BASF (hier der Stammsitz in Ludwigshafen) ist der größte Arbeitgeber der Region. Foto: dpa
Von Matthias Kros
Ludwigshafen. Ungewöhnlich scharf hat die Gewerkschaft IG BCE den neuerlichen Stellenabbau beim Chemiekonzern BASF kritisiert. "Es ist ein Fiasko, dass dem Management außer Personalabbau ein weiteres Mal keine Alternative einfällt", sagte Gunther Kollmuß, Bezirksleiter Ludwigshafen, am Dienstag laut einer Mitteilung. "Wie damit die gewollte Kundennähe und die individuelle Bearbeitung der Kundenbedürfnisse ermöglicht wird, ist mir schleierhaft. Wir brauchen Perspektiven, die diesen Namen auch verdient haben!"
Die BASF hatte in der vergangenen Woche mitgeteilt, in ihrer Einheit Global Business Services, die verschiedene Dienstleistungen für den Konzern erbringt, die Zahl der Mitarbeiter weltweit bis Ende 2022 um 2000 zu verringern. Derzeit arbeiten in diesem Bereich weltweit 8400 Beschäftigte, rund 1400 davon im Stammwerk Ludwigshafen. Dennoch ist eine derart rüde Auseinandersetzung zwischen Arbeitnehmervertretern und der BASF-Geschäftsleitung ungewöhnlich.
Wie auch der Betriebsrat befürchtet die IG BCE durch den Stellenabbau eine nicht mehr leistbare Arbeitsverdichtung: "Das Arbeitspensum der Mitarbeiter erlischt nicht, sondern landet auf den Tischen der zurückbleibenden Kollegen", so Kollmuß. "Vereinzelt werden diese Stellen sicherlich auch digitalisiert und automatisiert – in der Summe jedoch wird der Stellenabbau nur zu weiterer Arbeitsverdichtung führen".
Am Standort Ludwigshafen seien langjährige Mitarbeiter mit exzellenten Netzwerken, Erfahrung und tiefgehenden Kenntnissen über die gesamten Prozesse beschäftigt, sagte Kollmuß weiter. "Wir kennen auch den Tellerrand!", zitiert die Gewerkschaft ein Mitglied der Vertrauensleute aus der betroffenen Einheit. "Wir haben über Jahre in unserer täglichen Arbeit Defizite der bisherigen Organisation ausgeglichen, weil wir die Prozesse gut kennen und eine schnelle und gute Lösung schaffen wollen und können."
Die Gewerkschaft fürchtet, dass sich das in Zukunft deutlich ändert, wenn die BASF – wie angekündigt – künftig mehr Dienstleistungen als bisher in Zentren bündeln würde. Laut IG BCE heißt das vor allem, dass Tätigkeiten, welche bisher auf kurzem Weg in Ludwigshafen erledigt worden seien, bald in die "Shared Services Centers" nach Berlin, Montevideo und Kuala Lumpur ausgelagert werden.
Zurück bleibe das Bangen um die Zukunft und die Angst, dass der bisher gefahrene Kurs der BASF, dass Qualität eben ihren Preis habe, bald hinfällig sei. "Durch die Verlagerung spart das Unternehmen vielleicht kurzfristig", schreibt die IG BCE in der Mitteilung. Langfristig verliere die BASF aber erfahrene Mitarbeiter und damit die Fähigkeit Kundennähe zu gewährleisten. "Die BASF spart damit an der falschen Stelle!"
BASF hatte im Herbst 2019 angekündigt, weltweit 6000 Stellen zu streichen, ungefähr die Hälfte davon am Stammsitz Ludwigshafen. Auf diese Weise sollen 300 Millionen Euro pro Jahr eingespart werden. Der neuerliche Arbeitsplatzabbau soll nun jährlich weitere 200 Millionen Euro einsparen. Details der geplanten Neuausrichtung würden in den kommenden Monaten erarbeitet, hatte eine Sprecherin in der vergangenen Woche gesagt. "Die Arbeitnehmervertreter werden nach den lokalen Gesetzen und Vorschriften eingebunden."