Von Nikolas Beck und Claus Weber
Heidelberg. Der TSG Hoffenheim und dem SV Sandhausen bleiben Geisterspiele erspart. Das Heimspiel des Bundesligisten gegen Hauptstadtklub Hertha BSC sowie die Auswärtspartie der Zweitliga-Kicker vom Hardtwald beim FC Erzgebirge Aue, die aufgrund der Corona-Krise eigentlich am heutigen Samstag unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden sollten, standen bereits am Freitagvormittag auf der Kippe. Am Nachmittag wurden sie von der Deutschen Fußball Liga (DFL) zusammen mit allen anderen Partien der ersten und zweiten Liga abgesagt.
"Der Tag war tatsächlich von einer hohen Dynamik geprägt", sagte TSG-Geschäftsführer Peter Görlich. Viele Szenarien habe man besprochen und analysiert. "Am Ende des Tages begrüßen wir die Entscheidung der DFL, mit sofortiger Wirkung abzubrechen", so Görlich. Es gehe schließlich um die Volksgesundheit. "Wir hoffen sehr, dass sich die Lage bald wieder entspannt, zunächst gilt es aber alles dafür zu tun, die Verbreitung des Virus so effektiv wie möglich zu verlangsamen", sagte der Geschäftsführer.
Die leitenden Mitarbeiter und die Mannschaft, die gestern trotz aller Ungewissheit nicht drum herum kamen, sich auf eine Bundesligapartie vorzubereiten, habe man kontinuierlich über den aktuellen Stand informiert. Nach der sofortigen Absage des "Geisterspieltags" und der DFL-Empfehlung, den Spielbetrieb bis zum 2. April auszusetzen, werde man im Rahmen der außerordentlichen Mitgliederversammlung der 36 Profiklubs am Montag in Frankfurt "die weiteren Schritte besprechen und abstimmen", so Görlich.
Noch am Donnerstag hatte Trainer Alfred Schreuder seine Schützlinge zum Training in die Sinsheimer PreZero-Arena gebeten, damit sich Kapitän Benjamin Hübner und Co. auf die dortigen Gegebenheiten ohne Zuschauer einstellen können. Und nun? Auch ohne ein konkreten Wettkampf, auf den man sich vorbereiten kann, wird der Trainingsbetrieb fortgesetzt, verriet Görlich. Dies sei aus "sportmedizinischen und leistungsphysiologischen Gründen" wichtig. Besucher werde man im Trainingszentrum in Zuzenhausen zunächst allerdings keine mehr empfangen.
Den SV Sandhausen erreichte die Nachricht von der Absage des Spieltags auf der Autobahn. Bei Wunsiedel im Fichtelgebirge, 120 Kilometer vor Aue, entdeckte Stürmer Aziz Bouhaddouz als Erster die Mitteilung der Deutschen Fußballliga. Der Zweitligist aus der Kurpfalz, der heute um 13 Uhr im Erzgebirgsstadion vor leeren Rängen spielen sollte, fuhr auf einen Parkplatz. Nach Telefonaten mit Präsident Jürgen Machmeier und dem Sportlichen Leiter Mikayil Kabaca drehte der Bus, der schon seit dreieinhalb Stunden unterwegs war, wieder um Richtung Heimat.
"Das ist unangenehm", sagte Uwe Koschinat, "doch ich habe auch Verständnis dafür." Einen Vorwurf für die späte Absage gab’s vom Sandhäuser Trainer nicht. "Es war eine dynamische Entwicklung und die Ereignisse haben sich überschlagen", sagte der 48-Jährige.
Am Samstag und Sonntag will der Coach seiner Mannschaft frei geben. Für Montagnachmittag ist Training angesetzt. Ob es auch stattfinden wird? Das hängt von der Entscheidung ab, die die DFL am Montag treffen wird.
Koschinat hat jedenfalls Verständnis. Auch der Trainer will wegen der Corona-Pandemie seine sozialen Kontakte in nächster Zeit reduzieren. Der anstehende Geburtstag von Frau Kyra soll – auch mit Rücksicht auf Koschinats 81-jährigen Vater – nur in kleinem Familienkreis mit Sohn Ole und Tochter Liv begangen werden.
Mit der Rückkehr an den Hardtwaldt gestern Abend ging für den SV Sandhausen eine zweitägiges Hin und Her zu Ende. Am Donnerstagmorgen hatte der FC Erzgebirge für eine Spielabsage plädiert, weil zwei seiner mit dem Coronavirus infizierte Anhänger beim Sachsenderby am vergangenen Wochenende im Dresdener Rudolf-Harbig-Stadion im Fanblock waren. Da man nicht wisse, mit wem sie in Kontakt standen, könne man für die Gesundheit von Spielern und Mitarbeitern keine Verantwortung übernehmen, hieß es. Allerdings hatte das Gesundheitsamt keine Empfehlung für eine Absage ausgesprochen – wie es zuerst hieß –, sondern lediglich ein Spiel ohne Zuschauer nahegelegt. Deshalb machten sich die Profis gestern Mittag um 13 Uhr auf die Fahrt. Vermutlich war es die vorerst letzte Dienstreise.
Update: Freitag, 13. März 2020, 19.15 Uhr
Sandhausen. (dpa-lsw) Die Deutsche Fußball Liga hat den Spielbetrieb in der Bundesliga und der 2. Liga wegen der Coronavirus-Pandemie vorerst eingestellt. Der für dieses Wochenende geplante Spieltag werde verlegt, teilte die DFL am Freitag mit. Somit wird auch das Spiel des SV Sandhausen bei Erzgebirge Aue ausfallen. Noch am Vormittag hatte es geheißen, die Partie finde doch statt.
Update: Freitag, 13. März 2020, 16.23 Uhr
Sandhausen. (dpa-lsw) Das Zweitliga-Spiel des SV Sandhausen am Samstag (13 Uhr/Sky) beim FC Erzgebirge Aue findet statt. Wie die Deutsche Fußball Liga (DFL) am Freitag mitteilte, habe ihr das Gesundheitsamt des Erzgebirgskreises bestätigt, dass die Austragung ohne Zuschauer möglich sei. Der Tabellenachte Aue hatte am Donnerstag zunächst erklärt, die Behörde habe eine Absage empfohlen, weil am vergangenen Wochenende beim Auswärtsspiel bei Dynamo Dresden zwei mit dem Coronavirus infizierte Fans im Stadion gewesen seien.
Die DFL will den Proficlubs am kommenden Montag vorschlagen, die Spielzeiten der Bundesliga und 2. Bundesliga von Dienstag an bis zum 2. April zu unterbrechen. Der 26. Spieltag am Wochenende soll aber noch planmäßig und ohne Zuschauer so weit wie möglich stattfinden.
Update: Freitag, 13. März 2020, 12 Uhr
Von Claus Weber und Hans Falsehr
Heidelberg. Überrascht hat die Nachricht keinen mehr. Hannover 96 meldete gestern den zweiten Corona-Fall. Nach Timo Hübers wurde auch Jannes Horn vom Fußball-Zweitligisten positiv getestet. Die komplette Mannschaft steht nun unter Quarantäne und hat mit sofortiger Wirkung den Trainingsbetrieb für 14 Tage eingestellt. Die Niedersachsen wollen bei der Deutschen Fußballliga die Absetzung der nächsten beiden Spiele gegen Dresden und in Osnabrück beantragen.
Drunter und drüber ging es gestern auch am Hardtwald. Am Morgen sah es noch so aus, als ob das Spiel des SV Sandhausen am Samstag (13 Uhr/Sky) beim FC Erzgebirge Aue abgesetzt werden würde, am Nachmittag kam dann die Mitteilung, dass die Partie stattfindet – allerdings vor leeren Rängen. Die Sachsen hatten auf ihrer Homepage zunächst für eine Absage plädiert, weil sich zwei mit Corona infizierte Fans beim Derby in Dresden im Stadion aufgehalten hätten. Da man nicht wisse, ob und mit wem sie Kontakt hatten und man keine Verantwortung für Zuschauer, Gäste und Mitarbeiter übernehme könne, halte man die Austragung des Spiels für "unverantwortlich". Am Nachmittag war dann nur noch von "Verdachtsfällen" die Rede, die sich offenbar doch nicht bestätigt haben.
Damit stehen Sandhausen – so der derzeitige Stand – zwei Geisterspiele bevor. Denn auch die Heimpartie am nächsten Freitag gegen Jahn Regensburg wird ohne Zuschauer durchgeführt. Weitere Infos dazu konnte Pressesprecher Markus Beer gestern nicht geben, sondern verwies auf die außerordentliche Vollversammlung der DFL am Montag.
Uwe Koschinat wollte sich nicht zur Corona-Problematik äußern. Er sei ein politisch und gesellschaftlich sehr interessierter Mensch, sagte der Sandhäuser Trainer, ihm fehlten dazu aber die tiefer gehenden Einblicke. "Und ich finde es auch falsch, wenn jeder seinen Senf dazu gibt." Stattdessen sprach Koschinat über sein Team, das beim 2:2 gegen St. Pauli seine Unsicherheit überwunden, einen Rückstand aufgeholt und am Ende auch auf den Siegtreffer gedrängt habe.
Das macht Hoffnung für das Spiel beim FC Aue, der bislang nur ein einziges Spiel im eigenen Stadion verloren und dort zuletzt sogar den Hamburger SV 3:0 geschlagen hat. Sören Diekmeier fällt noch verletzt aus. Für den gelb-gesperrten Torjäger Kevin Behrens dürfte Rurik Gislason stürmen oder aber Koschinat lässt nur Aziz Bouhaddouz angreifen und verstärkt dafür die Flügel.
Auch der Karlsruher SC trägt sein Heimspiel am Samstag (13 Uhr/Sky) gegen Darmstadt 98 vor leeren Rängen aus. Ein weiteres schlechtes Vorzeichen: Trainer Christian Eichner standen am Donnerstag nur 14 Feldspieler zur Verfügung. Denn Änis Ben-Hatira (Rot) und Christoph Kobald (Gelb) sind gegen die Lilien gesperrt, Kyoung-Rok Choi, Marco Djuricin, Jannis Hanek und Martin Röser verletzt. Und ob Dirk Carlson (Mittelfuß), Anton Fink (Zahnprobleme), Marc Lorenz (nach Rippenbruch) und Justin Möbius (Oberschenkel) eingesetzt werden können, entscheidet sich erst am Spieltag. "Ich hoffe doch, dass der eine oder andere noch fit wird und wir 18, 19 Mann zusammen bekommen", kommentierte Sportdirektor Oliver Kreuzer die personell angespannte Situation im Wildpark.
Außerdem macht dem nicht gerade gut betuchten KSC der Ausschluss der Öffentlichkeit – nur die Medien sind zugelassen – finanziell zu schaffen. Auf bis zu eine halbe Million Euro bezifferte Geschäftsführer Michael Becker den Verlust pro Geisterspiel, der u.a. durch Einnahmeausfälle, aber auch durch eventuelle Rückzahlungen für Tages- und Dauerkarten sowie Werbe- und Hospitalityleistungen zustande kommen könnte.
So könnte Sandhausen spielen: Fraisl – Diekmeier, Nauber, Zhirov, Paqarada – Scheu, Paurevic, Taffertshofer – Biada – Gislason, Bouhaddouz.
So könnte Karlsruhe spielen: Uphoff - Thiede, Gordon, Pisot, Roßbach - Groiß, Gondorf - Stiefler, Wanitzek, Grozurek – Hofmann.
Update: Donnerstag, 12. März 2020, 20 Uhr
Sandhausen. (dpa-lsw) Spielen oder nicht spielen? Beim Fußball-Zweitligisten SV Sandhausen herrschte am Donnerstagnachmittag Ungewissheit, ob die Partie am Samstag (13 Uhr) beim FC Erzgebirge Aue stattfinden wird. "Stand jetzt ist, dass wir dort voraussichtlich ohne Zuschauer spielen werden", erklärte Pressesprecher Markus Beer gegen 13.30 Uhr.
Der Verein aus dem Erzgebirge hatte am Morgen auf seiner Homepage eine Pressemitteilung veröffentlicht, wonach der Klub für eine Absage plädiert. Der Tabellenachte war kurz zuvor vom Gesundheitsamt darüber informiert worden, dass im Sachsenderby in Dresden am Sonntag zwei mit dem Coronavirus infizierte Auer Fans im Stadion waren, die sich in verschiedenen Bereichen des Rudolf-Harbig-Stadion aufgehalten hatten.
"Wir wissen derzeit nicht, ob und mit wem die betreffenden Personen noch Kontakt hatten", wird FCE-Geschäftsführer Michael Voigt in der Pressemitteilung zitiert. Vor diesem Hintergrund könne der Verein keine Verantwortung für Zuschauer, Gäste, Mitarbeiter und Mannschaft übernehmen, hieß es weiter. Aus der Empfehlung des Gesundheitsamtes schloss Voigt dass "eine Austragung des Spiels gegen Sandhausen aus unserer Sicht unverantwortlich ist".
Uwe Koschinat wollte sich generell nicht zur Corona-Problematik äußern. Er sei ein politisch und gesellschaftlich sehr interessierter Mensch, sagte der Sandhäuser Trainer, ihm fehlten dazu aber die tiefer gehenden Einblicke und er fände es falsch, dass sich jeder zu diesem Thema äußern sollte.
Falls der Tabellen-13. aus der Kurpfalz doch bei den Sachsen antreten sollte – eine Entscheidung wird am Nachmittag erwartet - muss er auf Kevin Behrens verzichten. Der mit elf Treffern beste Sandhäuser Schütze fällt wegen einer Gelb-Sperre aus. Ersetzt werden könnte er durch den isländischen Nationalspieler Rurik Gislason.
Update: Donnerstag, 12. März 2020, 15.41 Uhr
Das Gesundheitsamt des Erzgebirgskreises empfiehlt eine Absage des Heimspiels des FC Erzgebirge Aue in der 2. Fußball-Bundesliga gegen den SV Sandhausen am Samstag (13 Uhr/Sky). Wie der Verein aus Aue am Donnerstag mitteilte, ist der Grund für die Maßnahme, dass sich zwei mit dem Coronavirus infizierte Fans am vergangenen Wochenende beim Spiel gegen Dynamo Dresden im Stadion befunden haben.
Eine der Personen hielt sich demnach im Auer Fanbereich auf, die andere in verschiedenen Zuschauerbereichen. "Zudem waren die betreffenden Personen zusammen mit weiteren Fans zu dem Spiel angereist", hieß es in der Mitteilung.
"Wir wissen derzeit nicht, ob und mit wem die betreffenden Personen noch Kontakt hatten. Vor dem Hintergrund dieser neuen Sachlage können wir als Verein keinerlei Verantwortung für die Zuschauer, unsere Gäste, unsere Mitarbeiter samt unserer gesamten Mannschaft übernehmen", sagte Aues Geschäftsführer Michael Voigt: "Der Empfehlung des Gesundheitsamtes folgend, ist eine Austragung des Spiels gegen Sandhausen aus unserer Sicht unverantwortlich."