Innerhalb des Freudenberg-Imperiums ist der Stammsitz in Weinheim nach wie vor der größte Standort für Forschung und Entwicklung. Und das werde er auch bleiben, verspricht die Konzernleitung. Foto: Dorn
Von Günther Grosch
Weinheim. Die schlechte Nachricht zuerst: Die Corona-Pandemie hat die Vorstände des Technologiekonzerns Freudenberg daran gehindert, die für Mittwoch geplante Vorstellung der Bilanzen des Geschäftsjahrs 2019 öffentlich vorzunehmen. Die gute Nachricht: "Trotz des schwierigen wirtschaftlichen und geopolitischen Marktumfelds konnte der Umsatz mit 9,468 Milliarden Euro auf Vorjahresniveau gehalten werden", teilt der Konzern mit. Im Vorjahr hatte der Umsatz 9,455 Milliarden Euro betragen.
Das Betriebsergebnis lag mit 820 Millionen Euro indes unter dem hohen Niveau des Vorjahres, damals schnitt der Konzern mit 910,3 Millionen Euro besser ab. Die Umsatzrendite betrug im vergangenen Geschäftsjahr 8,7, im Jahr zuvor 9,6 Prozent. Über das Jahr gesehen habe das Unternehmen seine Zukunftsfähigkeit durch hohe Investitionen und den Ausbau seiner Innovationsbestrebungen gestärkt, zeigt sich die Geschäftsleitung dennoch zufrieden.
Rückgang der Arbeitsplätze durch Verkauf der IT-Gruppe
Am Stammsitz der Freudenberg Gruppe in Weinheim befinden sich die Hauptverwaltungen der Geschäftsgruppen Freudenberg Sealing Technologies ("Sealing" heißt wörtlich übersetzt "Abdichtung"), Freudenberg Performance Materials (Leistungsmaterialien), Freudenberg Filtration Technologies (Filtrationstechnologie) sowie Freudenberg Home and Cleaning Solutions (Haushalts- und Reinigungslösungen). Weinheim ist der größte Standort für Forschung und Entwicklung "und wird es auch bleiben", verspricht die Konzernleitung.
Die Innovationsaktivitäten werden zentral durch neun geschäftsgruppenübergreifende Technologieplattformen unterstützt: Vliesstoffe, Dichtungstechnik, Formgebung, Reibung/Verschleiß und Schmierung, Adhäsion und Oberflächenbehandlung, Polymere, Mischungen und Reaktionen, Digitalisierung sowie MedTech und Hygiene.
Zum 31. Dezember 2019 beschäftigte Freudenberg in Weinheim 4329 Mitarbeiter, im Vorjahr waren es 4727 Mitarbeiter. Das sind 398 Mitarbeiter weniger als 2018. Der Rückgang ist im Wesentlichen auf den Verkauf der Geschäftsgruppe Freudenberg-IT zurückzuführen, der zu einem Minus von 395 Mitarbeitern führte. Zum Jahresende verzeichnete der Unternehmensnachfolger Syntax 461 Mitarbeiter. Er geht nun als gestärkter, global agierender IT-Full-Service-Anbieter mit klarem IT-Wachstumskurs in den Markt.
In Weinheim nahm der Konzern 2019 Investitionen in Höhe von rund 35 Millionen Euro in Angriff. Beispiele dafür sind die Freudenberg Performance Materials mit anderthalb Millionen Euro. Hier schlägt die Erweiterung der Produktionslinie für Gasdiffusionsschichten zur Erhöhung des Produktionsvolumens zu Buche. Gasdiffusionsschichten sind ein wichtiges Element der Brennstoffzelle und für den Antrieb von brennstoffzellenbetriebenen Fahrzeugen wichtig, etwa bei Autos oder Gabelstaplern.
900.000 Euro flossen in die neue Pilotlinie für Beschichtungen von industriellen Vliesstoffen, unter anderem für die Automobilindustrie. Die gleiche Summe von knapp einer Million Euro kam dem Aufbau eines B2B-Online-Shops für Produkte für die Textilindustrie zugute. Freudenberg Sealing Technologies profitierte von größeren Investitionen in IT-Projekte sowie moderne Maschinen und Anlagen. Daneben gab es weitere Investitionen an allen am Standort tätigen Gesellschaften.
6308 Menschen (Vorjahr: 6297) arbeiten im Industriepark Weinheim, davon sind noch 4329 Freudenberg-Mitarbeiter. 1979 Mitarbeiter (2018: 1573 Mitarbeiter) sind bei 28 "Fremdfirmen" beschäftigt.
Im Technologiepark wurde Ende Februar 2019 ein 3200 Quadratmeter großes Grundstück an das Unternehmen "AMP Advanced Machine and Pumps GmbH" verkauft. Die Firma ist Teil der ADS Group, die in der chinesischen Sechs-Millionen-Einwohnerstadt Wuxi beheimatet ist. AMP plant, die Europazentrale im Weinheimer Technologiepark zu errichten. Vertrieb, Endmodifikation/Montage und Logistik von Komponenten für Wasserpumpen und Pumpen für Erstausrüster, Präzisionsschweißteile und Edelstahlräder erfolgen von Weinheim aus.
Aktuell sind noch zwei Grundstücke verfügbar, die 2000 beziehungsweise 1300 Quadratmeter groß sind. Als neuer Mieter hat sich zuletzt "EDAG Engineering" im Industriepark angesiedelt. Dahinter verbergen sich Experten für die Entwicklung von Fahrzeugen, Produktionsanlagen und die Optimierung der Prozesse. Die Mietfläche umfasst 650 Quadratmeter, der Mietvertrag wurde für fünf Jahre geschlossen.
EDAG arbeitet darüber hinaus eng mit Freudenberg zusammen am Thema Brennstoffzelle. Am Standort in Weinheim sollen in diesem Jahr 50 Beschäftige arbeiten, im kommenden Jahr sollen es bereits 100 Mitarbeiter sein. Im September 2019 starteten 88 Jugendliche für die Gesellschaften der Freudenberg-Gruppe und für Verbundpartner ihre Ausbildung, das sind acht mehr als im Vorjahr. Zusätzlich begannen drei Geflüchtete ihre Ausbildung zum Maschinen- und Anlagenführer sowie Elektroniker für Betriebstechnik. Die Finanzierung kam durch ein Freudenberg-Spendenprojekt zustande. Bereits im Vorjahr hatten hier vier Menschen begonnen, die aus ihrer Heimat fliehen mussten. Unter den Azubis gehören 46 direkt zur Freudenberg-Gruppe, weitere 42 werden im Auftrag von Verbundpartnern im Bildungszentrum ausgebildet. Für 2020 plant Freudenberg mit 32 neuen Azubis.
Zum Stichtag 31. Dezember 2019 waren 238 Auszubildende (2018: 245) bei Freudenberg in Weinheim in insgesamt 21 Ausbildungsberufen und Studiengängen in Ausbildung – Verbundpartner inklusive. Um interaktive Lerninhalte an die Auszubildenden und Studierenden zu verteilen, wurde im Herbst 2019 die Lernplattform "Classroom Manager" eingeführt. Derzeit beschäftigt Freudenberg 5727 Mitarbeiter in der Region. Dies sind 434 weniger als 2018, wobei auch hier der Verkauf der IT eine Rolle spielt.