Die Zementmühlen in Europa laufen auf Hochtouren - wie hier im italienischen Rezzato-Mazzano. Firmenbild
Von Daniel Bernock
Heidelberg. Jahrelang war der Vorstands-Chef von HeidelbergCement, Bernd Scheifele, heilfroh darüber, dass der Baustoffkonzern nicht in Südeuropa aktiv war. Bei jeder Gelegenheit verwies Scheifele vor Journalisten auf die nicht enden wollende Finanz- und Schuldenkrise in den europäischen Ländern rund um das Mittelmeer. Das änderte sich mit der Übernahme des Konkurrenten Italcementi im vergangenen Jahr. Damit war HeidelbergCement auf einen Schlag mit zahlreichen Werken in Südeuropa aktiv. Den Zeitpunkt für den Markteintritt scheint das HeidelbergCement-Managment gut gewählt zu haben.
So konnte Scheifele am gestrigen Mittwoch bei der Vorstellung der Bilanz für das dritte Quartal stolz sagen: "Europa ist zurück!" Die Zahlen des Konzerns würde klar zeigen, dass der Kontinent auf dem Weg zu alter Stärke sei. Im Süden sei lediglich noch Griechenland weiterhin schwach. Insgesamt seien es die besten Marktbedingungen seit fast zehn Jahren in Südeuropa. Selbst das alte Sorgenkind Spanien könne ordentliche Wachstumsraten vorweisen. Auch die Märkte in Osteuropa hätten wieder für gute Geschäfte gesorgt, etwa in Tschechien, Rumänien und Ungarn. Deutschland sei mit einem Plus von neun Prozent erneut ein wichtiger Treiber gewesen.
Lediglich Großbritannien, wo HeidelbergCement im Großraum London stark vertreten ist, sei unter den Erwartungen geblieben. Die schwache Währung und die Diskussionen um den Brexit führten bereits dazu, dass sich wichtige Infrastrukturprojekte verzögerten, sagte Scheifele.
Insgesamt legte der Umsatz im dritten Quartal um zwei Prozent zu, der Gewinn vor Zinsen und Steuern stieg um sieben Prozent, der Nachsteuergewinn sogar um 42 Prozent. Damit sei HeidelbergCement das einzige Unternehmen in der Industrie, das die Erwartungen der Analysten übertroffen habe - und das die Prognose für das Gesamtjahr aufrecht erhalte. Ähnlich begeistert wie Scheifele zeigte sich auch die Börse gestern von den vorgestellten Zahlen: Die Aktie der Heidelberger ging mit einem Plus von über sechs Prozent aus dem Handel.
Schwächer als gedacht liefen die Geschäfte in Nordamerika. Anfang des Jahres hatte HeidelbergCement dort noch ein Wachstum von bis zu vier Prozent erwartet, aktuell sei der Markt dort rund ein Prozent im Plus. Viele US-Bundesstaaten würden sich derzeit mit dem Bau von Straßen und Brücken zurückhalten, da sie abwarten, wie die groß angekündigten Investitionen von Trump in die Infrastruktur aussehen werden, so Scheifele. Operativ legte die Region Nordamerika trotz der Marktschwäche um fast zehn Prozent zu. Das liegt vor allem daran, so Scheifele, dass HeidelbergCement die von Italcementi übernommenen Werke in den USA deutlich effizienter betreibe als die Italiener.
Dieser Effekt zeigt sich nicht nur in den USA. So schrieb Italcementi in den Jahren 2012 bis 2016 stets rote Zahlen. Nach der Übernahme im vergangenen Jahr wechselte HeidelbergCement in fast allen Ländern das Management aus, schloss die Hauptverwaltung im italienischen Bergamo und strich bis heute rund 3100 Stellen. Das Ergebnis: Im dritten Quartal steuerte Italcementi rund 40 Millionen Euro zum HeidelbergCement-Gewinn bei. "Wir haben gesagt, wir holen aus den Werken mehr raus. Jetzt sieht man, dass wir gute Handwerker sind", sagte Scheifele. Insgesamt will HeidelbergCement im Zuge der Übernahme 4150 Stellen abbauen, das sind noch einmal 650 mehr als bisher angekündigt. Der neuerliche Abbau werde vor allem Ägypten, Marokko und Frankreich betreffen, sagte Scheifele.