Lkw sollen nicht durch Ortschaften fahren
Bürgerinformationsveranstaltung zum geplanten DHL-Paketzentrum. Viele Fragen wurden beantwortet.

Osterburken. (ahn) Mindestens 200 Millionen Euro will die Deutsche Post/DHL Group in ein neues Paketzentrum an der B292 zwischen dem Industriegebiet RIO und der A81 bei Osterburken investieren. 400 Arbeitsplätze sollen dann auf der 17 Hektar großen Fläche entstehen. Bis es so weit ist, wird es allerdings noch eine Weile dauern, die Planungen stehen noch am Anfang. Ein guter Zeitpunkt also, um die Bürger mit ins Boot zu holen. Deshalb fand am Donnerstag in der Baulandhalle eine Informationsveranstaltung statt, bei der die Bürger "zu dieser wichtigen Angelegenheit Fragen stellen, aber auch Anregungen und Bedenken äußern" konnten, wie Bürgermeister Jürgen Galm sagte, nachdem er die rund 150 Interessierten – darunter viele von auswärts – sowie die Experten der Deutschen Post/DHL Group begrüßt hatte.
Die Verkehrssituation
Vor allem bei der Verkehrsführung gab es erwartungsgemäß kritische Nachfragen seitens der Bürger. Zuvor versicherte Jörg Henke, Abteilungsleiter Immobilien und Sortierung, bei seiner Präsentation: "Der Verkehr wird nicht durch die Ortsdurchfahrten fahren." Dies betreffe sowohl den Regionalverkehr, also den Verkehr "etwa 30 Kilometer um das Paketzentrum herum" zu den Zustellstützpunkten, zu Filialen oder zu Kunden, als auch den Fernverkehr.

Beim Regionalverkehr würden "vorwiegend posteigene Fahrer" eingesetzt, wie Henke versicherte. "Diese würden dann von der Niederlassung aus gesteuert werden. Damit können wir schon bei der Planung Ortsdurchfahrten vermeiden." Ausnahmen seien natürlich Kunden und Filialen, die in Osterburken angesiedelt sind, oder Fahrten zum Zustellstützpunkt im RIO. Diese würden allerdings auch jetzt schon versorgt, "die Verkehre gibt es ja bereits heute", so Henke auf Nachfrage eines Bürgers.
Eine weitere Frage aus den Reihen der Bürgerschaft betraf Speditionsfirmen oder Selbstanlieferer, die mit eigenen Lkw das Paketzentrum anfahren könnten. Diese werde es nicht geben, wie Henke versicherte. "Allein schon wegen unseres Sicherheitskonzepts wollen wir keine Fremdanlieferer auf unseren Höfen. Die Zuführung steuern wir selbst, das muss exakt organisiert werden."
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Auch beim Fernverkehr sollen Fahrten durch die umliegenden Ortschaften vermieden werden, wie Henke sagte. Für das Paketzentrum sei im Durchschnitt mit 770 Lkw pro Tag zu rechnen, wobei die Zahl in der Zeit vor Weihnachten um bis zu 40 Prozent ansteige. So sei in der letzten Woche vor Weihnachten mit 1050 Lkw am Tag zu rechnen. Da der Transport zwischen den – mit Osteburken dann 38 – Paketzentren von 20 bis 5 Uhr stattfindet, sei der Verkehr antizyklisch – also in der Nacht.
Doch wie will man gewährleisten, dass die Lkw – vor allem die, die Richtung Frankfurt fahren oder von dort kommen – die A81 sowie die A3 und nicht die B469 über das "Lange Handtuch" bis bzw. ab Aschaffenburg nutzen, wie es – so die Anmerkung einiger Bürger – viele andere Firmen handhaben?
Die Antwort der Verantwortlichen der Post: Es lohnt sich nicht. "Zwar ist die Strecke über die Autobahn länger, allerdings besteht kein zeitlicher Vorteil", so Henke. Zur Veranschaulichung zeigte er in seiner Präsentation ein Screenshot von Google Maps: In der Tat zeigte hier die Routenplanung für die Strecke zwischen Aschaffenburg und Osterburken über die Autobahn eine Fahrzeit für Pkw von 67 Minuten, über das "Lange Handtuch" hingegen 78 Minuten an.
Das Problem dabei: Bei Google Maps wird über eine Live-Erkennung die Verkehrslage miteinberechnet. Das heißt, die angezeigten Fahrzeiten variieren je nach Verkehrsaufkommen. So ergeben Stichproben ein anderes Bild: Am Donnerstagabend um 22 Uhr betrug die Fahrzeit über die Autobahn 70 Minuten, während für die Strecke über das "Lange Handtuch" nur 69 Minuten angezeigt wurden. Am gestrigen Freitag wurden um 11 Uhr folgende Fahrzeiten angezeigt: 73 Minuten über die Autobahn und 76 Minuten über das "Lange Handtuch".
Dessen ungeachtet hätten konzerninterne Untersuchungen ergeben, dass DHL-Lkw, die von Frankfurt zum Paketzentrum nach Köngen bei Esslingen fahren, auch heute nicht den Weg über das "Lange Handtuch" nutzten, wie Henke informierte. Dies werde auch bei Osterburken der Fall sein. Denn: "Ansonsten würde uns das 30 Minuten mehr Fahrzeit und natürlich mehr Sprit kosten", so Henke.
Und was ist, wenn die Autobahn gerade im zweispurigen Bereich "zu ist", wie ein Bürger fragte? "Dann fahren alle über die Bundesstraße, so dass diese auch zu ist", argumentierte Henke. Außerdem fahre man ja vor allem in der Nacht. "Da sind die Engstellen nicht so sehr frequentiert."

Außerdem werde man durch bauliche Zwangsführungen – zum Beispiel durch eine Verengung oder eine Höhenbeschränkung – dafür sorgen, dass Lkw, die das Paketzentrum verlassen, nur Richtung Autobahn und nicht Richtung Osterburken abbiegen können, wie Michael Gierse vom Planungsbüro Ingenieurgesellschaft Gierse-Klauke informierte. Für Lkw, die das Paketzentrum anfahren, könnte man dies nicht realisieren, da ja z. B. Rettungsfahrzeuge ungehindert durchkommen müssten.
Der öffentliche Verkehr werde durch Beschleunigungs- und Abbiegestreifen vom DHL-Verkehr kaum tangiert. Weitere Maßnahmen wie etwa am Autobahnanschluss müssten dann Verkehrsgutachten festlegen.
Abschließend merkte Henke noch an, dass man "keine 100-prozentige Garantie" geben könne, dass Ortsdurchfahrten vermieden werden. "Wir können nicht bei den Lkw-Fahrern im Führerhaus mitfahren." "Wir werden jedoch alles vertraglich so vereinbaren und daran setzen, dass Ortsdurchfahrten vermieden werden", so Jörg Stegemann von der DPDHL Real Estate Deutschland GmbH.
Der Standort
"Wir halten den Standort bei Osterburken für ideal", sagte Stegemann. Oberhalb des RIO auf der linken Seite der B292 Richtung Auffahrt zur A81, die etwa ein Kilometer entfernt ist, soll eine 27.000 Quadratmeter große Halle in U-Form entstehen. Dazu gibt es einen Verwaltungstrakt mit rund 2200 Quadratmetern. Außerdem sollen 348 Parkplätze für die Belegschaft sowie 38 Lkw-Ruheplätze mit Sanitäranlagen geschaffen werden.
Auf Nachfrage eines Bürgers erklärte Michael Gierse, dass das Gelände über einen vorhandenen Waldweg vom RIO aus mit Strom-, Gas-, Wasser-, Abwasser- und Telekomleitungen erschlossen werden könnte. Da das Gelände etwas tiefer liegt als die B292, werde man einen Sichtschutzwall installieren sowie Bäume anpflanzen, wie Michael Gierse informierte. "Dadurch wird das Paketzentrum von der Straße kaum einsehbar sein." Außerdem werde es sich sehr gut in die Umgebung einfügen, wie Architektin Sigrid Mirus hinzufügte. Dafür werde man zum Beispiel statt der gelben Branding-Farbe grüne Farben für die Außenfassade verwenden.
Der Umweltschutz
Apropos grün: Für die geplante Umrüstung der Lkw-Flotte auf Gas- bzw. Elektroantrieb werden eine Gastankstelle sowie Ladestationen installiert. Außerdem sind eine Dachbegrünung sowie eine Fotovoltaikanlage in Kombination mit Regenwasserspeicherung vorgesehen. Geheizt werden soll mittels einer Wärmepumpe und Fußbodenheizung. Neben einem umfangreichen Begrünungskonzept werde man auch für die Kompensation der benutzten Waldflächen durch ökologische Ausgleichsflächen sorgen. In diesem Zuge werde man sich auch um den Erhalt von Kröten und anderen Tieren kümmern.
Die Vorteile für Osterburken
400 Arbeitsplätze würde das Paketzentrum schaffen. "Das sind Vollzeitarbeitskräfte, die vom Tarifvertrag der Deutschen Post AG und von unseren flexiblen Arbeitszeiten profitieren", sagte Stegemann. Darüber hinaus sorgten die neuen Beschäftigten für eine gewisse Kaufkraftsicherung. Für die Mitarbeiter, die mit dem Zug fahren, würde man einen entsprechenden Shuttle einrichten. "Das ist auch eine Chance, den ÖPNV weiter auszubauen", so Stegemann. Außerdem wolle man sich in Sachen Stadtmarketing und Zusammenarbeit mit dem Gewerbeverein einbringen.
Dann gibt es natürlich noch den finanziellen Aspekt für die Stadt. "Wir werden ab dem ersten Tag Gewerbesteuer zahlen", versprach Stegemann. Auch auf Nachfragen von Bürgern wollte er keine "Hausnummer" nennen. Aber es sei für beide Seiten ein "attraktives Geschäft". Wie eine junge Bürgerin sagte, sehe sie das Paketzentrum als eine langfristige Chance für die junge Generation.
Wie geht es weiter?
"Der Gemeinderat wird nun eine Grundsatzentscheidung treffen", sagte Galm. Bei einer positiven Entscheidung sei das Ziel, im Sommer 2024 mit dem Bau zu beginnen, wie Sigrid Mirus informierte. Die Fertigstellung, die dann mit einem Tag der offenen Tür gefeiert werden soll, plane man für Mitte 2026. Galm sagte, dass man wohl eher mit einer Planungszeit von drei Jahren rechnen müsse.
Abschließend dankte der Bürgermeister den Bürgern für die sachlichen Fragen.