Wenig ist nicht genug

Hoffenheim spielt nur Unentschieden gegen Düsseldorf (plus Fotogalerie)

Enttäuschende Hoffenheimer verfallen beim 1:1 gegen Düsseldorf in Passivität – Kramaric: "Wir haben es nicht einmal versucht"

30.11.2019 UPDATE: 01.12.2019 19:00 Uhr 4 Minuten, 41 Sekunden
Turbulenzen im Torraum: Adamyan (v.l.), Posch und Bicakcic bringen den Ball nicht im Netz der Düsseldorfer Fortunen unter. Foto: APF

Von Joachim Klaehn

Sinsheim. Ein Satz mit x – das war wohl nix! In einer nur selten ansehnlichen Bundesliga-Partie trennten sich die TSG 1899 und Fortuna Düsseldorf 1:1 (1:0) und stellten die Zuschauer in der Sinsheimer PreZero Arena dabei auf eine harte Geduldsprobe. Der Stachel der Enttäuschung saß bei der Kraichgau-Elf erst einmal tief. Viele der Hoffenheimer Profis wollten am liebsten nichts sagen.

Und so oblag es einmal mehr Starspieler Andrej Kramaric im Stadionbauch, den Finger in die Wunde zu legen. Er sei enttäuscht – und wütend. "Das war heute nicht das Hoffenheim, das wir gewohnt sind zu sehen. Wir können viel besser spielen", rang der Kroate um Erklärungen, "leider ist uns so etwas wie heute auch schon in den vergangenen Jahren passiert. Wir sagen immer, dass sich etwas ändern muss, aber dann ändert sich nichts. Heute war das größte Problem, dass wir es nicht einmal versucht haben." Letzteres traf den Nagel auf den Kopf, denn nach einem viel versprechenden Auftakt mit dem 1:0 durch Kramaric (6.), nach einem Zuckerpass von Florian Grillitsch, stellten die Hoffenheimer weitgehend den Betrieb ein – und wurden bitter bestraft. In der Schlussphase markierte der Düsseldorfer Torgarant Rouven Hennings, quasi die "Lebensversicherung" der Fortuna, den späten Ausgleich (87.), der sich in der zweiten Hälfte peu à peu angekündigt hatte.

Hintergrund

Einzelkritik

Baumann: Durchaus mit dem einen oder anderen Wackler; beim Gegentor machtlos.

Posch: So lala; Pech beim Lattentreffer.

Vogt: Ohne grobe Schnitzer, aber mit ein paar Fehlpässen. Starke Zweikampfquote.

Bicakcic: Mehrfach angeschlagen am

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Einzelkritik

Baumann: Durchaus mit dem einen oder anderen Wackler; beim Gegentor machtlos.

Posch: So lala; Pech beim Lattentreffer.

Vogt: Ohne grobe Schnitzer, aber mit ein paar Fehlpässen. Starke Zweikampfquote.

Bicakcic: Mehrfach angeschlagen am Boden, mit Sprechchören gefeiert und hernach der Erste, der sich stellte. "Eisen-Ermin" eben.

Kaderabek: Lächelte Interview-Anfragen charmant weg. Markierte fast das 2:0 mit der Hacke – ohne es zu merken.

Skov: Solide, brachte seinen starken linken Fuß aber nicht zur Geltung.

Rudy: Sinnbildlich für den Auftritt der TSG, ohne Akzente.

Grillitsch: Starke Vorlage, stets bemüht. Einer der besseren Hoffenheimer.

Adamyan: Kein Kopfballungeheuer. M u s s das 2:0 machen. Schwach.

Kramaric: Torschütze und Kritiker vom Dienst.

Locadia: Erst schlug er ein Luftloch, dann scheiterte er an Steffen.

Bebou: Für Locadia im Spiel, mit ähnlichem Erfolg.

Geiger: Übernahm von Adamyan.

Samassékou: Durfte in den Schlussminuten mitwirken. 


TSG Hoffenheim - Fortuna Düsseldorf 1:1

Hoffenheim: Baumann - Posch, Vogt, Bicakcic - Kaderabek, Rudy, Grillitsch (86. Samassekou), Skov - Adamjan (74. Geiger), Locadia (60. Bebou), Kramaric.

Düsseldorf: Steffen - Ayhan, Andre Hoffmann, Adams - Sobottka (64. Bodzek) - Zimmer (46. Thommy), Matthias Zimmermann, Morales, Suttner - Tekpetey (60. Kownacki), Hennings. - Trainer: Funkel

Schiedsrichter: Petersen (Stuttgart); Tore: 1:0 Kramaric (6.), 1:1 Hennings (87.); Zuschauer: 25 427; Beste Spieler: Grillitsch, Kramaric - Adams; Gelbe Karten: Posch (4), Rudy (5) - Hennings (2), Tekpetey (3), Ayhan (5), Suttner.


Spielfilm

6. Minute: Grillitsch schaufelt den Ball mit viel Gefühl in den Strafraum, wo Kramaric Fortuna-Keeper Steffen keine Chance lässt - das frühe 1:0 für "Hoffe".

18. Minute: Locadia versucht die Volleyabnahme aus kurzer Distanz, aber schlägt ein Luftloch.

42. Minute: Adamyan kommt frei im Strafraum zum Kopfball – viel zu harmlos.

45.+1 Minute: Kaderarbek bringt eine Skov-Flanke mit der Hacke Richtung Tor - knapp vorbei.

69. Minute: Chaos im Fortuna-Strafraum: Nach einer Skov-Ecke kommt Posch im Fallen an den Ball, trifft aber nur die Latte. Den Abpraller köpft Adamyan einen Meter vor der Linie aus dem Stand drüber.

76. Minute: Die schönste Kombination des Spiels schließt Ayhan mit dem Außenrist ab, verzieht aber knapp.

87. Minute: Das hatte sich angekündigt: Posch, Vogt und Bicakcic sind nicht auf der Höhe, sodass der Ball zu Hennings kommt. Der Fortuna-Kapitän trifft ins lange Eck zum Ausgleich.


Statistik

Torschüsse: 12/11; Laufleistung: 117,85/114,37; Pässe: 504/454; Fehlpässe: 101/69; Passquote: 80/85 Prozent; Ballbesitz: 51/49; Zweikampfquote: 52/48 Prozent; Foul/Hand gespielt: 12/16; Abseits: 2/3; Ecken: 2/5. ⋌nb

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Kramaric vermochte sich nicht einmal über seinen persönlichen Rekord zu freuen. Dank seines frühen Treffers überflügelte er "Hoffes" Vereinslegende Sejad Salihovic (46 Tore, 27 Assists) und avancierte im Kraichgau zum Scorer-König (54 Tore, 20 Assists), doch dies blieb in einem fehlerlastigen Abnutzungskampf mit überschaubarer Attraktivität fast schon eine Randnotiz. Während Augenzeuge "Sali" inzwischen fröhlich in der A-Klasse bei der DJK Schwarz-Weiss Frankenthal kickt und eine "neue Etappe" im Fußballerleben eingeleitet hat, taten sich die Erben im blauen Trikot schwer mit dem Hier und Jetzt.

Nein, Hoffenheim und den Großteil der offiziell 25 427 Zuschauer beschäftigten andere Themen als die TSG-Rekordzahlen eines Kramaric oder Salihovic. Zum Beispiel: Warum sind Schwung und "Flow" nach einer Erfolgsserie mit sechs Siegen (inklusive DFB-Pokal in Duisburg) urplötzlich weg? Hat das desaströse 1:5 gegen den FSV Mainz 05 vor Wochenfrist, noch dazu lange in Überzahl, für allgemeine Verunsicherung gesorgt?

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TSG-Cheftrainer Alfred Schreuder sprach nach der Pressekonferenz in kleiner Runde darüber. Es sei stets ein schmaler Grat zwischen "Unsicherheit und Sicherheit", philosophierte der Mann aus der niederländischen Fußballschule, man wisse "nie genau, woran es liegt", wenn eine Mannschaft schlagartig in Lethargie verfalle. Ernüchtert stellte der Coach fest: "Nach dem 1:0 waren wir zu passiv. In der ersten Halbzeit haben wir eine Reaktion auf die Niederlage gegen Mainz gezeigt, in der zweiten Halbzeit müssen wir grundsätzlich mutiger sein." Eine skurrile Szene hätte freilich das 2:0 bedeuten müssen: Kramaric zwang Fortuna-Torhüter Zack Steffen zu einem tollen Reflex (69.), den Abstauber bugsierten Stefan Posch und Ermin Bicakcic in "Gemeinschaftsproduktion" slapstickhaft an die Latte, und Sargis Adamyan köpfte final den zurückprallenden Ball aus kürzester Distanz übers Gehäuse.

Ein Versäumnis, das sich gerade angesichts weniger gefährlicher Torraumszenen rächen sollte. Die Rheinländer wurden immer couragierter und frecher – und belohnten sich. "Jeder hat gemerkt, dass hier etwas möglich ist", berichtete Düsseldorfs Trainer-Routinier Friedhelm Funkel hinterher. In seiner Halbzeitansprache traf der 65-Jährige offenbar genau den richtigen Ton: "Ich habe den Jungs gesagt: Wir werden dieses Stadion nicht als Verlierer verlassen! Am Ende haben wir zwei Punkte verloren, es war sogar noch mehr drin."

Das wiederum lag mehr an zögerlichen Hoffenheimern. Die Gastgeber spielten viel zu viel quer und zurück, verfielen geradezu in einen problematischen Verwaltungsmodus. Wenig Tempo, viele Ballverluste, kein Druck oder energisches Pressing, es mangelte schlichtweg an Konsequenz und Kreativität im TSG-Spiel. Innenverteidiger Ermin Bicakcic räumte ein: "Wir wissen, dass das vor allem in der zweiten Halbzeit mit Ball nichts war." Stefan Posch setzte noch einen drauf: "Das war zu wenig. Jeder Einzelne muss sich hinterfragen, ob das, was er auf den Platz bringt, reicht, um oben mitzuspielen. Es ist nicht unser Anspruch, 1:1 gegen Düsseldorf zu spielen."

Ganz ähnlich bewertete Kramaric den faden Ergebnis- und Erlebniswert. Man habe nichts gemacht, nichts gespielt, nichts gezeigt, Düsseldorf sei besser gewesen. "Wenn heute ein Robert Lewandowski beim Gegner spielt, bekommen wir wieder fünf Gegentore", sagte Kramaric. Und kryptischer: "Wir müssen künftig viel, viel besser vorbereitet sein, taktisch und mental. Wenn du so spielst wie heute und einfach gar nichts zeigst, dann hapert es offenbar an mehreren Dingen." Welchen? Er ließ es offen …

Klar ist: "Hoffe" muss nach den Rück- und Nackenschlägen gegen Mainz und Düsseldorf den Hebel schleunigst umlegen. Am Samstag (15.30 Uhr) geht es zu den Leipziger "Energiebolzen" von Julian Nagelsmann. Schreuder wollte nach dem Remis gegen eine tapfere Fortuna nichts von einem besonderen Duell bei RB wissen: "Hoffenheim hat in der Vergangenheit immer gut gegen Topmannschaften agiert. Ich spiele nicht gegen Nagelsmann, ich spiele gegen Leipzig." Und in schärferem Duktus: "Wir haben in München gewonnen!"

Die Leistung vom 5. Oktober, der 2:1-Coup beim FC Bayern, hatte unterdessen mit der recht bescheidenen Vorstellung gegen Düsseldorf – Pfiffe gab’s dafür vom Publikum – so gut wie "nix" zu tun.

Update: Sonntag, 1. Dezember 2019, 19 Uhr


Sinsheim. (pami/dpa) Der TSG 1899 Hoffenheim ist die Rehabilitation für die 1:5-Klatsche gegen Mainz 05 nicht wirklich gelungen. Im zweiten Heimspiel in Folge trennten sich die Kraichgauer von Fortuna Düsseldorf mit 1:1 (1:0). Andrej Kramaric brachte die Mannschaft von Alfred Schreuder in der sechsten Minute in Führung, die Düsseldorfer Lebensversicherung Rouwen Hennings in der 87. Minute. Die TSG bleibt damit im Mittelfeld der Tabelle.

Während die TSG nach dem 1:5 gegen Mainz erneut wichtige Punkte gegen einen Abstiegskandidaten verlor, verhinderte Düsseldorf sieben Tage nach dem herben 0:4 gegen den FC Bayern die nächste Niederlage. Das Team von Trainer Friedhelm Funkel ist zwar seit sechs Auswärtsspielen ohne Sieg, kann den späten Punktgewinn von Sinsheim aber als Erfolg verbuchen. Für die kommenden Partien in Dortmund und gegen Leipzig muss dennoch eine deutliche Leistungssteigerung her - ebenso wie bei den Hoffenheimern im Duell mit Ex-Trainer Julian Nagelsmann und RB Leipzig am kommenden Samstag.

Hoffenheims Schreuder musste kurzfristig Benjamin Hübner ersetzen, der wegen eines grippalen Infekts ausfiel. Für ihn spielte Ermin Bicakcic. Doch das fiel in den ersten 45 Minuten überhaupt nicht auf, weil die auf sechs Positionen veränderten Düsseldorfer in der Offensive nahezu überhaupt nichts auf die Reihe bekamen.

Nach dem Führungstor von Kramaric dank einer klasse Vorarbeit von Mittelfeldmotor Florian Grillitsch war die erste Halbzeit überhaupt von überschaubarer Attraktivität. Viele Stockfehler und zahlreiche Unterbrechungen prägten das Geschehen, gefährliche Torraumszenen und präzise Spielzüge waren nicht nur Mangelware, sie waren Fehlanzeige. Vereinzelt pfiffen Hoffenheims Fans gar gegen die in Führung liegende eigene Mannschaft, die wieder und wieder Torhüter Oliver Baumann anspielte, statt mal etwas nach vorne zu wagen.

Attraktiver wurde es erst nach der Pause, als die Gäste etwas mehr nach vorne versuchten. Die mit nach vorne gerückten Innenverteidiger Andre Hoffmann (47.) und Kaan Ayhan (49.) vergaben aussichtsreiche Gelegenheiten im Strafraum. Auf der Gegenseite musste Düsseldorfs Torhüter Zack Steffen einen wuchtigen Schuss von Hoffenheims Jürgen Locadia (52.) entschärfen.

Der flotte Start erwies sich aber als kurzes Zwischenhoch, das Niveau flachte in der Folge wieder deutlich ab. Düsseldorf bekam trotz mehrerer Offensivwechsel nicht viel hin, Hoffenheim vergab nach einer Ecke eine Dreifachchance (69.) - erst gegen Steffen, dann an die Latte und schließlich über das Tor. Es passte zur Partie. Bestraft wurde die mangelnde Kaltschnäuzigkeit durch Hennings mit einem Schuss ins lange Eck und dem Ausgleich.

So spielte die TSG:

Baumann, Posch, Vogt, Bicakcic, Kaderabek, Skov, Grillitsch, Rudy (86. Samassekou), Kramaric, Locadia (60. Bebou), Adamyan (74. Geiger)

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