1899 Hoffenheim

TSG will den Türspalt nach Europa aufbekommen (Update)

Gegen den FSV Mainz 05 ist die Europa League-Qualifikation doch noch drin - 3000 Fans fahren mit

16.05.2019 UPDATE: 16.05.2019 15:06 Uhr 2 Minuten, 27 Sekunden

Die Trainer Julian Nagelsmann und Sandro Schwarz verstehen sich. Foto: APF

Von Joachim Klaehn

Zuzenhausen. Womöglich wird man sich an diesen gestrigen 16. Mai 2019 - irgendwann in der Retrospektive - ähnlich erinnern wie an den 11. Februar 2016, als Julian Nagelsmann das Traineramt beim Bundesligisten TSG 1899 Hoffenheim übernommen hatte. Der Oberbayer aus Landsberg am Lech war damals zarte 28 Jahre und ging als jüngster Cheftrainer in die Bundesliga-Historie ein.

Nicht alle trauten ihm das von Huub Stevens übernommene "Himmelfahrtskommando" beim Dorfverein zu. Doch Nagelsmann entpuppte sich als Glücksgriff, rettete "Hoffe" vor der drohenden Zweitklassigkeit und führte die Kraichgauer bis in die lukrative Königsklasse. Bei allen kleineren Misstönen und Störmanövern in letzter Zeit bleibt es unterm Strich eine außergewöhnliche Erfolgsära.

Die am Samstag (15.30 Uhr/Sky) mit dem Hoffenheimer Gastspiel beim FSV Mainz 05 erst einmal zu Ende geht. "Der Abschied würde versüßt werden, wenn wir die Europa League erreichen", sagte Nagelsmann am Donnerstag, "jetzt haben wir noch mal 90 Minuten, in denen ich einen ordentlichen Job machen will."

Eine Stunde lang plauderte der Senkrechtstarter der deutschen Trainergilde vor zahlreichen Medienvertretern im Trainingszentrum munter drauf los. Nagelsmann bot ein rhetorisches Feuerwerk. Mal launig, mal analytisch, mal sachlich, mal nachdenklich und emotional - in seiner letzten "Pk" präsentierte er sich als glänzender Unterhalter.

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Geradezu dankbar blickte der Entert(r)ainer auf seine Inthronisierung nach dem Missverständnis Stevens zurück. "Es war schon ein sehr, sehr großes Risiko, was aber gut ging. Wie - das weiß ich auch nicht mehr. Sonst wäre meine Karriere wohl vorbei gewesen bzw. hätte erst gar nicht angefangen", konstatierte einer der begehrtesten Fußballlehrer mit Scharfsinn und Realitätsbewusstsein.

Nach 1192 Tagen Amtszeit sowie der drittbesten Gesamtbilanz nach den diesjährigen Meisterschaftsaspiranten FC Bayern München und Borussia Dortmund - Nagelsmann holte bis dato 191 Punkte in 115 Spielen - will "Hoffe" morgen in der Opel-Arena einen Coup landen. "Wir haben etwas Federn gelassen, vielleicht lassen jetzt auch die anderen Federn", sagte Nagelsmann.

Der Blick mit dem Fernglas richtet sich beim "Finale furioso" auch in die Stadien von München (Bayern - Eintracht), Bremen (Werder - Leipzig) und Wolfsburg (VfL - Augsburg). Unabhängig von diesen jeweiligen Spielfilmen muss aber die TSG ihre Auswärtsaufgabe bei den heimstarken Nullfünfern erledigen.

"Wenn wir keine Schützenhilfe bekommen, liegt es nicht an diesen Vereinen", ordnete Nagelsmann den Showdown der 56. Bundesliga-Spielzeit angemessen ein, "sondern daran, dass wir die vielen Chancen liegengelassen haben." Ein Pünktchen zuletzt gegen die unmittelbaren Konkurrenten Wolfsburg (1:4), Mönchengladbach (2:2) und Bremen (0:1) ist schlichtweg eine magere Ausbeute. Die Restchance haben die Hoffenheimer nämlich ausgerechnet dem FSV zu verdanken, der die Eintracht (2:0) am 33. Spieltag in deren Stimmungstempel bezwang. "Wir wissen, dass wir dadurch noch einmal einen kleinen Türspalt aufgekriegt haben", so der TSG-Cheftrainer.

Nico Schulz und Kerem Demirbay streifen sich zum letzten Mal das TSG-Trikot über. Foto: APF

Rund 3000 TSG-Anhänger werden dem Team vor Ort die Daumen drücken. Das "Endspiel" steht im Zeichen des Abschieds - neben Nagelsmann werden auch die beiden Nationalspieler Nico Schulz (zum BVB) und Kerem Demirbay (Bayer Leverkusen) den Klub verlassen.

Die Ablösesummen von zusammen knapp 58 Millionen Euro verschaffen der TSG unter Neu-Trainer Alfred Schreuder (46) wieder reichlich Handlungsspielräume. "Hoffe" hat prima gewirtschaftet, rechnet man die diversen Leihgeschäfte und vor allem die Startgelder und Prämien der Champions League hinzu, dann dürfte der Klub nicht allzu weit von der 100-Millionen-Schallmauer entfernt liegen.

Nagelsmann formulierte es vorm letzten Akt gewohnt selbstbewusst: "Das größte Vermächtnis ist es, dass man unseren Kader für 200 Millionen Euro verkaufen könnte. Das garantiert dem Verein wahrscheinlich auf Jahrzehnte Bundesliga-Fußball, das sichert den Mitarbeitern hier den Job - und das wiegt mehr als jede Champions-League-Teilnahme. Darauf bin ich am meisten stolz."

Fehlt nur noch ein weiteres i-Tüpfelchen einer spannenden Reise. Ob "Hoffe" in Mainz singt und lacht?

Ort des Geschehens

Update: Donnerstag, 16. Mai 2019, 19.45 Uhr

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