Der nächste Husarenstreich
Der SV Sandhausen springt durch den 4:2-Sieg über Hannover auf Platz 15. Es war ein Spiel der Premieren, Rekorde und Jubiläen.

Von Claus Weber
Sandhausen. Die Spieler des SV Sandhausen standen nach dem Schlusspfiff im Kreis, strahlten, jubelten und spendeten sich gegenseitig Applaus. Sie konnten kaum fassen, was sie gerade geleistet hatten. Nur eine Woche nach der Corona-Quarantäne und nur drei Tage nach dem überraschenden 2:1-Sieg über den Hamburger SV war den Kurpfälzern der nächste Husarenstreich gelungen.
Mit dem 4:2 (1:1) gegen Hannover 96 verließen sie die Abstiegsränge. Von Platz 17 auf 15, vom sicheren Abstiegskandidaten zu der Mannschaft, die im Tabellenkeller nun die besten Optionen hat, innerhalb von nur 65 Stunden.
Damit hatten selbst kühnste Optimisten nicht gerechnet.
"Sensationell", schwärmte Mikayil Kabaca. Schließlich waren die Sandhäuser zwischenzeitlich sogar mit 1:2 im Hintertreffen gelegen. "Das Spiel gegen den HSV hat Kraft gekostet", sagte der Sportliche Leiter, "und dennoch haben wir gegen spielstarke Hannoveraner einen Rückstand aufgeholt – das hatten wir in dieser Runde noch nie geschafft."
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Das 300. Zweitliga-Spiel des SV Sandhausen war eine Partie der Premieren, Rekorde und Jubiläen. Denis Linsmayer feierte seinen 250. Pflichtspieleinsatz im schwarz-weißen Trikot, in der ewigen Tabelle kletterte der Dorfklub auf den 50. Platz und mit dem dritten Sieg in Folge wurde der Vereinsrekord aus dem vergangenen Jahr eingestellt.
Kein Wunder, dass Jürgen Machmeier mit der Zunge schnalzte. "Dieser Sieg war geprägt von Gier, Leidenschaft und Mentalität", lobte der Präsident, "wir können unheimlich stolz sein, was unsere beiden Trainer aus der Mannschaft gemacht haben."
Wäre jetzt Schluss, würde Sandhausen in der Zweiten Liga bleiben. Das Ziel ist allerdings noch fünf Spiele entfernt. Und nur noch einmal – am 16. Mai gegen den Tabellen-14. Regensburg – dürfen die Sandhäuser am Hardtwald antreten, wo 28 der 31 Punkte eingefahren wurden.
In den vier Auswärtsspielen am Mittwoch in Fürth (2. Platz), am 4. Mai in Kiel (4.), am 9. Mai in Heidenheim (6.) und zum Abschluss am 23. Mai bei Spitzenreiter Bochum hängen die Trauben hoch.
"Wir müssen die Kirche im Dorf lassen", warnte deshalb Volker Piegsa, "man muss bedenken, dass wir aus einer Quarantäne kommen. Wir können diese Leistung nicht in den fünf verbleibenden Spielen erwarten." Allerdings habe man auch einen Riesenschritt nach vorne gemacht. "Wir haben uns zurückgemeldet", sagte der Geschäftsführer.
Auch Jürgen Machmeier mahnte. "Wir haben noch gar nichts erreicht, aber wir haben uns in eine Situation gebracht, in der wir es selbst in der Hand haben, über dem Strich zu landen. Diese Position wollen wir mit aller Gewalt verteidigen."
Das große Plus der Kurpfälzer: Sie sind noch mit zwei Spielen im Rückstand und endlich steht eine Mannschaft auf dem Platz, die diesen Namen auch verdient. "Am Anfang waren wir keine eingeschworene Truppe", gab Verteidiger Tim Kister am Sonntag zu, "aber mittlerweile kämpft jeder für jeden."
Auch gegen Hannover war der Start holprig. Die Mannschaft des früheren Sandhäuser Trainers Kenan Kocak hatte mehr Ballbesitz, war zunächst optisch überlegen. Julius Biada brach mit einem Hammerfreistoß, den Schlussmann Michael Esser nicht festhalten konnte, den Bann (26.). Hannover schlug kurz vor der Pause mit einem ganz ähnlichen Treffer zurück. Muslija verwandelte aus über 20 Metern direkt. Stefanos Kapino sah dabei nicht gut aus.
Der Sandhäuser Torwart machte seinen Patzer später allerdings wieder gut, hielt sein Team im Rennen. Auch wenn er beim 1:2 durch den Ex-Waldhöfer Valmir Sulejmani (63.) machtlos war.
Statt nach dem Rückstand einzubrechen, legten die Sandhäuser jetzt erst richtig los. Kister erzwang einen Foulelfmeter, den Kevin Behrens eiskalt verwandelte (68.), Daniel Keita-Ruel stand goldrichtig, als Torwart Esser einen Gewaltschuss von Biada abprallen ließ (81.) und Behrens erhöhte nach einem Konter sogar auf 4:2 (90.+1).
"Das war ein hartes Stück Arbeit", sagte Verteidiger Kister, "jetzt sind wir auf einem richtig guten Weg. Den wollen wir am Mittwoch in Fürth fortsetzen."
Sandhausen: Kapino - Nauber (64. Linsmayer), Kister, Zhirov (90.+4 Paurevic) - Diekmeier, Taffertshofer (64. Bachmann), Zenga (84. Contento), Nartey - Biada (84. Esswein) - Behrens, Keita-Ruel
Hannover: Esser - Muroya, Franke (16. Falette), Elez, Hult - Bijol - Kaiser (74. Basdas), Muslija (74. Maina) - Haraguchi - Weydandt (59. Sulejmani), Ducksch
Schiedsrichter: Badstübner (Windsbach)
Tore: 1:0 Biada (26.), 1:1 Muslija (42.), 1:2 Sulejmani (63.), 2:2 Behrens (68., Foulelfmeter), 3:2 Keita-Ruel (81.), 4:2 Behrens (90.+1)
Update: Sonntag, 25. April 2021, 19.44 Uhr
Sandhausen. (dpa) Der SV Sandhausen hat im Abstiegskampf der 2. Fußball-Bundesliga einen weiteren wichtigen Sieg geholt. Drei Tage nach dem überraschenden 2:1 gegen den Hamburger SV gewannen die Badener am Sonntag auch gegen Hannover 96 mit 4:2 (1:1). Julius Biada (26. Minute), Kevin Behrens (68./Foulelfmeter, 90.+1) und Daniel Keita-Ruel (81.) trafen beim dritten Sieg in Serie. Für 96 waren Florent Muslija (42.) und Valmir Sulejmani (63.) die Tore.
In der Tabelle sprangen die Gastgeber, die erst vorige Woche aus ihrer 14-tägigen Corona-Quarantäne zurückgekehrt waren, auf den Nichtabstiegsplatz 15. Und sie haben immer noch zwei Spiele weniger als der 16. aus Braunschweig. 96 bleibt im gesicherten Mittelfeld.
⏱️ 90' | ABPFIFF! ⏹️
— SV Sandhausen 1916 e.V. (@SV_Sandhausen) April 25, 2021
JAAAA! WIR! besiegen @Hannover96 mit 4:2! 😍
4:2 | #SVSH96 pic.twitter.com/XdfgHWued0
Beide Torhüter sahen bei gegnerischen Freistößen in der ersten Hälfte nicht gut aus. Erst überwand Biada 96-Keeper Michael Esser, dann kam SVS-Schlussmann Stefanos Kapino an einen Schuss von Muslija nicht heran. Nach dem Seitenwechsel bekam Sandhausen den Ball nicht geklärt - und Sulejmani traf per Flachschuss.
Kurz darauf verschuldete Hannovers Simon Falette mit einem üblen Foul an Tim Kister einen Strafstoß. Diesen verwandelte Behrens zum 2:2. Neun Minuten vor dem Ende patzte Esser dann erneut: Einen Schuss von Biada ließ der Torwart der Niedersachsen nach vorne prallen - Keita-Ruel staubte ab. In der Nachspielzeit schnürte Behrens noch den Doppelpack.