Von Wolfgang Brück
Bielefeld. Die Kartoffelsupp‘ schmeckte. Mit Genuss aßen Vater und Tochter Koschinat. Die Mama lächelte milde. "Meine Frau", verriet der Trainer zwischen zwei Löffeln, "meine Frau hat mehr Ahnung vom Fußball als ich."
Es werden wieder Späße gemacht beim SV Sandhausen. Das 1:1 bei Arminia Bielefeld hat die Stimmung aufgehellt. Auch wenn sich Fabian Schleusener, der die Kurpfälzer in Führung geschossen hatte (46.), über den späten Ausgleich der Gastgeber durch Andreas Voglsammer (79.) ärgerte. Der Ex-Karlsruher hätte der Arminia den Todesstoß versetzen können. Der Ball ging an den Pfosten (53.).
Zum Trost: Schleuseners achtes Pflichtspiel-Tor hätte nicht zählen dürfen. Denn der Schütze stand "mindestens zwei Meter im Abseits", wie der Bielefelder Trainer Jeff Saibene nachgemessen hat. Kollege Koschinat gab zu: "Unser Tor war irregulär."
Als Sieger durfte sich der 47-jährige Fußballlehrer trotzdem fühlen. Mit neuer Taktik und neuen Spielern, einer Frischzellenkur, hauchte Koschinat Sandhausen neues Leben ein. Mit Aleksandr Zhirov, Emanuel Taffertshofer und Stefan Kulovits reaktivierte der Trainer drei Profis, die in der Versenkung verschwunden waren. Sie haben gut getan. Sie sorgen für neue Hoffnung.
"Vor Aleksandr Zhirov ziehe ich alle Hüte", verneigte sich der barhäuptige Coach vor dem Russen. Der Neuzugang, der nach schwachen Leistungen zu Beginn der Saison keine Rolle mehr spielte, stabilisierte als zusätzliches, fünftes Glied die Abwehr-Viererkette. Stefan Kulovits, zuletzt Kapitän außer Dienst, mag nicht der filigranste sein, doch der Trainer schätzt am Haudegen, dass er sich "wie ein Mann dem Kampf stellt."
Mannhaftigkeit hatte sich der Fußballlehrer nach den jüngsten zimperlichen Auftritten gewünscht und "dreckige" Spieler, also solche, die nicht beim geringsten Gegenwind zurückweichen.
Koschinat wurde fündig. Philipp Förster wurde auf der Alm zum Buhmann, weil er sich zur Wehr setzte. Gelungen ist die Punktspiel-Premiere von Emanuel Taffertshofer. Ein kleiner, ballsicherer Sechser, dessen wenige Flüchtigkeitsfehler sicher der fehlenden Spielpraxis geschuldet sind.
Eine Stunde lang verurteilten die Sandhäuser die Ostwestfalen, die jetzt seit zehn Spielen ohne Sieg sind, zur Wirkungslosigkeit. Danach schlug die Stunde des Marcel Schuhen. Von "großartigen Paraden" sprach der Trainer. So wie im April in Duisburg, als der Torwart maßgeblichen Anteil am für den Klassenerhalt wichtigen Sieg hatte. War jemals von einem Torwart-Problem die Rede? Wie man sich täuschen kann.
"Aufopferungsvoll" habe die Mannschaft gekämpft, bescheinigte Otmar Schork. Der Sportchef sah sich durch die guten Leistungen von Zhirov und Taffertshofer, die bisher noch nicht hatten überzeugen können, bestätigt. "Sie haben Qualität", stellte Schork fest.
Weil Magdeburg Aufstiegs-Anwärter Union Berlin einen Punkt abknöpfte und Ingolstadt durch die Führung in Darmstadt den SV Sandhausen zwischenzeitlich sogar auf den letzten Platz abrutschen ließ, war das Unentschieden nur ein "kleiner Schritt" (Koschinat).
Die Kurpfälzer bleiben wegen des geringfügig schlechteren Torverhältnisses Vorletzter, doch nicht nur Magdeburg auf dem Relegationsplatz, auch Duisburg mit zwei Zählern mehr auf dem ersten Nichtabstiegs-Rang bleibt in Reichweite. Bielefeld, das vier Zähler Vorsprung hat, ist nicht einteilt.
"Es ist ein Schnecken-Rennen", sagt der Trainer zum Abstiegskampf. Am Sonntag kommt der alte Rivale Jahn Regensburg an den Hardtwald, am Freitag darauf zum Rückrunden-Auftakt Greuther Fürth. Zwei Heimspiele hintereinander. Eine große Chance. Die Schnecke kann Fahrt aufnehmen.
Bielefeld: Ortega - Clauss, Behrendt, Prietl, Hartherz (62. Lucoqui) - Christiansen, Schütz - Weihrauch (75. Owusu), Staude - Klos (90.+3 Brandy), Voglsammer.
Sandhausen: Schuhen - Verlaat, Karl, Zhirov - Klingmann (79. Zenga), Kulovits, Taffertshofer, Paqarada - Förster - Schleusener (71. Guédé), Wooten.
Schiedsrichter: Bacher (Amerang)
Zuschauer: 14.093
Tore: 0:1 Schleusener (46.), 1:1 Voglsammer (79.)