St. Leon-Rot

Gewerbesteuer-Hebesatz steigt auf 300 Prozent

Damit liege die Gemeinde aber immer noch an zweitniedrigster Stelle im Kreis, hieß es im Rat. Vorher habe man Geld "verschenkt".

11.02.2023 UPDATE: 11.02.2023 06:00 Uhr 1 Minute, 47 Sekunden
Unternehmen mit Standorten in St. Leon-Rot müssen künftig einen höheren Gewerbesteuersatz an die Gemeinde zahlen. Foto: Pfeifer

St. Leon-Rot. (seb) Für die meisten war es ein großer, von Bedenken begleiteter, aber unumgänglicher Schritt: St. Leon-Rots Gemeinderat hat in der jüngsten Sitzung den Hebesatz für die Gewerbesteuer erhöht: von 280 auf 300 Prozent.

"Wir haben es uns nicht leicht gemacht", hob Bürgermeister Alexander Eger hervor, als auch diverse andere Schritte, die Kosten zu senken und die Einnahmen zu erhöhen, beschlossen wurden. Das Haushaltsloch von inzwischen rund 85 Millionen Euro, bestehend aus Steuerrückzahlungen und fehlenden Einnahmen, zwinge Rat und Verwaltung auf einen "Weg, der noch nicht abgeschlossen ist".

Hintergrundinformationen teilte Kämmerer Ludwig Kudis mit. Die Gewerbesteuer werde nicht von Unternehmen gezahlt, denen es schlecht gehe, sondern nur auf Gewinne erhoben, außerdem werde die Zahl der Beschäftigten in der Gemeinde mit in die Berechnungen einbezogen.

Zudem gelte eine Bagatellgrenze von 24.500 Euro im Jahr. Dem Kämmerer zufolge gibt es überraschend viele Gewerbeanmeldungen in der 14.000-Einwohner-Gemeinde: 1403 nämlich, dazu zählen aber auch Kleinstgewerbe. Nur 366 davon zahlten überhaupt Gewerbesteuer, so Kudis, und davon sei nur etwas über ein Prozent für 90 Prozent des Gewerbesteueraufkommens verantwortlich. 1,8 Millionen Euro an Mehreinnahmen erwartet Kudis aus der Steuererhöhung, "davon bleiben nach Umlagezahlungen 720.000 Euro".

Mit der Steigerung des Hebesatzes auf 300 Prozent sei St. Leon-Rot immer noch sehr günstig, betonten die Fraktionen. Nur in Walldorf sei der Hebesatz natürlich noch niedriger, aber mit der dortigen Einnahmesituation habe man sich noch nie vergleichen können und schon gar nicht mehr jetzt. Mit 300 Prozent zieht man gleich mit Heddesbach, hieß es, der kleinsten Gemeinde im Kreis mit sehr viel weniger Ausgaben.

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Der Gewerbesteuer-Hebesatz von 280 Prozent sei quasi "eine Subventionierung der Unternehmen durch die Gemeinde" gewesen, erklärte Tobias Rehorst. Denn dem kommunalen Finanzausgleich, den Umlagezahlungen an Kreis und Land, liege ein Hebesatz von 290 zugrunde: Man habe mehr gezahlt, als eigentlich Pflicht.

Als die Einnahmen noch um einiges höher waren, habe St. Leon-Rot das gern gemacht, um den Standort für Unternehmen attraktiv zu machen. "Für einen tragfähigen Haushalt ist die Erhöhung notwendig", so Rehorst.

"Uns bleibt nichts anderes übrig", meinte auch Achim Schell (CDU). Die 280 Prozent seien eine Art Wirtschaftsförderung gewesen, die jetzt nicht mehr möglich sei. Er erinnerte daran, dass St. Leon-Rot für ein Jahr sogar einen Hebesatz von 270 Prozent hatte, "das passte aber gar nicht", derart draufzuzahlen, habe man sich auf Dauer nicht leisten können.

"Grenzwertig" nannte Roland Hecker (FDP) den 300er-Hebesatz. Er zog den Vergleich mit Walldorf (265 Prozent), Wiesloch (360 Prozent) und Leimen (380 Prozent) und meinte, sicher sei der Hebesatz nicht der einzige Standortvorteil. Aber gerade bei den jetzigen Einnahmensteigerungen und Ausgabenkürzungen müsse man das Gleichgewicht wahren, nur Steuern und Abgaben zu erhöhen, sei "ein fataler, falscher Weg".

"Wir haben jährlich eine Million Euro verschenkt", brachte Marina Krenzke die entgangenen Einnahmen durch den niedrigen Hebesatz auf den Punkt. Rouven Dittmann meinte, mit 300 Prozent sei man "immer noch am unteren Ende", auch Wolfgang Werner (SPD) stimmte zu.

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