Helmut Schleweis, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes stellte anlässlich des Weltspartages 2019 die Befragung "Vermögensbarometer - Die Deutschen und ihr Geld", vor. Foto: dpa
Von Andreas Herholz, RNZ Berlin
Berlin. Sparen? Wozu noch? Die Zinsen auf Sparbuch und Tagesgeldkonten sind quasi abgeschafft, wer viel Geld bei der Bank bunkert, dem drohen sogar Negativzinsen. Dennoch werben Sparkassen und Volksbanken unverdrossen für eine Institution: den Weltspartag. Die Deutschen, die als Sparweltmeister gelten, mühen sich tapfer weiter, ihre Scherflein zu mehren. Weil viele Anleger aus Angst vor Verlusten um Aktien einen weiten Bogen machen, kompensieren sie das Renditetief dadurch, dass sie immer mehr Geld zur Seite legen. Seit 2014 ist die Sparquote in Deutschland stetig gestiegen, 2018 lag sie nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes bei 11 Prozent. Von 100 Euro verfügbarem Einkommen werden 11 Euro auf die hohe Kante gelegt. Zu den Themen Vermögensbarometer und Sparen sprach unsere Berliner Redaktion mit Sparkassenpräsident Helmut Schleweis, zuvor Chef der Sparkasse Heidelberg.
Die Bundesbürger sind laut dem Vermögensbarometer 2019 Ihres Verbandes zufrieden mit ihrer finanziellen Lage. Rosige Zeiten also für die Deutschen?
Die gute gesamtwirtschaftliche Lage und die in den vergangenen Jahren gestiegenen Löhne haben bei der Einschätzung sicher Spuren hinterlassen. Die Ergebnisse des aktuellen Vermögensbarometers zeigen, dass insgesamt 43 Prozent der Deutschen sehr zufrieden oder zufrieden mit ihrer finanziellen Lage sind. Das ist der beste bislang gemessene Wert.
Es gibt Unterschiede zwischen Stadt und Land, zwischen Ost und West. Wie große ist die Spaltung, was das Vermögen angeht?
Richtig ist, dass es insbesondere zwischen Städten oder Vorstädten und der Situation auf dem flachen Land Unterschiede gibt. In ländlichen Gebieten sind nur 31 Prozent der Menschen zufrieden mit ihren Finanzen. Die Stimmung ist dort trüber als in der Stadt. Und es zeigt sich, dass in Bundesländern mit einem starken Mittelstand und etwas höheren Löhnen, wie in Baden-Württemberg, Bayern oder Hessen, die Zufriedenheit auch höher ist als beispielsweise in Mecklenburg-Vorpommern oder Sachsen-Anhalt mit vielen ländlichen Regionen, die noch Entwicklungspotenzial haben.
Am 31. Oktober ist Weltspartag. Lohnt sich das Sparen in Zeiten der Niedrigzinsen überhaupt noch?
Die Notwendigkeit Geld zurückzulegen besteht unabhängig davon, ob der Zins hoch oder niedrig ist. Diese Erkenntnis ist in der Bevölkerung auch verankert. Die Sparquote der privaten Haushalte lag im vergangenen Jahr stabil bei 10,4 Prozent. Für dieses Jahr rechnen wir noch einmal mit einem leichten Anstieg. Wichtig ist also nicht die Frage ob, sondern das wie - und da gibt es beim Wertpapiersparen, beispielsweise mit Fonds, gute Alternativen zum früher bevorzugten Zinssparen auf dem Sparbuch.
Banken und Sparkassen erheben inzwischen Negativzinsen auch für private Sparer. Wird das Sparen dann nicht zum Auslaufmodell?
Die Sparkassen wehren sich seit vielen Jahren mit allen Mitteln dagegen, ihre Privatkunden mit Negativzinsen zu belasten; derzeit gibt es meiner Kenntnis nach nur in ganz wenigen Fällen und bei besonders hohen Einlagen Ausnahmen. Die neuerliche Verschärfung der Geldpolitik mit dem wieder startenden Anleihekaufprogramm der Notenbanken macht die Situation für die Geldhäuser nicht leichter. Umso wichtiger, dass die Kunden gemeinsam mit ihrem Berater die individuell besten Anlagemöglichkeiten für den Vermögensaufbau besprechen.
Ist es nicht Zeit für eine Zinswende?
Die EZB hat im September die Weichen erstmal in eine andere Richtung gestellt. Wir müssen schauen, wie sich der Wechsel von Herrn Draghi zu Frau Lagarde an der Spitze der EZB mittelfristig auswirkt. Wir wünschen Frau Lagarde auf jeden Fall für die Zukunft gute Entscheidungen.
Die Deutschen bleiben dennoch ein Volk der Sparer. Sollten Sie nicht mehr die Chancen von Wertpapieren nutzen?
Ja und zumindest der Wille dies zu tun ist ja auch erkennbar. Bei der Frage nach den geeignetsten Geldanlagen haben die Bundesbürger in diesem Jahr erstmals Aktien auf Platz Eins und Fonds auf Platz Zwei gestellt. Die Immobilie, ehemals Nummer Eins, wird nur noch an dritter Stelle genannt. Hier spielt wohl auch die Verknappung des Angebots und die damit einhergehende Verteuerung der Immobilie eine Rolle. Weil aber andererseits beim Vermögensaufbau immer noch "Sicherheit" als wichtigster Faktor genannt wird, fließt das meiste Geld nach wie vor in Anlagen, die wenig Rendite abwerfen. Hier werden Renditechancen schlicht nicht genutzt.