Die Zerschlagung des von ihm geführten Unternehmens Innogy wurde ohne sein Wissen eingefädelt: Uwe Tigges äußerte sich gestern sehr zurückhaltend zu den Plänen von Eon und RWE. Foto: dpa
Essen/Berlin. (dpa) Mit Rückendeckung aus Gewerkschaften und Politik können Eon und RWE die Zerschlagung der Ökostrom-Firma Innogy angehen - Verbrauchschützer warnen die Konzerne aber vor möglichen Nachteilen für die Kunden. Der Chef der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und Vize im RWE-Aufsichtsrat, Frank Bsirske, will dem Vorhaben zustimmen. Auch Kanzlerin Angela Merkel und die bei RWE einflussreichen NRW-Kommunen sehen die geplante Neuordnung bei den Energieriesen im Prinzip positiv.
Der Chef des Verbraucherzentralen-Verbands, Klaus Müller, betonte jedoch, dass die Konsequenzen des Deals etwa mit Blick auf die Strompreise genau geprüft werden sollten. RWE ist auch an dem Mannheimer Großkraftwerk (GKM) beteiligt, rund 40 Prozent der Aktien gehören dem Essener Unternehmen, 28 Prozent der Mannheimer MVV, 32 Prozent der EnBW. Verdi-Chef Bsirske sagte am Montag in Potsdam, die beiden größten deutschen Versorger hätten die Chance, "starke und investitionskräftige Unternehmen aufzubauen und auch Perspektiven zu erschließen für Wachstum und für die Arbeitsplätze". Die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) schloss sich dem weitgehend an.
Eon hat vor, zunächst Innogy komplett zu übernehmen und im Gegenzug den Konkurrenten RWE am eigenen Unternehmen zu beteiligen. Eon würde dabei das lukrative Innogy-Netzgeschäft erhalten, die erneuerbaren Energien sollen unter dem Dach von RWE vereint werden. Das erst zwei Jahre alte Unternehmen Innogy würde damit aufhören zu existieren.
Verbraucherschützer hoffen auf sinkende Preise. Jeder Wettbewerber, der vom Strommarkt verschwinde, bedeute zwar eine traurige Nachricht für den Kunden, sagte Müller. "Innogy ist aber ein eher teurer Grundversorger. Darum ist zu hoffen, dass Eon die Strompreise senken wird." Später ergänzte er: "Die Strompreise für Verbraucher dürfen nicht noch weiter ansteigen. Zudem darf sich die Teilhabe von privaten Verbrauchern an der Energiewende nicht verschlechtern. Beispielsweise sollten Bürgergenossenschaften bei der Ausschreibung von Wind- und Solarparks nicht benachteiligt werden." Die Kommunen - mit gut 20 Prozent der Anteile wichtige Aktionäre bei RWE - stellten sich hinter die geplante Aufteilung. Sie sei "sowohl strategisch als auch finanzwirtschaftlich positiv zu bewerten", teilte ihr Verband mit. Es sei gut, dass mit Eon ein deutsches Unternehmen neuer Partner der RWE und indirekt der Kommunen werde. Das Bundeskartellamt wollte das Geschäft und mögliche rechtliche Hürden nicht kommentieren. Vermutlich prüft ohnehin die EU-Kommission den Fall. Die Aktien der Unternehmen konnten gestern stark zulegen.
Der Innogy-Vorstand wusste nach Angaben seines Vorsitzenden Uwe Tigges schon seit Samstagabend von den Zerschlagungsplänen. Zu diesem Zeitpunkt sei die Führung informiert worden. Wenige Stunden später machten Eon und RWE am frühen Sonntagmorgen dann über eine Börsenmitteilung ihre Grundsatzvereinbarung öffentlich. Tigges hielt sich mit einer Bewertung zurück. "Ob das in unserem Interesse ist, kann ich heute nicht sagen. Wir werden uns die Dinge ansehen, wir werden sie bewerten, und dann werden wir dazu im Sinne unserer Aktionäre, Mitarbeiter und Kunden Stellung nehmen."
Innogy stellte am gestrigen Montag den Geschäftsbericht für das Jahr 2017 vor. Tigges, der Innogy seit dem Abgang von Gründungschef Peter Terium im vergangenen Dezember kommissarisch führt, sagte dabei, die RWE-Tochter sei und bleibe "ein kerngesundes Unternehmen". 2017 erreichte das Unternehmen seine Prognose. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern stieg um 3 Prozent auf 2,8 Milliarden Euro. Dazu trug das Netzgeschäft mit 1,9 Milliarden Euro den größten Anteil bei.