Unbeeindruckt von Vorwürfen von Ex-Trainer Breitenreiter (plus Fotogalerie)
Neue Gesichter, ein alter Bekannter und kein Blick zurück: Hoffe bereitet sich vor. Mit den Aussagen des Ex-Trainers wollte sich allerdings keiner aufhalten.

Von Nikolas Beck
Zuzenhausen. Rund anderthalb Wochen, bevor die TSG Hoffenheim mit einem Auswärtsspiel im DFB-Pokal beim VfB Lübeck in die neue Saison startet, wurde sie noch einmal mit der Vergangenheit konfrontiert: Ex-Trainer André Breitenreiter, nach nur acht Monaten im Amt im Februar freigestellt, hat sich erstmals öffentlich zu seinem Aus im Kraichgau geäußert.
Er habe "schnell gemerkt, dass es innerhalb des Vereins unterschiedliche Interessen gibt. Ich saß teilweise zwischen den Stühlen und habe geahnt, dass es auf Dauer schwierig wird, nachhaltig erfolgreich zu arbeiten", sagte der 49-Jährige, der in der Vergangenheit auf seinen Stationen "immer die Erfahrung gemacht habe, dass alle an einem Strang ziehen müssen, um Erfolg zu haben."
Ist das in Hoffenheim etwa nicht so? Richtig konkret wird Breitenreiter im Interview mit Sport1 nicht. Sagt, er wolle weder über Mehrheitsgesellschafter Dietmar Hopp noch über andere einzelne Personen sprechen. "Sondern viel mehr über eine einheitliche Strategie eines Klubs. Bei der TSG sollen junge Spieler gefördert werden, um hohe Transfererlöse zu erzielen und damit das Prädikat ‚Bester Ausbildungsverein Deutschlands‘ untermauert wird. Auf der anderen Seite geht es um sportlichen Erfolg und die Rückkehr in die Champions League."
Die wurde zuletzt auch unter Nachfolger Pellegrino Matarazzo meilenweit verfehlt. Erst am vorletzten Spieltag war das Abstiegsgespenst vertrieben. Aktuell arbeiten Coach "Rino" und seine Elf daran, dass es im neuen Jahr wieder in Richtung der Europapokal-Plätze geht. Aber ist das überhaupt möglich? Der ehemalige Meistertrainer mit dem FC Zürich bezweifelt das.
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"Dafür braucht eine Mannschaft Qualität auf dem Platz, Erfolgshunger und eine Winner-Mentalität. Teilweise lebt der Verein aber noch in der Vergangenheit, in der sich Altlasten angehäuft haben, wodurch die Entwicklung stagniert. Veränderung setzt Geduld voraus." Sprich: Die habe man mit ihm nicht gehabt.
Geschäftsführer Alexander Rosen, als damaliger Sportdirektor erster Ansprechpartner für Breitenreiter, wollte sich auf RNZ-Anfrage nicht zu den Vorwürfen äußern. Breitenreiter ist nun mal Geschichte – und bei "Hoffe" glaubt man, in den vergangenen Wochen und Monaten auch ohne die Hilfe Breitenreiters an den richtigen Stellschrauben gedreht zu haben.
In der Trainingseinheit am Donnerstagvormittag wurde weiter intensiv an der vielleicht größten sportlichen Baustelle gewerkelt: dem Torabschluss. Beim "Elf gegen Elf" auf halbem Feld klappte das nur bedingt. Zwar war das schnelle Umschalten, dass Matarazzo für die abschließenden beiden Wochen vorm Pflichtspielauftakt in den Fokus gerückt hat, immer wieder zu beobachten. Treffer gelangen aber lediglich Julian Justvan, dem Neuzugang aus Paderborn. Sowie Marius Bülter, vom FC Schalke losgeeist, fürs andere Team.
Anschließend wurde in zwei Gruppen aufs Tor geschossen – und in einer geköpft. Je ein Stürmer und zwei Innenverteidiger – erst versuchten Bülter zusammen mit Ozan Kabak und Jay Brooks die Eckball-Hereingaben von Andrej Kramaric und Justvan zu verwandeln, dann Maxi Beier, Kevin Akpoguma und Stanley Nsoki die Bälle von Robert Skov und Muhammed Damar.
Für diejenigen, die es mit dem Fuß versuchen durften, galten strenge Regeln: Wer über den Zaun schoss, machte 20 Liegestütze. Das "Krafttraining" hielt sich aber in Grenzen. Den einen oder anderen Brüller ließ Keeper Oliver Baumann sogar los, weil schon wieder ein Ball an ihm vorbei im Netz einschlug. "Knapp dran, Oli", neckte Florian Grillitsch seinen Kapitän. "Halt’s M...", konterte Baumann, natürlich mit einem Augenzwinkern.
So kamen auch die gut zwei Dutzend Zuschauer im witterungsbedingt eher ungemütlichen Dietmar-Hopp-Sportpark auf ihre Kosten. Beim Autogramme schreiben und Posieren für Selfies waren vor allem die Neuen, allen voran Attila Szalai und Marius Bülter gefragt. Die Publikumslieblinge Kevin Vogt, Baumann oder auch Grischa Prömel sowieso. Ein alter Bekannte war dagegen nur aus der Ferne zu erkennen. Sebastian Rudy, Hoffenheimer Rekordfeldspieler und noch bis Ende Juni bei 1899 unter Vertrag, schaute bei den ehemaligen Kollegen vorbei.
Und, so ist das bei einem Dorfklub, wenn man höflich fragt, bekommt man sogar eine Extrawurst: Baumann kam der Bitte einer Zuschauerin gerne nach, Finn Ole Becker noch einmal aus der Kabine zu holen. Und der 23-jährige Mittelfeldspieler kam der Bitte gerne nach.
Kurzum: Bei der TSG Hoffenheim wartet man zwar weiterhin auf die Unterschrift eines Mittelstürmers. Ungeachtet dessen bereitet man sich in aller Ruhe vor auf den Ernstfall in Lübeck und das erste Ligaheimspiel in knapp zwei Wochen gegen den SC Freiburg. Mit einem Blick zurück sowie den Aussagen des Ex-Trainers wollte sich jedenfalls keiner aufhalten. Übrigens auch nicht mit mehr als einem kurzen Plausch mit der Presse. Oli Baumann und Kevin Vogt zumindest wissen: Manchmal ist es nun mal besser zu schweigen.