Von Matthias Kros
Mannheim. Der geplante Innovationspark für künstliche Intelligenz (KI) in Baden-Württemberg wird nicht in die Rhein-Neckar-Region kommen. Entgegen der ursprünglichen Planung habe man nun doch keine Bewerbung bei der Landesregierung in Stuttgart eingereicht, teilte Jörg Kordes, Leiter des Bereichs Kommunikation und Marketing bei der Metropolregion, am Dienstag in Mannheim überraschend mit. Die Frist dafür ist inzwischen abgelaufen.
Grund für den Rückzieher sei die Bedingung gewesen, dass die Bewerber mindestens die gleiche Summe in den Campus investieren müssten wie das Land, nämlich 50 Millionen Euro. Diese Summe habe man in so kurzer Zeit nicht bereitstellen können, erklärte Kordes. Das Thema KI bleibe für die Region aber von großer Bedeutung und werde nun auf anderen Wegen gefördert.
Künstliche Intelligenz gilt als einer der aktuellen Mega-Trends mit riesigem Potenzial in fast allen Lebensbereichen. Unter KI versteht man den Versuch, menschliches Lernen und Denken auf Computer und Maschinen zu übertragen und ihnen damit Intelligenz zu verleihen. Statt für jeden Zweck programmiert zu werden, kann KI selbstständig Probleme lösen. Unter diesen Vorzeichen plant das Land seinen Innovationspark, in dem sich Wissenschaftler, Unternehmen und Investoren vernetzen und unter bestmöglichen Bedingungen arbeiten können. Dafür sollen große Rechenkapazitäten sowie Test- und Experimentieranlagen bereitgestellt werden. Eine vom Land finanzierte Machbarkeitsstudie hatte das Vorhaben im Herbst als erfolgversprechend eingestuft.
Die Rhein-Neckar-Region, in der bereits mehrere Bildungseinrichtungen und verschiedenste Unternehmen wie SAP, ABB oder Freudenberg zum Thema forschen, hätte sich als Standort eigentlich angeboten. Zahlreiche Vertreter von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik hatten deshalb im vergangenen Sommer eine entsprechende Interessensbekundung unterzeichnet und an Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) übergeben. "Ein Zuschlag würde unserer Region große Chancen bieten: Es wäre ein enormer Schritt in Richtung Innovations- und Zukunftsfähigkeit", hatte Michael Heinz, Vorstandsvorsitzender des Vereins Zukunft Metropolregion Rhein-Neckar (ZMRN) und im Hauptberuf Vorstand des Chemiekonzerns BASF, gesagt.
Als Standort innerhalb der Region waren zuletzt mehrere Alternativen kursiert. Am aussichtsreichsten galt das mittlerweile zu groß geratene Werksgelände der Heidelberger Druckmaschinen AG in Wiesloch. "Das wäre eine Option gewesen", bestätigte ein Konzernsprecher am Dienstag. Heideldruck verfügt hier über ein Areal von rund 840.000 Quadratmetern, von denen im Zuge der geplanten Standort- und Strukturoptimierungen rund 270.000 Quadratmeter neu vermarktet werden sollen. Einen ersten Käufer präsentierte das Unternehmen kurz vor Weihnachten mit dem belgischen Immobilienentwickler VGP, der in Wiesloch einen Gewerbepark plant. Für den geplanten KI-Campus wäre aber noch Platz gewesen.
Wo er nun innerhalb des Landes angesiedelt wird, soll im Rahmen des laufenden Bewerbungsverfahrens bis Ende des ersten Quartals 2021 ermittelt werden. Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums in Stuttgart sagte am Dienstag, dass es rund ein halbes Dutzend Interessensbekundungen für den Campus gebe. Wie viele konkrete Bewerbungen inzwischen vorlägen, sagte er nicht.
Update: Dienstag, 12. Januar 2021, 21 Uhr
Region hofft auf Zuschlag für KI-Campus auf Heideldruck-Gelände
Das Auswahlverfahren für den Standort soll Ende Februar abgeschlossen sein. Im Gespräch ist das Heideldruck-Gelände in Wiesloch.
Von Matthias Kros
Stuttgart/Wiesloch. Die Entscheidung über einen Standort für den geplanten Innovationspark für künstliche Intelligenz (KI) in Baden-Württemberg soll im ersten Quartal des kommenden Jahres fallen. Man hoffe, das Wettbewerbsverfahren Ende Februar abschließen zu können und einen zu Sieger verkünden, sagte Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut am Freitag in Stuttgart bei einem Pressegespräch. Der Landtag hatte im Oktober im Grundsatz 50 Millionen Euro für das Projekt freigemacht.
Das offizielle Auswahlverfahren für den KI-Campus werde in Kürze anlaufen, so die Ministerin. Dazu werde das grün-schwarze Kabinett in Stuttgart voraussichtlich am Dienstag die Eckpunkte für die Umsetzung des Innovationsparks beschließen.
Auch die Metropolregion Rhein-Neckar will sich offiziell als Standort anbieten. "Wir haben sehr großes Interesse an einer Bewerbung und werden daher nun zeitnah die Details genau prüfen", sagte ein Sprechers der Verbands Region Rhein-Neckar am Freitag. Verantwortliche der regionalen Zusammenarbeit hatten schon Ende September gegenüber Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ihr Interesse an dem Projekt bekundet.
Inoffiziell hätten bisher rund ein halbes Dutzend Regionen wegen des Innovationsparks angefragt, sagte Volker Schmidt vom Beratungsunternehmen CBRE, das im Auftrag des Wirtschaftsministeriums an einer Machbarkeitsstudie für den KI-Campus arbeitet. Diese werde zwar erst Ende des Jahres vollständig abgeschlossen sein, so Schmidt. Man könne aber schon jetzt sagen, dass ein solches Vorhaben in Baden-Württemberg erfolgversprechend sei.
In dem Park sollen sich Wissenschaftler, Unternehmen und Investoren vernetzen und unter bestmöglichen Bedingungen arbeiten können. Dafür sollen dann auch große Rechenkapazitäten sowie Test- und Experimentieranlagen bereitgestellt werden. Als Vorbild sieht das Ministerium zum Beispiel den Technologiepark Adlershof in Berlin.
Unter Künstlicher Intelligenz versteht man den Versuch, menschliches Lernen und Denken auf Computer und Maschinen zu übertragen und ihnen damit Intelligenz zu verleihen. Statt für jeden Zweck programmiert zu werden, kann KI selbstständig Probleme lösen. Das könnte zum Beispiel Prognosen für die vorausschauende Wartung von Maschinen ermöglichen und so helfen, Produktionsausfälle zu vermeiden. Auch im Gesundheitswesen bieten sich durch medizinische Bildanalysen oder roboterassistierte Chirurgie Einsatzmöglichkeiten an. Hoffmeister-Kraut bezeichnete KI am Freitag als "größten Wachstumstreiber der kommenden Jahrzehnte". Deshalb wolle sich das Land unbedingt "eigenes Know-how" in diesem Bereich aufbauen. Der Campus solle "weltweiter Leuchtturm" werden bei der Kommerzialisierung der Künstlichen Intelligenz.
Grundvoraussetzungen für die Bewerbung seien neben einem stimmigen Gesamtkonzept zwei Dinge, sagte Anwältin Ute Jasper (Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek) zum rechtlichen Verfahren: Das Gelände müsse mindestens 15 Hektar groß sein und der Bewerber müsse mindestens die gleiche Summe investieren wie das Land, also weitere 50 Millionen Euro.
Wo genau der KI-Campus in der Rhein-Neckar-Region angesiedelt werden könnte, ist offiziell noch nicht klar: "Ja, es gibt Vorüberlegungen", sagte der Verbandssprecher. "Wir müssen nun diese allerdings abgleichen mit den neuen Informationen." Daher könne man zum aktuellen Zeitpunkt noch keine Aussage zu einem möglichen Standort machen.
Als aussichtsreicher Ort gelten die frei werdenden Flächen auf dem Werksgelände der Heidelberger Druckmaschinen AG in Wiesloch. Das Unternehmen hatte zuletzt einige Produktreihen eingestellt, weshalb in größerem Umfang Hallen freiwerden. Heideldruck hat ohnehin vor, hier einen Industriepark für externe Firmen zu errichten, der mit rund 270.000 Quadratmetern auch groß genug für den KI-Campus wäre. Das Unternehmen hatte bereits generelle Gespräche dazu mit der Landesregierung bestätigt. Am Freitag wollte sich aber niemand äußern.