Bau von Windkraftanlagen voranzubringen. Im September soll dann in nicht-öffentlicher Sitzung die Beauftragung, Durchführung und Begleitung der Maßnahme beschlossen werden.

Weiteres Ziel ist das Einberufen einer Einwohnerversammlung sowie einen Kriterienkatalog zu erstellen. Die endgültige Entscheidung soll, wie eingangs erwähnt, ein Bürgerentscheid bringen.

Apropos Bürger: Noch vor Beginn der Gemeinderatssitzung machte Bürgermeister Maik Brandt von seinem Hausrecht Gebrauch und sprach einen Platzverweis aus. Beinahe wäre es auch zu einem Polizeieinsatz gekommen, weil ein Vertreter der Spechbacher Initiative "Pro Landschaftsschutz" die Gemeinderatssitzung nutzen wollte, um Flyer und Broschüren zu verteilen sowie seine Haltung gegen die Installation von Windkraftanlagen kundzutun. Auch die Bürgerfragestunde nutzte ein weiteres Mitglied der Initiative, um auf das Thema aufmerksam zu machen.

Auch interessant
Epfenbach: Initiative will Bürgerentscheid gegen Windkraft
Spechbach: Die Unterschriften gegen den Windpark kamen wohl zu spät
Meckesheim: Ist der Windpark im Wald ein Verbrechen an der Natur?

Der Mann zeigte sich verwundert über die gedankliche Kehrtwende, welche die Gemeinde im Vergleich zu 2018 vollzogen hat. Wie später zu erfahren war, hat die Firma Abo Wind AG im Juni ihr konkretes Interesse an einem Windpark auf der Gemarkung Meckesheim bekundet. Das Unternehmen aus Wiesbaden wurde wie berichtet bereits mit dem Windpark-Projekt "Dreimärker" auf Gemarkung Spechbach, Epfenbach und Lobbach betraut. Geplant sind hier vier Windkraft-Anlagen. Was Meckesheim betreffe, sei mit der Abo Wind AG bereits eine "Weißflächenanalyse" durchgeführt worden, die auch hier Potenzial für vier Windräder sieht. Das Gebiet dafür befindet sich in den Distrikten Mühlbach, Salzberg und Langental.

Die von der Verwaltung vorgeschlagenen Verfahrensschritte seien vom Gemeinderat nicht-öffentlich ausführlich vorberaten worden. Zwischen den Fraktionen bestehe Einvernehmen, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien unumgänglich sei (siehe weiterer Artikel) und dass man sich mit der Windkraft auch auf Meckesheims Gemarkung befassen müsse. Wichtig sei es, die Schritte auf diesem Weg transparent und unter Einbeziehen der Bürger zu gehen. Dies in einem Bürgerentscheid gipfeln zu lassen, wurde nur von Hans-Jürgen Moos (SPD) in Zweifel gezogen. "Diese Entscheidung sollte vertagt oder umformuliert werden", so der Fraktionssprecher.

Sowohl Letzteres als auch die eingangs geschilderten Ereignisse rund um die Bürgerinitiative (BI) sorgten dafür, dass sich ein Vertreter dieser Initiative bei der RNZ meldete. Sein Fazit des Abends lautete: "Wir sind fassungslos. Das ganze Verhalten ist zutiefst undemokratisch. Meinung ist erlaubt, sofern es die richtige ist." Die BI sorge sich um Natur, Landschaftsbild und Gesundheit. Den Beitrag der Windkraft zur Energieerzeugung sehe man dabei kritisch.


Hintergrund:

> Die Windkraft beschäftige die Gemeinde schon "seit einigen Jahren", meinte Bürgermeister Maik Brandt in der jüngsten Gemeinderatssitzung. Die RNZ gibt in Auszügen einen Überblick über die bisherigen Ereignisse:

September 2003: Der damalige Gemeinderat spricht die Empfehlung an den Gemeindeverwaltungsverband (GVV) Elsenztal aus, eine rund 20 Hektar große Fläche im Gewann "Brüchel" in den Flächennutzungsplan aufzunehmen und als Fläche für Windenergieanlagen auszuweisen.

Oktober 2011: Der Gemeinderat wird vom Verband Metropolregion Rhein-Neckar darauf hingewiesen, dass sich die 20 Hektar große Fläche zwar nach wie vor im damals gültigen Flächennutzungsplan befinde, diese aber Messungen zufolge nicht der beste Standort auf der Gemarkung sei. Die Räte stimmen daraufhin der Ausweisung einer weiteren Vorrangfläche im Distrikt Mühlbach zu und erweitern die bereits im Flächennutzungsplan enthaltene Fläche in Richtung des im Nordwesten gelegenen Waldes. Die Vorrangfläche umfasst nun 30 Hektar.

Mai 2013: AW Energie und Wirsol Rhein-Neckar stellen dem Gemeinderat eine Windenergieplanung für den Bau von vier Anlagen vor. Das dafür vorgesehene Vorranggebiet befindet sich fast zu 100 Prozent im Wald und ist auf 47,8 Hektar angewachsen.

Juli 2013: Die Kostenbeteiligung der Gemeinde an einer Untersuchung der Windverhältnisse wird vom Gemeinderat abgelehnt. Der Standort sei so zu wählen, dass keine dauerhaften Schäden am Waldbestand erfolgen.

Mai/Juni 2018: Der Verband Metropolregion wird dazu aufgefordert, die ursprüngliche, 30 Hektar große Vorrangfläche statt der 47,8 Hektar wieder in den Flächennutzungsplan aufzunehmen. Da sich die Landesvorgabe bezüglich des Abstands zur Wohnbebauung von 750 auf 1 000 Meter erhöht hat, ist dies aber nicht möglich.

Oktober 2019: Das Vorranggebiet "Brüchel" fliegt aus dem Flächennutzungsplan, da die Windverhältnisse deutlich zu schlecht sind. Bis Juli 2022 ist das Thema damit vom Tisch. lew

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.