Gemeinderat Mannheim

Sorgen Waffenverbotszonen für mehr Sicherheit?

Die Grünen-Fraktion sieht darin ein probates Mittel. In anderen Städten wurden unterschiedliche Erfahrungen damit gemacht.

07.12.2022 UPDATE: 07.12.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 22 Sekunden
Wiesbaden hat seit August eine Verbotszone am Platz der Deutchen Einheit. Foto: Dedert

Von Alexander Albrecht

Mannheim. Es geschieht am helllichten Tag, zur besten Mittagszeit am Paradeplatz. Ein 17-Jähriger sticht mit einem Messer auf einen sieben Jahre älteren Mann ein, dessen Verletzungen den Einsatz eines Rettungswagens erfordern. Eine sinnlose Tat – aber nur eines von mehreren traurigen Beispielen für Waffengewalt in Mannheim. Vielleicht wären es weniger Taten, wenn die Stadt Waffenverbotszonen ausweisen würde, die die Grünen-Fraktion ins Spiel gebracht hat.

"Gerade an besonders kriminalitätsbelasteten Orten oder sensiblen Bereichen in der Nähe von Kitas, Schulen oder im öffentlichen Nahverkehr wären diese richtig und wichtig", argumentiert die sicherheitspolitische Sprecherin Christina Eberle. Dort könnten dauerhaft oder an bestimmten Tagen und Uhrzeiten das Tragen von Waffen und Messern mit einer Klingenlänge von über vier Zentimetern untersagt werden.

Die Landesregierung hatte Ende September den Weg für Waffenverbotszonen im Südwesten freigemacht. "Gerade Gewaltdelikte im öffentlichen Raum unter Verwendung von Waffen, vor allem von Messern, können das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung nachhaltig beeinträchtigen", sagte Innenminister Thomas Strobl (CDU) damals.

Jeder zehnte Fall von Gewaltkriminalität in Baden-Württemberg stand demnach im vergangenen Jahr in Zusammenhang mit einem Messer, 24 Menschen wurden dabei getötet. Das Mannheimer Polizeipräsidium hat 2021 insgesamt 25 Körperverletzungen durch Messer erfasst, dazu kamen zehn weitere Fälle von Tötungen oder versuchten Tötungen.

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Ein Verbot oder die Beschränkung des Führens von Waffen an bestimmten Orten sei daher ein gutes Mittel, dieser Gewalt wirksam entgegenzutreten, so Strobl. Wer eine Waffenverbotszone mit Waffe betritt, riskiert ein Bußgeld von bis zu 10.000 Euro. Ausnahmen etwa für Messer sollen für Angler oder Handwerker gelten. Die Verordnungen sind zunächst auf zwei Jahre ausgelegt – und sollen in dem Zeitraum evaluiert werden.

Gerade beim Thema Sicherheit spiele Prävention eine zentrale Rolle, ist Eberle überzeugt. Das Verbot, Schusswaffen und Messer an bestimmten Örtlichkeiten bei sich zu führen, bilde einen wichtigen Baustein, insbesondere bei zur Vermeidung von Gewaltdelikten im öffentlichen Raum. In einem ersten Anlauf hat der Sicherheitsausschuss des Gemeinderats das Thema auch aus Zeitgründen wieder von der Tagesordnung genommen, es soll bei einer späteren Sitzung im neuen Jahr erneut diskutiert werden.

Die Stadtverwaltung solle in Zusammenarbeit mit dem Polizeipräsidium entscheiden, wo solche Zonen eingerichtet werden können, fordert Eberle. Ein Polizeisprecher gibt sich bedeckt und sagt, man werde der Kommune nach Vorliegen der Verordnungen beratend zur Seite stehen und für die Entscheidungen erforderliche Gefahrenprognose erstellen.

Der Mannheimer Landtagsabgeordnete Boris Weirauch will von der Regierung in Stuttgart zunächst erfahren, ob und unter welchen Voraussetzungen Waffenverbotszonen in der Stadt möglich sind und hat dazu eine Kleine Anfrage gestellt. Er will unter anderem wissen, welcher Landesbehörde die Rechtsaufsicht für Entscheidungen vor Ort obliegen und wie viel Personal – und mit welchen Befugnissen – für die Kontrollen notwendig sind.

Die Grünen verweisen in ihrem Antrag auf bereits bestehende Zonen wie zum Beispiel in Hamburg, Köln oder Leipzig. Diese Städte haben damit unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Leipzig hatte die Zone bereits 2018 nach einem tödlichen Streit von zwei Gruppen in einem Wohngebiet eingerichtet – und drei Jahre später wieder abgeschafft, die Hinweisschilder wurden wieder entfernt. Eine Studie der Universität in der Stadt und der Hochschule der Sächsischen Polizei kam zu dem Ergebnis, dass das subjektive Sicherheitsempfinden in dem Wohngebiet während der Maßnahme unverändert blieb.

Die Befragten wünschten sich eher eine regelmäßige und bürgernahe Präsenz der Ordnungshüter im Viertel. Zudem machte sich dort Kritik von Anwohnern breit, weil die Polizei – wie sie selbst einräumte – verdachtsunabhängig insbesondere Personen kontrollierte, die nicht deutscher Abstammung waren. Die Hamburger Polizei sieht in den Zonen dagegen ein Erfolgsrezept, das dafür gesorgt habe, das Sicherheitsgefühl der Bürger etwa rund um die Reeperbahn zu verbessern. In Köln ist es laut Polizeiangaben nach Einführung der Verbotszone Ende 2021 zu keinem größeren Ereignis mehr gekommen.

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