Wirte sollen auch 2023 draußen mehr Tische aufstellen dürfen
Weiter "südeuropäisches Flair" für Heidelberg: Die Gastronomen freuen sich. "Linda" wünscht sich "differenzierte Maßnahmen".

Von Philipp Neumayr und Steffen Blatt
Heidelberg. Mehr Platz unter freiem Himmel für die Heidelberger Gastronomie soll es auch 2023 geben. Über diesen Vorschlag der Stadtverwaltung entscheidet der Gemeinderat am Donnerstag. Demnach sollen Wirte auch weiterhin ihre Außenbewirtschaftung über die vor der Pandemie geltenden Flächen hinaus erweitern können. Obendrein müssen sie dafür, wie schon in den vergangenen Jahren, 75 Prozent weniger Gebühren zahlen als noch vor Corona. Die Stadt verzichtet dadurch auf rund 300.000 Euro an Einnahmen in 2023.
Als Grund führt die Verwaltung die nach wie vor großen Belastungen für die Gastronomie an. Infolge der Pandemie hätten die Betreiber ihre Umsatzerwartungen bereits deutlich nach unten korrigieren müssen. Durch den Krieg in der Ukraine, die gestiegenen Energiepreise, die hohe Inflation sowie Produktions- und Lieferengpässe hätten sich die Bedingungen für die Betriebe nun noch einmal zusätzlich erschwert.
Um sowohl die Gastronomie als auch den Handel zu entlasten, wolle man die "Wirtschaftsoffensive" fortführen. In deren Rahmen durfte die Gastronomie bereits in den vergangenen drei Jahren ihre Außenflächen erweitern.
Die Lockerung der Regeln für die Außenbewirtschaftung hat sich laut Stadtverwaltung in den Corona-Jahren bewährt. Es habe sich gezeigt, dass "die überwiegende Anzahl an Unternehmen verantwortlich" damit umgegangen sei. "Entsprechend wurden die Vorgaben gut erfüllt und auch auf die Qualität der Umsetzung wurde Wert gelegt."
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Die erweiterte Außengastronomie habe den Betrieben nicht nur geholfen, sondern sei auch für das Stadtbild und die Nachbarschaft "zuträglich" gewesen, habe "an vielen Stellen zu einer zuvor nicht vorhandenen Urbanität" geführt.
Bei den Gastronomen selbst kommt der Vorschlag der Verwaltung gut an. "Das ist auf jeden Fall eine Entlastung", sagt Benjamin Hauck, der gemeinsam mit seiner Partnerin Kim Phan das "Café Hörnchen" betreibt. Die Kneipe am Heumarkt ist zwischen Frühjahr und Herbst auf die Außengastronomie angewiesen. Im Inneren gibt es gerade einmal 25 Sitzplätze, draußen hingegen finden bei voller Bestuhlung bis zu 80 Menschen Platz.
Seit der Pandemie kann das "Hörnchen" nicht mehr nur unmittelbar vor der eigenen Tür, sondern auch auf der gegenüberliegenden Straßenseite bestuhlen. Geht es nach Betreiber Hauck, soll das auch in diesem Jahr der Fall sein. "Jeder zusätzliche Gast ist für uns ein Mehrwert."
Ähnlich sieht es Jan Rische, der Geschäftsführer des "Hemingway’s" in der Fahrtgasse in der vorderen Altstadt. Auch sein Betrieb hat in den vergangenen beiden Jahren Tische auf dem gegenüberliegenden Gehweg aufgestellt – zunächst, um die "luftigere" Bestuhlung auf der betriebseigenen Terrasse auszugleichen, damit in Corona-Zeiten Abstände besser eingehalten werden konnten.
Im vergangenen Jahr dann, um fünf Tische mehr anbieten zu können. "Wir sind auf den zusätzlichen Umsatz angewiesen und begrüßen es absolut, wenn wir auch in diesem Jahr diese Möglichkeit bekommen", sagt Rische. Die finanzielle Unterstützung habe in der Corona-Pandemie sehr geholfen, nun würden aber zum Teil Rückzahlungen der Corona-Hilfen fällig, auch müssten Kredite bedient werden.
Für den Geschäftsführer hat die Erweiterung der Außengastronomie aber noch einen ganz anderen Effekt. "Es hat einen besonderen Charme, wenn die Gäste im öffentlichen Raum sitzen können, das sorgt für südeuropäisches Flair in Heidelberg."
Die "Maxbar" am Marktplatz hat in den Pandemie-Jahren die Außenbewirtschaftung nicht vergrößert – schlicht, weil es dort keine zusätzlichen Flächen mehr gibt. Dennoch freut sich Patron Matthias Kuhnlein über die finanzielle Entlastung bei den Gebühren, die er für die Tische und Stühle auf dem Marktplatz zahlt – denn auch dafür gilt der Rabatt. "Das hilft uns sehr, die Umsatzeinbrüche aufzufangen, die während der Pandemie entstanden sind." Er sagt aber auch: Schon im Sommer 2022 habe Corona so gut wie keine Auswirkungen mehr auf das Geschäft gehabt. "Und ich gehe davon aus, dass der Sommer 2023 auch wieder gut wird."
Verhaltener fällt die Reaktion auf den Verwaltungsvorschlag bei der Bürgerinitiative "Leben in der Altstadt" (Linda) aus. Zwar begrüße man, dass die Außengastronomie in Heidelberg gefördert werde, erklärt Doris Hemler auf RNZ-Anfrage. Allerdings hätten sie und ihre Mitstreiter sich "differenzierte Maßnahmen" gewünscht. Allen Betrieben gleichermaßen 75 Prozent Erstattung auf die Bewirtschaftung ihrer Außenflächen zu gewähren, halte sie für falsch, sagt Hemler.
Dies komme eher den größeren Gastronomen zugute, die ohnehin besser durch die Krise gekommen seien. Statt einfach "mehr Außenbewirtschaftung" wünschen Hemler und ihre Mitstreiter sich mehr Rücksicht auf die Gestaltung der freien Flächen. Auch das Stadtbild, sagt Hemler, müsse dabei berücksichtigt werden.
Was Wirte an die Stadt zahlen
Wie viel Geld Heidelberger Gastronomen der Stadt bezahlen müssen, wenn sie draußen im öffentlichen Raum Tische und Stühle aufstellen, ist im "Gebührenverzeichnis zur Sondernutzungssatzung" geregelt. Die Gebühren gelten pro angefangenem Quadratmeter. Allerdings kommt es darauf an, wo in der Stadt sich das Restaurant oder die Bar befindet – und auf die Jahreszeit. Im Folgenden sind die regulären monatlichen Gebühren aufgelistet – im Jahr 2023 reduziert die Stadt diese wie in den Vorjahren erneut um 75 Prozent:
> Am teuersten ist es im Herzen der Altstadt: Die höchste Gebühr bezahlen Gastronomen in der Kernaltstadt, also am Marktplatz, Universitätsplatz und Theaterplatz, in der Hauptstraße, am Fischmarkt, in der Steingasse, am südlichen Brückenkopf der Alten Brücke, am Karlsplatz, am Kornmarkt, in der Unteren Straße und am Heumarkt. Dort müssen die Wirte im Sommer (von Mai bis August) jeden Monat 9 Euro pro Quadratmeter, auf dem sie Tische und Stühle platzieren, an die Stadt bezahlen. Im April und September sind es noch 7,80 Euro, und zwischen Oktober und März nur 3 Euro pro Quadratmeter und Monat.
> Im Rest der Altstadt zahlen die Wirte pro genutztem Quadratmeter und Monat von Mai bis August 7,50 Euro, im April und September 6 Euro und von Oktober bis März 2,50 Euro.
> In allen andern Stadtteilen ist es noch einmal günstiger: Dort müssen Wirte für ihre Tische und Stühle im öffentlichen Raum von Mai bis August 6 Euro im Monat zahlen, im April und September 4,40 Euro – und von Oktober bis März nur 2 Euro monatlich.
> Eine Kneipe mit 50 Quadratmetern Außenbewirtschaftung zahlt also in der Kernaltstadt im Sommer 450 Euro monatlich und im Winter noch 150 Euro. Mit den um 75 Prozent reduzierten Preisen sind es nur noch 112,50 Euro (Sommer) und 37,50 Euro (Winter). In einem anderen Stadtteil muss die gleiche Kneipe im Sommer regulär 300 Euro und im Winter 100 Euro bezahlen – mit den reduzierten Sätzen nur noch 75 Euro (Sommer) und 25 Euro (Winter).