Grüne mobilisieren für Stadtspaziergang zu umstrittenem Projekt
Eppelheimer Grüne veranstalteten Stadtspaziergang. Pläne rund um Rhein-Neckar-Halle und Supermarkt wurden heiß diskutiert.

Von Meike Paul
Eppelheim. Emotional aufreibend gestaltet sich das geplante Großvorhaben rund um den Neubau von Rhein-Neckar-Halle und Edeka am Eppelheimer Schulzentrum. Einerseits werden Nachverdichtung, die Ansiedlung von Versorgungsmöglichkeiten, die Schaffung von sozialem Wohnungsbau und die Ausdehnung von Parkmöglichkeiten ins Erdreich gewünscht. Andererseits wollen viele Anwohner hier im Gebiet von Justus-von-Liebig-Straße, Rudolf-Wild-Straße und Pestalozzistraße, dass alles so bleibt wie es seit Jahren ist.
Es herrscht zwar allgemeiner Konsens darüber, dass die Rhein-Neckar-Halle dringend saniert werden muss, doch von einer Verlegung der Stadtbibliothek und der Mensa in die Kegelhalle halten viele nichts. Die Kegler müssten dann ausziehen und in andere umliegende Ortschaften abwandern. Weil der "Aufstellungsbeschluss" der Anfang Dezember gefasst wurde, von der Kommunalaufsicht als rechtsunwirksam erklärt wurde und Ende Januar erneut in die Abstimmung geht, nutzten die lokalen Akteure von Bündnis 90/Die Grünen als Antragsgegner nun die Gelegenheit, bei einem Stadtspaziergang am Samstag die Bürger über die aktuell geplanten Vorhaben zu informieren und ihnen die Möglichkeiten zur Gegenwehr aufzuzeigen.
Und hier konnten sich einige Luft machen. Viele Redner bekundeten: Einen Supermarkt mit noch größerem Angebot vor der eigenen Haustür, den wolle man nicht: "Wer braucht schon 20 verschiedene Sorten Senf?" Ein kleines Angebot würde durchaus genügen. Außerdem würde das nur noch mehr Verkehr ins Wohngebiet holen, die Straßen verstopfen und das Angebot der Mensa überflüssig machen. Außerdem würde der Edeka-Markt nötige Parkplätze an der Sporthalle schlucken – Plätze, die auch vom Schulpersonal benötigt werden, und Bäume zu Fall bringen.
Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Marc Böhmann hatte die Moderation der rund 90-minütigen Areal-Begehung übernommen. Er erklärte, dass wohl alle Bäume für das Vorhaben weichen müssten. An seiner Seite agierten die Grünen-Vorsitzende Christa Balling-Gündling und Hubertus Mauss. Mit fünf Stimmen hatten die sechs Stadträte im Dezember gegen die 14 Ja-Stimmen der Vertreter von SPD, CDU/FDP sowie der Eppelheimer Liste gehalten. Nun machten sie den Anwohnern zu einer Unterschriften-Aktion beziehungsweise der Gründung einer Bürgerinitiative Mut. Ein Bürgerbegehren gegen die Pläne könnte initiiert werden und der Investorin vorgelegt werden. Ein Bürgerentscheid sei hingegen in diesem Fall schwer umsetzbar, da die Gemengelage des Projekts sehr umfangreich ist.
Der Impuls etwas tun zu wollen kam allerdings nicht von Parteiseite, sondern von den empörten Anwohnern selbst. Besonders das Vorhaben eines sieben-gliedrigen Mehrfamilienhauses mit bis zu 130 Wohnungen, trieb ihnen die Sorgenfalten ins Gesicht. Was die Stadt wolle, seien "Steuerzahler", was sie aber bekomme, seien "Menschen". Familien mit Kindern, für die es aber in den Schulen kaum noch Plätze gebe. Außerdem würde der Stand der Häuser die Frischluftzufuhr stocken lassen und somit das Mikroklima in der Stadt verändern, so war man sicher. Die Rede war bislang von verschiedenen, bis zu vierstöckigen Häusern in Nord-/Südausrichtung. Als "dicht besiedelste Kleinstadt Deutschlands" sollte Eppelheim der Wunsch nach Nachverdichtung nicht zum Nachteil gereichen. "Wohin solle man denn noch wachsen?" So lautete die Gretchen-Frage. Auch das Kanalnetz machte vielen Anwesenden Sorgen: Schon jetzt würde es in den Häusern und Einrichtungen hin und wieder unangenehm riechen. Ein Kanal-Ausbau wäre aber Sache der Stadt und nicht die der Investoren.
Die Bibliothek ganz an den Rand des Areals in die Halle zu verlegen, da das ehemalige Gebäude für den Wohnhausbau abgerissen werden müsse, rief noch weitere Gegner auf den Plan. Diese Idee sei wie eine Zwischenlösung gestaltet und würde der Bedeutung der Bibliothek nicht gerecht werden. Außerdem wäre es fatal, diese mit der Mensa zusammenzulegen, einer Mensa, die bei einem großen Supermarkt vis-a-vis wohl ohnehin kaum genutzt werde. Schülereltern-Vertreter plädierten darauf, bei allen Überlegungen aber die positiven von den negativen Vorhaben zu trennen: Für die Schüler sei es wichtig, dass sich das Essensangebot verbessert, dass Mensa und auch Sporthalle saniert werden.
Auch die Verlegung von Parkplätzen in Tiefgaragen wurde nicht von allen Anwesenden abgelehnt. Jetzt gelte es zu klären, welche Interessen weiter verfolgt und vertreten werden müssen und ob das Bauvorhaben in Absprache mit den Bürgern entsprechend angepasst werden kann.