1899 Hoffenheim

TSG-Präsident Hofmann und die Pfiffe von den Rängen

Der TSG-Präsident kritisiert bei der Jahreshauptversammlung die Pfiffe im Stadion - Launiger Vortrag von Teampsychologe Jan Mayer

02.12.2019 UPDATE: 03.12.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 15 Sekunden
Präsident Peter Hofmann (r.) fand bei seiner Ansprache kritische Worte für einen Teil der Anhängerschaft, der zuletzt beim Heimspiel gegen Fortuna Düsseldorf die eigene Mannschaft ausgepfiffen hatte. Fotos: APF

Von Joachim Klaehn

Wiesloch. Die Jahreshauptversammlung des TSG 1899 Hoffenheim e.V. dauerte gestern Abend nicht einmal ganz 90 Minuten. Die Zusammenkunft von 494 anwesenden Mitgliedern und zahlreichen Gästen im Staufersaal des Wieslocher Palatin verlief harmonisch, unspektakulär und doch launig. In Abwesenheit von Mehrheitsgesellschafter Dietmar Hopp (79), der momentan im Florida-Urlaub weilt, gab es in diesem Jahr nicht wirklich heikle Themen.

Und dennoch wollte "Hoffes" langjähriger Präsident Peter Hofmann (60), seit 1996 in Amt und Würden, in seinem Bericht klare Signale setzen. "Was ich unbedingt noch loswerden wollte und was mich sehr berührt", sagte der Mann, der seit 53 Jahren bei der TSG aktiv ist, "sind die Pfiffe am Samstag. Es steht 1:0 für uns. Nach dem 1:5 gegen Mainz benötigt eine Mannschaft Unterstützung – es sind alle nur Menschen, auch auf dem Spielfeld. Mit den Pfiffen trifft man auch die Verantwortlichen."

Knapp 500 Mitglieder versammelten sich gam Montagabend im Palatin in Wiesloch zur Mitgliederversammlung der TSG Hoffenheim (l.). 

Hofmann bezog sich dabei explizit auf die jüngsten Unmutsbekundungen beim faden 1:1 gegen Fortuna Düsseldorf, als ein Teil der rund 25.000 Zuschauer im Sinsheimer Stadion während der Partie voller Kampf und Krampf und insbesondere unmittelbar nach dem Schlusspfiff seinem Ärger Luft verschafft hatte.

Hofmann vermag dies nicht nachzuvollziehen. Man dürfe und könne generell mit der Leistung einer Mannschaft nicht zufrieden sein, "das sind wir auch, das waren wir auch am Samstag, aber Pfeifen bei einer Führung von 1:0 hat auch etwas mit Respekt zu tun", so Hofmann energischer. Das Statement fand Gefallen beim applaudierenden Publikum, darüber hinaus auch bei den Geschäftsführern Dr. Peter Görlich und Frank Briel, die neben Cheftrainer Alfred Schreuder sowie den Profis Oliver Baumann, Stefan Posch und Robert Skov in der ersten Reihe saßen. Hofmanns Botschaften taten ihnen spürbar gut.

Zumal Hofmann auf die Erfolgsstory des gesamten Vereins hinwies. Ob Profiteam, TSG-Frauen, U23, U19, U17 oder auch die "kleinen Wilden" ab der U12, sie alle stehen für schwungvollen Fußball. Aktuell habe Hoffenheim 43 Nationalspielerinnen und Nationalspieler zu verzeichnen. "Wir sind ein moderner Klub, der allen eine Heimat bietet", meinte Hofmann. Das TSG-Frauenkollektiv von Trainer von Cheftrainer Jürgen Ehrmann glänzte komplett durch Präsenz. In einer Fragerunde wurden die Nationalspielerinnen Lena Lattwein (19, Deutschland) und Nicole Billa (23, Österrreich), aber auch die Akademie-Talente Valentin Lässigmänn (U17) und Amadou Onana (U19, Kapitän) vorgestellt.

Wirtschaftsprüfer Jens Lehmann aus Heddesheim illustrierte, dass die TSG durchweg ein Verein ist, der grundsolide wirtschaftet und gezielt in den laufenden Spielbetrieb investiert. Im Kern weist die TSG eine höhere Bilanzsumme Summe aus, die sich gegenüber dem vorherigen Geschäftsjahr von 4.566.472,44 Euro auf 5.370.548,14 Euro zum 30. Juni 2019 gesteigert hat. Auch im Segment der Spenden und Zuschüsse gab’s rund 900.000 Euro mehr ins Vereinsportemonnaie.

Höchst unterhaltsam sollte schließlich der Vortrag von Prof. Jan Mayer sein. Der Hoffenheimer Teampsychologe, der mit seiner Crew über 300 Mädels und Jungs, Frauen und Männer betreut, plauderte aus dem Nähkästchen. Er sei jemand, der sonst eher im Hintergrund tätig ist, ein "Undercover Agent, den man nicht sieht". Mit reichlich Selbsthumor und Ironie erzählte Mayer anekdotisch von diversen Begegnungen mit Sportlern und zurrte einige Eckpfeiler der Sportpsychologie (Herausforderung, mentale Gesundheit, Diagnostik, kognitive Leistungsfähigkeit, kontinuierliche Bestleistung, Selbstkompetenz, konstruktives Denken, Konzentration und Befindlichkeit) ein Stück fester.

"Einfach kann jeder", zitierte Mayer eine Fußballer-Weisheit, "es sind aber die schwierigen Phasen, an denen man wächst." Als zentrale Elemente seien im Sport "Disziplin, Akribie und gegenseitige Unterstützung" unverzichtbar. Wenngleich die "Fans" in diesem Zusammenhang nicht genannt wurden, für Präsident Hofmann gehören sie zum Erlebnis und Ergebnis im Stadion. Rhetorisch hatte er in seinem Appell gefragt: "Oder müssen wir uns sogar dafür entschuldigen, dass wir nach zehn Jahren Bundesliga kein Deutscher Meister geworden sind?"

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