Ortsdurchfahrt Bofsheim

Starker Lkw-Verkehr sorgt schon lange für Unmut der Anwohner

"Fährt ein Lkw vorbei, wackelt es ordentlich". Blitzer sollen den Verkehr verlangsamen.

08.02.2023 UPDATE: 08.02.2023 06:00 Uhr 3 Minuten, 16 Sekunden
4000 bis 5000 Kraftfahrzeuge, darunter rund 400 Lkw, rollen jeden Tag über die Brückenstraße in Bofsheim. Der starke Verkehr ist den Bürgern schon seit Langem ein Dorn im Auge. Foto: Dominik Rechner

Bofsheim. (dore) Werner Geiger blickt auf ein Haus in der Bofsheimer Ortsdurchfahrt, das besonders stark durch den Verkehr belastet ist. "Ich war hier selbst schon im Wohnzimmer, wenn da ein Lkw vorbeifährt, wackelt es ordentlich", sagt der Ortsvorsteher beim Vor-Ort-Termin mit der RNZ. "Die fahren hier teilweise zwei Meter an der Haustür vorbei."

Das Thema ist kein neues: Schon seit langer Zeit sorgt der starke Verkehr in ihrem Ort für Unmut bei den Bofsheimer Bürgern. "Wir werden uns in einer der nächsten Ortschaftsratssitzungen auch wieder damit befassen", so Geiger.

4000 bis 5000 Kraftfahrzeuge rollen laut Geiger jeden Tag durch die Brückenstraße, darunter rund 400 Lkw. Dazu komme, dass durch die Unebenheit der Straße der Lärm noch verstärkt werde. "Das ist eine starke Belastung für die Anwohner, Es gibt immer wieder Klagen, die mich erreichen", erklärt Geiger. Schon im Jahr 2020 gab es deshalb eine Unterschriftenaktion, an der sich über 100 Bürger beteiligten, mit der Forderung, durch den Ort eine "30er-Zone" einzurichten.

Die Liste überreichte damals Initiatorin Ingrid Frey bei einer Verkehrsschau an Harald Steinbach vom Fachdienst Straßen des Landratsamtes. Daraufhin seien auch schon Maßnahmen ergriffen worden, berichtet Geiger: "Es wurden Leitpfosten auf dem Gehweg und eine Geschwindigkeitsanzeige aufgestellt." Das habe zumindest bewirkt, dass nicht mehr so viele Lkw auf den Gehweg fahren wie zuvor.

Der Ortsvorsteher stellt aber auch klar: "Diese Maßnahmen reichen nicht aus!" Bei "Tempo 30" sei man noch nicht weitergekommen, eine Entscheidung habe die zuständige Behörde noch nicht gefällt. Tatsache sei aber: Nach den bestehenden Vorgaben des Landes müssten täglich 8200 Fahrzeuge gezählt werden, um eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 Kilometer pro Stunde durchsetzen zu können.

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Das Festhalten an diesem Wert hält Geiger jedoch für wenig sinnvoll. Er meint: "Man muss von Fall zu Fall unterscheiden, wie die Belastung für die Anwohner vor Ort ist, und danach entscheiden." Für Geiger wäre es schon eine Verbesserung, wenn die Geschwindigkeitsbegrenzung auf die Nachtzeit beschränkt werden könnte.

Die Straßenverkehrsordnung sieht jedoch für geschlossene Ortschaften 50 km/h vor. Ausnahmen gibt es für Lärmschutz oder unter bestimmten Auflagen vor Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern oder ähnlichen Einrichtungen. Das trifft auf die Brückenstraße in Bofsheim aber nicht zu. Aus Gründen der Verkehrssicherheit kann die Verkehrsbehörde nur dann Tempolimits in Ortsdurchfahrten anordnen, wenn "eine konkrete Gefahrenlage vorliegt und ein über das normale Maß hinausgehendes Unfallrisiko besteht und es keine andere Möglichkeit gibt, die Verkehrssicherheit zu verbessern", heißt es beim Verkehrsministerium des Landes. Ob das eine Möglichkeit in Bofsheim für "Tempo 30" ist?

Ortsvorsteher Werner Geiger bringt einen anderen Vorschlag ins Spiel, und zwar den des Deutschen Städtetags. Dessen Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy sagte dieser Tage: "Die Städte sollen ,Tempo 30‘ in bestimmten Gebieten oder für einzelne Straßen anordnen können, ohne dafür aufwendige besondere Gefahrensituationen nachweisen zu müssen." Man brauche mehr Handlungsfreiheit vor Ort, zum Beispiel für sichere Schulwege für die Kinder.

Solange die Straßenverkehrsordnung nicht geändert wird, scheint "Tempo 30" in der Bofsheimer Ortsdurchfahrt nicht besonders realistisch. Was das Thema Blitzer, die den Verkehr verlangsamen sollen, betrifft, zeigt sich Werner Geiger dagegen optimistischer: "In Bödigheim und Zimmern stehen zum Beispiel auch Blitzer, und bei uns ist die Situation nicht besser.

Zwei wären nach unserer Vorstellung optimal: Jeweils einer an den Ortseingängen. Einer muss es aber mindestens sein." Er hoffe, dass es hier in diesem Jahr noch zu einer Entscheidung kommt. Die Stadt Osterburken habe für 2023 zumindest schon einmal die Mittel dafür im Haushalt eingeplant.

Sorgen bereitet den Bofsheimern auch die mögliche Ansiedlung des überregionalen Paketzentrums der DHL westlich des Regionalen Industrieparks Osterburken. Wie Jörg Henke, Abteilungsleiter Immobilien und Sortierung der Deutschen Post/DHL Group, in der Bürgerinformationsveranstaltung im November informiert hatte, sei für das Paketzentrum im Durchschnitt mit 770 Lkw pro Tag zu rechnen, wobei die Zahl in der Zeit vor Weihnachten um bis zu 40 Prozent ansteige.

So sei in der letzten Woche vor Weihnachten mit 1050 Lkw am Tag zu rechnen. Ortsvorsteher Werner Geiger meint jedoch: "Man muss mit rund 1500 Lkw am Tag rechnen, denn die 770 Lkw fahren ja auch wieder zurück." Nicht nur Bofsheim, auch Osterburken und andere Orte würden mit Sicherheit mit diesem zusätzlichen Verkehr belastet, wenn das DHL-Paketzentrum realisiert werde.

Die Strecke würde als Abkürzung zum "langen Handtuch" in Richtung Frankfurt genutzt. Die Autobahnanschlussstelle bei Osterburken würden viele Lkw dagegen nicht nutzen. Die vorhandene Verkehrsinfrastruktur sei nicht so, dass noch viel Verkehr aufgenommen werden könne, sagt Geiger.

Michael Gierse vom Planungsbüro Ingenieurgesellschaft Gierse-Klauke hatte in der Informationsveranstaltung dagegen erklärt, dass man durch bauliche Zwangsführungen – zum Beispiel durch eine Verengung oder eine Höhenbeschränkung – dafür sorgen werde, dass Lkw, die das Paketzentrum verlassen, nur Richtung Autobahn und nicht Richtung Osterburken abbiegen können.

Für Lkw, die das Paketzentrum anfahren, könnte man dies nicht realisieren, da ja zum Beispiel Rettungsfahrzeuge ungehindert durchkommen müssten. Henke hatte damals auch angemerkt, dass man "keine 100-prozentige Garantie" geben könne, dass Ortsdurchfahrten vermieden werden. "Wir können nicht bei den Lkw-Fahrern im Führerhaus mitfahren."

Jörg Stegemann von der DPDHL Real Estate Deutschland GmbH hatte jedoch versichert: "Wir werden alles vertraglich so vereinbaren und daran setzen, dass Ortsdurchfahrten vermieden werden."

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