Einwurf statt Eckball - Fußball in Coronazeiten
Hoffenheims Mannschaftsarzt Thomas Frölich meint, das Fußball-Spiel müsse während der Corona-Pandemie angepasst werden

Von Frank Hellmann
Sinsheim. Einer der am längsten in der Fußball-Bundesliga tätigen Mannschaftsärzte regt Regeländerungen in der Corona-Krise an. Thomas Frölich, Teamarzt bei der TSG Hoffenheim, äußert in einem Kommentar der nächsten Ausgabe der Sportärztezeitung, dass "jeder von uns sich Gedanken machen sollte, wie er unter Einhaltung der sozialen Distanzregeln seinen Sport ausüben kann". Wenn Freizeit- und Berufssportler dazu beitragen wollen, "unser Leben so sicher und sie schnell wie möglich wieder zu normalisieren", schreibt Frölich, müsse auch der Profifußball nicht nur die Umgebung, sondern auch das Spiel anpassen: "Wir werden hier über vorübergehende Regeländerungen nachdenken müssen, um möglichst sicher wieder an den Start gehen zu können."
Konkret schlägt Frölich vor: "Gerade jetzt sollten wir mit gutem Beispiel vorangehen und so könnten aus Eckbällen Einwürfe werden, Elfmeter werden ohne Nachschussmöglichkeit ausgeführt, Freistöße nur indirekt, und die Schiedsrichter sollten relativ kleinlich Körperkontakt als Foulspiel abpfeifen, um nur einige Beispiele zu nennen."
Auf Nachfrage erläuterte der 61-Jährige seinen Vorstoß, den er als Beitrag zu einer besseren gesellschaftlichen Akzeptanz verstanden haben wissen will: "Es wäre nicht das beste Beispiel, wenn wir ohne sichtbare Einschränkungen einfach wieder losspielen." Zumal aus seiner Sicht die Krise "länger als vier Wochen dauert und die Gefahrenlage sich so schnell nicht verändert." Er könne sich vorstellen, dass Spieleranhäufungen durch bestimmte Regeländerungen vermieden werden.
Der Facharzt für Chirurgie und Allgemeinmedizin mit eigener Praxis in Böblingen hat seine Vorschläge auch im Gespräch mit Nationalmannschaftsarzt Tim Meyer als Leiter der Task Force angebracht. Frölich weiß natürlich, dass "wir im Fußball nicht 1,5 Meter Abstand halten können, aber vielleicht kann es einfache Regelanpassungen geben, ohne dass sich der Charakter des Spiels verändert". Er würde sich seit geraumer Zeit darüber Gedanken machen, denn grundsätzlich sei das Hygiene- und Sicherheitskonzept "hervorragend ausgearbeitet". Trotzdem habe er ein Problem damit, "wenn 90 Minuten auf dem Platz alles beim Alten bleibt".
Auch interessant
Deshalb ist er auch der Meinung, dass ein Mundschutz durchaus Sinn ergibt; und sei es nur über das eher symbolische Zeichen, dass der Fernsehzuschauer eine sichtbare Veränderung wahrnehme, "auch wenn ich mich damit selbst schwer tue". Direkte Kontaktsportarten wie Fußball sollten in der Debatte kein Tabu kennen, wo die Corona-Krise gerade das gesamte Leben verändere. Task-Force-Leiter Meyer hatte nach der Ausarbeitung des Papiers betont: "Auf dem Platz bleibt alles unverändert."
Vorschläge, dass Spieler in der Freistoßmauer Abstand voneinander halten sollten hatte der 52-Jährige wie das Tragen von Masken mit dem Argument abgelehnt: "Da würden die Zuschauer den Fußball nicht mehr als authentisch empfinden." Frölich möchte indes Zeichen setzen, "dass wir über längere Zeit noch vorsichtig sein müssen, was im Fußball relativ schwer umzusetzen ist". Er empfiehlt eine Videorunde mit Trainern, Schiedsrichtern und weiteren Verantwortlichen, an der auch Medien- und Fanvertreter teilnehmen sollten, um "zu schnellen und guten Lösungen" zu kommen.
Die TSG Hoffenheim wollte sich auf Anfrage nicht zu Frölichs Vorstoß äußern, die dieser in seiner Funktion als wissenschaftlicher Beirat der Sportärztezeitung getätigt habe. "Die Umsetzung der aktuellen Hygienemaßnahmen für den Restart erfordern extrem viel Energie und Engagement von allen Beteiligten. Diese Weisungen der Task Force sind jetzt die maßgeblichen", hieß es von Klubseite.