Das „Gesicht von Roche in Mannheim“, das markante Bürogebäude am Eingang zum Werksgelände, soll einer moderneren und flexibleren Arbeitsumgebung weichen. Foto: Roche
Von Barbara Klauß
Mannheim. "Wir schieben 60 Jahre alten Beton zur Seite und lassen eine grüne Landschaft entstehen", erklärt Martin Haag, Werkleiter des Roche-Standortes in Mannheim. Mehr als 60 Jahre lang sei das Hauptgebäude das Gesicht des Pharmakonzerns in Mannheim gewesen – nun wird der große Bürokomplex im kommenden Jahr abgerissen und Platz machen für weitläufige Rasenflächen, wie Haag bei einer virtuellen Pressekonferenz am Dienstag sagt. Die Mitarbeiter, die dort bisher ihre Büros hatten, sind bereits umgezogen: unter anderem in zwei neue Gebäude auf dem Werksgelände, die innerhalb kürzester Zeit in Modulbauweise entstanden sind.
Bei der Entscheidung für den Abriss haben Haag zufolge sowohl moderne Arbeitsformen eine Rolle gespielt als auch die Nachhaltigkeit. In den neuen Gebäuden sollen rund 1000 Beschäftigte flexibler arbeiten als bisher: Statt wie bisher feste Büros und Schreibtische zu haben, suchen sich die Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz in einer "offenen Bürolandschaft", wie Haag es nennt, je nach aktuellem Bedarf immer wieder neu. Auch moderne Arbeitszeitmodelle sind einkalkuliert: Kollegen, die in Teilzeit arbeiten und also nur tageweise da sind (derzeit rund 16 Prozent der knapp 8400 Mitarbeiter am Standort), oder diejenigen, die von zu Hause aus arbeiten. Derzeit sind das – bedingt durch die Corona-Pandemie – rund zwei Drittel der Beschäftigten. Und viele von ihnen wollen auch nach der Pandemie ein oder zwei Tage in der Woche im Homeoffice bleiben, wie Haag erklärt. "Covid war bei der Planung der neuen Büros noch nicht abzusehen", so Haag. "Aber es war abzusehen, dass wir flexiblere Arbeitsplätze haben werden."
Das in die Jahre gekommene Gebäude muss auch deshalb weichen, weil es einer der größten Energiefresser am Standort sei, erklärt der Werkleiter. Bis 2050 soll der Standort emissionsfrei sein. Unter anderem dadurch, dass energieeffizientere Gebäude die alten ersetzen. Bis 2028 sollen mehr als 40 Gebäude zurückgebaut werden. Insgesamt steckt der Konzern 100 Millionen Euro in die Modernisierung des Standortes.
Weitere 106 Millionen Euro investiert das Unternehmen in den Ausbau der Diagnostik-Produktion, wie Claus Haberda, Geschäftsführer und Leiter Finanzen von Roche Diagnostics, beim Pressegespräch erklärt. So soll unter anderem ein neues Produktionsgebäude entstehen. Auch hier stehen flexible Nutzung und Nachhaltigkeit im Vordergrund.
Mannheim, der drittgrößte Roche-Standort weltweit, ist einer der wichtigsten Standorte der Diagnostiksparte des Pharmariesen mit Sitz in Basel. Wenn auch das neue Gebäude unabhängig von Covid-19 geplant worden ist – gerade in der Corona-Pandemie spielt diese Sparte und damit auch Mannheim eine bedeutende Rolle: Acht Tests habe Roche sehr schnell auf den Markt bringen können, sagt Haberda, einer sei noch in der Entwicklung. Mit diesen Tests decke Roche das gesamte Spektrum ab, vom Nachweis einer Covid-19-Infektion bis zur Überprüfung der Immunität nach einer Erkrankung oder einer Impfung.
Vergangene Woche erst hatte Roche eine Kooperation mit dem US-Impfstoffhersteller Moderna bekannt gegeben: Im Rahmen seiner Covid-19-Impfstoffstudie wird Moderna die SARS-CoV-2-Antikörpertests von Roche einsetzen. Durch die Bestimmung der Antikörper soll unter anderem überprüft werden, wann eine Wiederholungsimpfung mit dem von Moderna entwickelten Covid-19-Impfstoff fällig wird. Die Einsatzstoffe für diesen Test werden in Mannheim abgefüllt, dort werden auch die Test-Kits produziert und über das Logistikzentrum in 170 Länder versandt. Wie sich diese Kooperation auf den Standort auswirken werde, sei noch schwierig zu prognostizieren, so Haberda.
Insgesamt aber hat Roche die Produktionskapazitäten in den letzten Monaten für die verschiedenen Tests in Mannheim deutlich hochgefahren, erklärt eine Unternehmenssprecherin. So seien in der Diagnostika-Produktion im Zuge der stark gestiegenen Nachfrage nach den verschiedenen SARS-CoV-2 Testlösungen rund 50 Mitarbeiter eingestellt wurden. Zudem sei der Warenumschlag über das Logistikzentrum in Mannheim zuletzt von rund 600 Paletten auf rund 1000 Paletten täglich so stark gestiegen, dass dort 85 zusätzliche Arbeitsplätze entstanden sind.