Stadt führt Gespräche mit Keglern über einen neuen Vertrag
Wegen "verdeckter Vereinsbezuschussung" kündigte der Gemeinderat das bestehende Pachtverhältnis. Fünf neue Optionen wurden zur Wahl gestellt.

Eppelheim. (fhs) Eine Grundsatzentscheidung forderte Stadtkämmerer Michael Seip vom Gemeinderat wegen des bestehenden Mietvertrags zwischen dem Kegelverein Eppelheim und der Stadt fürs Nutzen der "Classic Arena". Er erhielt sie einstimmig vom 21 anwesende Mitglieder zählenden Gremium: Die Stadt kündigt den Keglern. Die Verwaltung erhielt den Auftrag, mit dem Verein zu sprechen, welche von fünf Möglichkeiten er wählen möchte. Innerhalb von acht Wochen ist ein neuer Vertrag abzuschließen.
Auf im Schnitt 133.000 Euro bezifferte Seip in der jüngsten Gemeinderatssitzung das jährliche Defizit, das die Stadt in den vergangenen sechs Jahren bei der Kegelhalle zu tragen hatte. Hinzu kommt, dass wegen der erheblichen Verteuerung der Energiekosten dieser Fehlbetrag künftig noch größer ausfallen werde. Zeitgleich sei die Zahl der aktiven Mitglieder im Kegelverein in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen. Gemeinsam mit den Fraktionssprechern habe die Verwaltung Gespräche mit dem Verein geführt, da man diese "verdeckte Vereinsbezuschussung" beenden wolle.
Fünf Lösungsvorschläge wurden diskutiert: Die Kegler pachten die Arena weiter, zahlen nun aber 100 Prozent der anfallenden Kosten. Wahlweise nutzen die Kegler nur noch sechs der zwölf Bahnen sowie das Bistro und bezahlen neben der Pacht die Betriebskosten anteilig. Die Restfläche nutzt die Stadt für Schulmensa und Stadtbibliothek, die für das geplanten Großbauvorhaben um die Rhein-Neckar-Halle umziehen müssen.
Drittens könnten die Kegler künftig beim Allgemeinen Sportverein Eppelheim (ASV) als Pächter einsteigen. Die Stadt würde den Aus- und Wiedereinbau von sechs Kegelbahnen finanzieren. Denkbar wäre, dass die Kegler zu einer Abteilung des ASV werden und dass auch hier die Stadt den Aus- und Einbau von sechs Bahnen bezahlt. Die Kegler könnten fünftens aber auch ihren Sport in anderen Hallen in der Region ausüben, blieben aber formal ein Eppelheimer Verein und bezögen auch künftig die Vereinsförderung. Die ersten drei Möglichkeiten habe der KVE als für ihn nicht finanzierbar bezeichnet. Ein Aufgehen im ASV lehnten die Kegler ab. Eine Mitgliederversammlung verwarf zudem die Lösung Fünf, mit der der KVE-Vorstand hätte leben können.
"Niemand möchte die Kegler aus der Halle werfen, wie oftmals zu hören ist", erklärte SPD-Fraktionsvorsitzende Renate Schmidt. "Es geht darum, eine nachhaltige Lösung zu finden, bei der die immense Bezuschussung durch die Stadt drastisch reduziert wird und gleichzeitig der KVE die Möglichkeit hat, weiterhin aktiv Kegelsport zu betreiben."
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Linus Wiegand (CDU) machte darauf aufmerksam, dass die Verwaltung nicht aufgeschlüsselt habe, wie genau sich die Energiekosten innerhalb des Gebäudekomplexes Hallenbad/Kegelhalle auf die einzelnen Verbrauchsstellen aufteilten. "Gerade die hohen Kosten im Corona-Jahr 2020 und anteilig 2021 erschließen sich nicht, da in dieser Zeit die Kegelhalle kaum bis zeitweise gar nicht genutzt wurde." Die Kegler hätten zudem viele Instandhaltungsmaßnahmen in der Halle selbst getragen und beschäftigten einen auf Minijob-Basis angestellten Bahnwart. Wiegand appellierte an die Ratskollegen, mit den Keglern eine gemeinsame Lösung anzustreben.
In der Bürgerfragestunde hatte sich KVE-Vorsitzender Robin Loy zu Wort gemeldet. Er bemängelte sehr unterschiedliche Kostenaussagen in den Gesprächen mit der Verwaltung. Loy hatte das Vermischen der Heizkosten von Classic-Arena und Gisela-Mierke-Bad zuungunsten des Vereins thematisiert.
Später erklärte seitens der Verwaltung Kirsten Hübner-Andelfinger vom Amt für Immobilienmanagement, sie sei erstaunt über die Äußerungen von Loy und des Bistropächters Giorgio Oliveri in der RNZ: Die Stadt komme sehr wohl der Fürsorge für ihre Gebäude nach. "In der Vergangenheit hat die Stadt immer reagiert, wenn sie verständigt wurde." Bei einer als defekt gemeldeten Heizung habe sich erwiesen, dass die Pumpe ausgestellt worden sei. Ein weiteres Mal habe man durch Nachregeln einen Bedienungsfehler ausgeglichen. Für eine Kontrolle undichter Stellen müsse man den Kies vom Dach beiseite schaffen, was zu dem Zeitpunkt wegen Schnees auf dem Dach nicht möglich gewesen sei.
Update: Mittwoch, 1. Februar 2023, 20.15 Uhr
Ganz aus der Halle raus – Das wäre für Kegler das Schlimmste
Eppelheim. (pau) Ungewisser Blick in die Zukunft: Sie waren eigentlich ganz gut und vor allem mitgliederstark durch die Krise gekommen. Mit 80 Aktiven in sechs verschiedenen Clubs, also eigentlich Vereins-Abteilungen, großen sportlichen Erfolgen und viel Enthusiasmus stehen die Eppelheimer Kegler aktuell gut da. Trotzdem weiß niemand so recht, wie es mit dem KV Eppelheim künftig weitergehen wird. Grund dafür ist das geplante Großvorhaben um den Neubau von Rhein-Neckar-Halle und Edeka am Eppelheimer Schulzentrum.
Nach aktuellem Stand soll die Bibliothek einem Wohnkomplex weichen und gemeinsam mit der Mensa in die Kegelhalle in der Justus-von-Liebig-Straße umziehen. Dann aber wäre der Spielbetrieb hier nicht mehr möglich.
Zwölf Bahnen fasst die Anlage. "Über Pfingsten wird die Deutsche Jugendmeisterschaft bei uns über mehrere Tage ausgetragen, und wir erwarten an jedem Tag bis zu 300 Gäste", sagt Robin Loy. Der Vereinsvorsitzende verweist außerdem auf die hier ebenfalls geplante Europameisterschaft des Freizeitkegelns: "Im Juli kommen dann Kegler aus den Nachbar-Nationen zu uns." Loy ist traurig – sollte das alles irgendwann nicht mehr möglich sein, würde das ihn und seine Kollegen schon sehr beschneiden.
Mehrere Meistertitel tragen die Eppelheimer – und das durch alle Altersklassen. Die U18 wurde beispielsweise mehrfach Deutscher Meister im Mannschaftsturnier. Auch im Einzel wurden super Plätze erzielt. Die Damen spielen in der Regionalliga, sind bestrebt aufzusteigen, die Herren waren schon Deutsche Meister, haben nun aber die Spielart gewechselt und arbeiten erneut an ihrem Aufstieg. "Bei so vielen Aktiven ist unsere Halle natürlich dauerbelegt. Es wird regelmäßig trainiert. Es finden aber auch Spaßspiele statt", sagt Loy.
Für die Miete der Halle zahle der Verein im Monat rund 1500 Euro. Außerdem beschäftigen die Vollkugel-Kegler einen eigenen Hallenwart. Was für die Stadt also zu Buche schlägt, das seien vor allem die Energiekosten. Von 160.000 Euro sei die Rede. Weil aber das Gisela-Mierke-Bad angrenzt, sei nicht genau klar, ob das Geld fürs Kegeln und Schwimmen fällig wird, so Loy. Dass die Kegler die Verwaltung im Jahr rund 140.000 Euro kosten – Geld, das eben für die Halle nach Abzügen der Miete fällig wird –, scheint Loy viel zu hoch.
Dass sich die Stadt die Kegelhalle nicht mehr leisten kann, sei übrigens schon seit Juni 2020 bekannt. "Damals wurden wir zur Stadt beordert, erfuhren, dass es ihr finanziell nicht so gut geht", erinnert sich der Vereinsvorsitzende. Von den Baumaßnahmen am Schulzentrum habe man damals aber nicht gesprochen.
Verstehen können die Kegler, dass der Unterhalt der Räumlichkeiten viel Geld kostet. Zu viel. Verstehen können sie auch, dass Mensa und Bibliothek irgendwo unterkommen müssen. "Wir wären auf jeden Fall kompromissbereit", so Loy. Da die Halle ohnehin für ihre neue Nutzung umgebaut werden müsse, würden die Kegler gerne die Hälfte ihrer Bahnen abtreten. Bis zu sechs Stück könnten zurückgebaut und die Räume entsprechend angepasst werden.
Energetisch müsse die Halle wahrscheinlich ohnehin überholt werden. Loy: "Wir wären auch bereit, während der Umbaumaßnahmen woanders unterzukommen. Nur ganz raus, das wäre für uns wirklich das Schlimmste." Mit benachbarten Vereinen habe man schon gesprochen. "Worst-Case-Szenarien" durchgespielt. Ein Teil des Vereins könnte in Nußloch, ein anderer in Plankstadt unterkommen.
Dann aber würde genau das passieren, was man während der Pandemie verhindern konnte: Der Verein würde sich auflösen – oder vielmehr aufteilen. "Wir sind einer der erfolgreichsten Vereine Eppelheims, wir hoffen, dass wir das Schicksal noch abwehren können", so Robin Loy, der gerne mit den Entscheidungsträgern an einem Tisch sitzen würde. Dass übrigens nur zehn der Mitglieder Eppelheimer seien, ist richtig. Doch das ändere nichts an der Vereinsstruktur, meint die Vorstandsspitze.
Giorgio Oliveri, seit April 2020 Betreiber der Kegelbahn-Gaststätte "Arena Sportiva", bekommt bei all dem Bauschmerzen. Der 36-Jährige hat nur über Dritte erfahren, wie es um die Zukunft der Kegelhalle bestellt ist. "Das heißt also, ich muss mich nach einer neuen Lokalität für mein Restaurant umschauen", so der Gastronom. Er habe schließlich Verantwortung seinen Mitarbeitern und auch seiner Familie gegenüber.
Oliveri sagt, in der Halle gebe es viele Baustellen: "Mal funktioniert die Heizung lange Zeit nicht, dann regnet es rein oder das Warm-Wasser fällt aus." Das müsse endlich angegangen werden. Aktuell fühle sich aber keiner zuständig.
Info: Heute, Montag, 30. Januar, ab 19 Uhr sind Rhein-Neckar-Halle-Großbauvorhaben und der Mietvertrag des KVE Themen im Gemeinderat: Der Aufstellungsbeschluss vom Dezember war rechtsunwirksam und muss nochmals gefasst werden, und es geht um einen "verdeckten Vereinszuschuss".