1899 Hoffenheim

Der Fanklub "Mythos Hoffe" und die TSG

Stephanie Schwab verkörpert den Fanklub "Mythos Hoffe", dessen Geschichte in einer griechischen Taverne in Mosbach begann

12.02.2019 UPDATE: 13.02.2019 06:00 Uhr 4 Minuten, 52 Sekunden

"Mythos Hoffe" vor dem Gründerlokal "Taverna Mythos" mitten in Mosbach: Rund 30 der 70 Mitglieder feierten Jubiläum und zugleich das 3:3 der TSG beim BVB. Fotos: zg

Von Joachim Klaehn

Mosbach. Stephanie "Steffi" Schwab ist ein offener, engagierter Mensch. Bei den Sportfreunden Haßmersheim hat die gelernte Arzthelferin und heutige Sozialversicherungsangestellte bei der AOK in Mosbach bis zum Kreuzbandriss selbst Fußball gespielt. Doch längst schlägt das Herz von Stephanie und ihrem Mann Torsten (beide 52) sowie den beiden erwachsenen Töchtern (27 und 23 Jahre) für die TSG 1899 Hoffenheim. 2009 gründeten die Schwabs mit einigen Mitstreitern den Fanklub "Mythos Hoffe", der am Wochenende gemeinsam mit rund 30 Mitgliedern sein zehnjähriges Jubiläum in der griechischen "Taverna Mythos" feierte. Die Schwabs weilen bis Samstag im Kurzurlaub in Spanien, die RNZ sprach mit Vorstand Steffi bzw. "Frau Hoffe", wie sie augenzwinkernd genannt wird.

Frau Schwab, am Samstag hatten Sie Grund zum Feiern. Was ging Ihnen durch den Kopf, als der BVB nach knapp 70 Minuten mit 3:0 führte?

Es gab schon mal solch ein Spiel. Da stand es 3:0 und 4:1 für Mainz (Anm. der Red.: Am 11. September 2016). Ich war damals im Urlaub auf Mallorca und habe zu meiner Freundin gesagt: Wenn das 4:4 fällt, springe ich mit Klamotten in den Pool. Nach dem 3:1 am Samstag von Belfodil haben wir uns gedacht: Jetzt geht’s los - und mit unserer Pfeiferei sind die Bälle der Dortmunder im Aus gelandet (lacht). Nach dem 3:3 sind wir vor dem Fernseher voll eskaliert, die Schreie waren hoch bis zum benachbarten Parkhausdeck in Mosbach zu hören. Bei Hoffe musst du mit allem rechnen. Das war ein Megaspiel - ich zehre da tagelang davon.

Die Seele des rührigen Fanklubs ist Stephanie "Steffi" Schwab, die "Frau Hoffe" genannt wird.

Wie kam es zur Gründung des Fanklubs 2009?

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Mein Mann war schon in der Regionalliga und 2. Bundesliga in Hoffenheim dabei. Wir haben uns dann öfter in der ‚Taverna Mythos‘ getroffen, der Name passt zum kometenhaften Aufstieg der TSG und zugleich zu unserem Lokal. So entstand die Idee. Wir waren zehn Gründungsmitglieder, darunter auch die beiden Wirtsleute Daniela und Christos Stamoulis.

Was symbolisiert die Fahne?

Christos hatte die Idee, eine griechische Göttin und einen brennenden Fußball darauf abzubilden. Wir waren mit unserer Fahne schon von Anfang an im Stadion vertreten. Jürgen Imhof wurde bestimmt, früher war er übrigens Bayern-Fan. Jürgen ist jetzt einer von insgesamt 32 Fahnenschwenkern. Er macht das mit viel Engagement - es ist eine Auszeichnung, wenn du unten auf dem heiligen Rasen stehst (lacht). Mit der Fahne drücken wir unsere große Begeisterung aus.

Wie setzt sich der Fanklub zusammen? Welche Menschen stecken dahinter?

Familie und engere Freunde, Christos mit Familie - das ist der harte Kern. Hinzu kamen Mosbacher Geschäftsleute und ein Haßmersheimer Kinderarzt. Christos hat einige in seinem Lokal aquiriert. Inzwischen sind wir 70 Mitglieder, darunter zwei Schweden, Erland Lundström aus Lulea und Stellan Dahlin aus Stockholm. Wenn mein Mann auf Geschäftsreisen ist, weiß jeder der Partner, wann und gegen wen Hoffenheim spielt bzw. wie sie gespielt haben. Bei mir ist es so: Ich versuche jeden zu bekehren!

Was schweißt dieses bunte Völkchen zusammen?

Wir stehen immer im S-Block, Reihe 14 - und verteidigen dort auch unseren Platz. Wir gehören zusammen und wir gehören genau dorthin. Durch den Fanklub und unsere Aktivitäten wurden Freundschaften wiederbelebt und neue geschlossen. ‚Mythos Hoffe‘ gehört einfach zu unserem Leben und ist nicht mehr wegzudenken.

Ihr schönstes Erlebnis könnte mit den Schwarz-Gelben zusammenhängen …

Klar, das war im Mai 2013 in Dortmund. Meine Tochter, ihr Freund und ich beschlossen kurzfristig hinzufahren, Torsten war auf Geschäftsreise in den USA. Er fragte mich, was ich da wolle, die Sache sei doch eh‘ gelaufen. Ich habe dann zu Hause eine gelbe Hand an den Spiegel geklebt: ‚Ich werde heute Abend das Wunder von Hoffenheim mitbringen‘. Die BVB-Fans hatten uns ja bereits mit ihren Taschentüchern gewunken und aus der Bundesliga verabschiedet. Dann schoss Salihovic den Elfmeter, Großkreutz musste ins Tor, das 2:2 der Dortmunder zählte nicht … Wir sind total ausgeflippt! Wenn ich mir das Video angucke, kriege ich heute noch Gänsehaut! Der damalige Bürgermeister von Haßmersheim war KSC-Fan und hatte mir gesagt: Wir sehen uns dann in der Zweiten Liga. Doch wir haben das in Dortmund und anschließend gegen Lautern noch gerockt!

Gibt es auch bittere Momente?

Na ja, wenn es mit der Mannschaft nicht so läuft. Aber du stehst halt zu deinem Verein. Wir sind keine Erfolgsfans und haben nie richtig schlechte Laune.

Wie ist es auswärts um die Akzeptanz als "Hoffe"-Fan bestellt?

Mmhh, sie ist wenig vorhanden. Du traust dich oft nicht, dein Trikot anzuziehen. In Hamburg etwa ist der Weg zum Stadion gefährlich weit. Auf Schalke spürst du, die würden auch Frauen schlagen. Sogar in Leverkusen wurden wir als Plastikklub beschimpft. Die Lauterer mögen uns gar nicht, denken, wir seien schuld an ihrem Niedergang. Ich entgegne immer, dass ich aus freien Stücken TSG-Fan geworden bin und kein einziger Verein mit Tradition geboren wird. Manchmal ärgert es mich schon, wenn ich mich verteidigen muss.

Hintergrund

jog. Der gleichnamige Fanklub wurde am 18. Februar 2009 beim "kleinen Griechen" in Mosbach von zehn Mitgliedern gegründet. Initiatoren waren Daniela und Christos Stamoulis, letzterer kickte früher neben Joachim Stadler und Stefan Strerath beim FV Mosbach, sowie Stephanie und

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jog. Der gleichnamige Fanklub wurde am 18. Februar 2009 beim "kleinen Griechen" in Mosbach von zehn Mitgliedern gegründet. Initiatoren waren Daniela und Christos Stamoulis, letzterer kickte früher neben Joachim Stadler und Stefan Strerath beim FV Mosbach, sowie Stephanie und Torsten Schwab. Torsten machte als Vertriebsleiter der Schuler Pressen GmbH Hoffenheim und den inzwischen 70-köpfigen Fanklub bei Geschäftsreisen in China, den USA, Brasilien oder Schweden bekannt. "Mythos Hoffe" präsentiert sich bei Facebook und Instagram. Die Führungsspitze: Stephanie Schwab (1. Vorstand), Jürgen Imhof (2. Vorstand und Fahnenschwenker), Udo Gallei (Kassier), Aline Imhof (Schriftführerin), Torsten Schwab und Jürgen Graner (Kassenprüfer).

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Das stimmt einen doch auch traurig und nachdenklich.

Bei meiner ersten Fahrt nach Frankfurt wurden wir von Polizei umringt, das war wie in einem Gruselfilm. Nach dem 4:0-Auswärtssieg 2010 hat auf dem Rückweg ein Eintracht-Fan eine Schnapsflasche auf einen von uns geworfen und dessen Stirn gespalten. Das ist denen einfach egal. Ich kann das nicht verstehen. Wir haben das kürzlich mit der Handball-WM verglichen: Da eskaliert es nicht, da werden die Mannschaften akzeptiert und friedlich angefeuert. So müsste es sein.

Wie ist denn der Kontakt zu anderen TSG-Fanklubs?

In Haßmersheim gibt es noch die Hoffenheimer Tigers. In unserem Wohnviertel wohnt in fast jedem dritten Haus ein Hoffe-Fan (lacht). Ich sitze außerdem im Beirat des Fanverbandes, ein Elfmeterturnier wird zum Beispiel veranstaltet. Man sieht sich, man kennt sich, man schätzt sich gegenseitig - es ist ja keine ganz große Fanszene.

Und der Draht zum Verein?

Mike Diehl hat seinen Job als Fanbeauftragter super ausgeübt und ist mittlerweile sogar ein guter Freund. Leider sind aber die Verantwortlichen selten greifbar. Durch den Fanverband tragen wir Verantwortung, versuchen gemeinsam mehr zu bewirken und tatsächlich gehört zu werden. Es wäre schön, wenn die TSG das mit dem Ticket-Schwarzmarkt endlich unterbinden würde. Da gibt es auch einzelne Privatmenschen, die damit Geld verdienen. Die sogenannten Zweitfans verkaufen Karten - und dann stehen Leute im Bayern- oder Gladbach-Trikot in unserem Block. Wir holen dann die Ordner und drängen sie wieder raus. Ich würde nie ein TSG-Ticket für einen Euro mehr verkaufen. Mit einer Fan- und Vereinsliebe ist es im Grunde wie mit einer Ehe. Treue ist ein wertvolles Gut.

Wo soll die TSG in Zukunft stehen? Nehmen wir mal 2029.

Ich hoffe einfach, dass wir in der Bundesliga bleiben. Die Champions League oder Europa League waren sicherlich Sahnehäubchen, vor Liverpool, Braga oder Manchester hatte ich auf einmal ganz viele Anfragen nach Karten. Die Infrastruktur des Vereins ist wirklich top, da steckt schon richtig was dahinter. Ein bisschen Angst macht mir die Frage, wer der neue Trainer wird. Bei Julian Nagelsmann hat man ja gedacht, so etwas müsste am besten ewig halten. Nun soll ein adäquater Ersatz her. Wir brauchen einen coolen Typ, der die Mannschaft erreicht und das Maximale aus ihr herausholt. Ähnlich wie unter Nagelsmann. Außerdem muss unsere Fankultur künftig wachsen. Wir sind zu leise, viele stehen mit verschränkten Armen im Block und auf den Sitzplätzen ist nur etwas los, wenn Klatschpappen verteilt werden. Es wird schnell gepfiffen, die Ansprüche sind allgemein sehr hoch, vielleicht haben wir zu viele Erfolgsfans.

Wie es auch kommen mag mit dem Mythos, für Sie gilt gewiss: Einmal "Hoffe", immer "Hoffe", oder?

Hundert Prozent oder noch mehr. Auch wenn ich es am Samstag nicht ganz schaffe aus dem Urlaub zum Heimspiel gegen Hannover, ich werde bei der Rückreise mit TSG-Trikot und -Schal im Flugzeug sitzen. Da ist ganz viel Herzblut dabei - und manchmal ist das mit dem Pulsschlag bei mir schon fast bedenklich. Mein Klub ist nur einer, Hoffe und sonst keiner!

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