Hoffenheim gegen Werder

Nagelsmann hatte die Rotationsmaschine angeworfen (plus Fotogalerie)

Vom Elfmeter-Versager zum umjubelten Joker: Andrej Kramaric schießt 1899 Hoffenheim zum 1:0-Auftaktsieg gegen Bremen

20.08.2017 UPDATE: 21.08.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 20 Sekunden

Kam, sah und traf glücklich: Der eingewechselte TSG-Stürmer Andrej Kramaric sorgte für eine gelungene Liverpool-Generalprobe. Foto: APF

Von Achim Wittich

Sinsheim. Vom zögerlichen Elfmeter-Versager zum umjubelten Ersatzmann: Andrej Kramaric erlebt in diesen Tagen alles, was so ein richtiges Fußballer-Leben zu bieten hat. Am vergangenen Dienstag scheiterte der kroatische Stürmer von 1899 Hoffenheim im Hinspiel der Champions-League-Playoffs noch kläglich vom Strafstoßpunkt gegen den FC Liverpool, musste vier Tage später über eine Stunde von der Bank aus mit ansehen, wie sich seine Mitspieler gegen die Torverhinderer aus Bremen vergeblich mühten - und hatte dann doch wieder das Glück auf seiner Seite. Der Kroate schoss am Samstag um kurz nach fünf Uhr Robert Bauer an den Rücken und von dort aus machte sich der Ball schnurstracks auf den Weg ins Tor von Jiri Pavlenka, dem Neuen im Werder-Gehäuse (84. Minute). Was für eine Befreiung für Kramaric - und für die lange vergeblich anrennende TSG. Die Generalprobe für den Auftritt am Mittwoch (20.45 Uhr/live im ZDF) in England war geglückt.

"1:0 zu Hause, das nehmen wir super gerne an", sagte Hoffenheims wieder einmal überragender Kevin Vogt, der für Ersatzmann Eugen Polanski die Spielführerbinde am Arm trug.

Eine verständliche Aussage, denn nach dem vierten Rang von 1899 in der Vorsaison zeigten die Hanseaten auf dem Rasen nur allzu deutlich, was die aufstrebenden Kicker von Trainer Julian Nagelsmann im Bundesliga-Spieljahr 2017/18 sehr häufig zu erwarten und erleiden haben. Torhüter Oliver Baumann, im Frage- und Antwort-Spiel mit den Medienvertretern genauso erstklassig wie zwischen den Torpfosten, macht sich erst gar keine keine Illusionen: "Wir müssen davon ausgehen, dass sich einige mehr gegen uns hinten rein stellen werden. Damit müssen wir umgehen, das wird der nächste Schritt sein", meinte "Hoffes" Nummer eins. In der Analyse des Kontrahenten hörte sich das dann so an: "Wir haben gegen einen sehr, sehr guten Gegner wenig zugelassen", sagte Bremens Coach Alexander Nouri...

Sein Kumpel Nagelsmann hatte gegenüber dem internationalen Festspiel gegen die "Reds" die Rotationsmaschine angeworfen und gleich sechs Veränderungen in der Startformation vollzogen. So machte es sich beispielsweise Stürmer Sandro Wagner fröhlich auf der Tribüne bequem und meinte beim Verlassen des Stadions in der Mixed-Zone nur lächelnd: "Ich bin nicht im Dienst."

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Das Erfreuliche: Trotz der Umstellungen legte 1899 los wie die Feuerwehr. "Wir haben in den ersten 20 Minuten ein brutal gutes Spiel gemacht und müssen durch Kerem Demirbay mit 1:0 in Führung gehen", sagte Nagelsmann und erntete dabei weder ungläubige Blicke noch eine Widerrede. "Trotz wenig Fläche" hatte er eine "gnadenlose Chancenverwertung" erhofft. Diesen Gefallen taten ihm seine Profis allerdings nicht.

Unglaublich dann sogar, wie nach weiteren zum Teil erstklassigen Möglichkeiten für die Kraichgauer Werders Florian Kainz nach knapp 30 Minuten völlig frei den Ball am leeren Hoffenheimer Tor vorbei schob. Das erinnerte unwillkürlich an die legendäre Szene mit dem damaligen Dortmunder Frank Mill, der im August 1986 im Münchner Olympiastadion gegen den FC Bayern beim Alleingang aufs Tor den Ball an den rechten Pfosten setzte.

In der ausverkauften Arena konnten die "Stadtmusikanten", die in der gestern Abend ausgelosten zweiten Runde des DFB-Pokals zu Hause auf schnelle Revanche hoffen, nach der Pause keine offensiven Akzente mehr setzen, weil ihr Pokerfan Max Kruse müde wurde und keine guten Karten mehr in der Hand hielt. Hoffenheim tat sich schwer, der Geduldsfaden aber riss nicht. Und der TSG-Coach hat das richtige Näschen, welchem seiner Bankleute er die entscheidende Aktion zutraut. Alle zweieinhalb Partien erzielt ein von dem 30-Jährigen eingewechselter Akteur einen Treffer.

Für Mittwoch gab sich der vorm Spiel geehrte "Trainer des Jahres" kess: "Ein 2:0 ist der grobe Plan, noch schöner wäre ein 3:0." Trotz des 1:2 aus dem Hinspiel soll das Wunder von Anfield gelingen. Vielleicht ist der Anschlusstreffer von Mark Uth noch Gold wert. Der Kölner war in der 70. Minute von Nagelsmann eingewechselt worden ...

Hintergrund

So spielten sie

Baumann: Hände hoch bei Augustinsson-Knaller aus kurzer Distanz (36.) - klasse gemacht. Trieb seine Vorderleute lautstark an.

Nordtveit: Traf nach einer Viertelstunde nur das Außennetz. Solider

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So spielten sie

Baumann: Hände hoch bei Augustinsson-Knaller aus kurzer Distanz (36.) - klasse gemacht. Trieb seine Vorderleute lautstark an.

Nordtveit: Traf nach einer Viertelstunde nur das Außennetz. Solider Auftritt des Neuzugangs.

Vogt: Souverän in der Abwehr, kurbelte der lange Blonde permanent das Spiel an. Bester Hoffenheimer.

Hübner: Starke Partie des Innenverteidigers.

Toljan: Setzte zu wenig Akzente auf der rechten Außenbahn. Gedanklich schon auf dem Weg nach Dortmund?

Zuber: Sehr engagiert, aber häufig glücklos.

Geiger: Tolles Bundesliga-Debüt des 19-Jährigen. Furchtlos im Zweikampf, stets anspielbereit, mit viel Übersicht.

Demirbay: Mit fast zwölf Kilometern laufstärkster Hoffenheimer. Hatte früh die Führung auf dem Fuß (5.), Pech mit 20-Meter-Lattenknaller (61.).

Amiri: Er kann es besser.

Uth: Starker Beginn, als er Demirbay perfekt bediente (5.), danach gelang nicht mehr viel.

Szalai: Unermüdlich, viel unterwegs. Aber diesmal kein Knipser.

Kramaric: Kam für Amiri (64.). Traf mit "Rückendeckung" zum Sieg.

Gnabry: Ersetzte Uth (67.). Ein paar starke Szenen.

Polanski: Löste Neuling Geiger ab (74.). Sofort voll da. rol

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