Zoe Vogelmann geht ihren eigenen Weg
Die 15-Jährige strebt eine Profi-Karriere im Schwimmsport an - Dass der Weg dorthin sehr steinig sein kann, hat sie bereits am eigenen Leib erfahren

Zoe Vogelmann vom SV Nikar Heidelberg verbessert im Olympiastützpunkt ihr Potenzial. Foto: F&S
Von Christoph Ziemer
Heidelberg. Die Hitze der vergangenen Tage hat Zoe Vogelmann nicht wirklich gestört. Denn die 15-Jährige trainiert ohnehin fast täglich dort, wohin sich der normale Bürger gerne flüchtet, wenn das Thermometer steigt: Im Schwimmbecken. Seit der frühen Kindheit, sagt sie, sei sie eine echte Wasserratte. Bis zu ihrem zehnten Lebensjahr hat die Athletin des SV Nikar Heidelberg auch Ballett getanzt und Klavier gespielt, doch ihre wahre Liebe gilt dem Schwimmen. Immer schneller bewegt sich Zoe Vogelmann im Wasser, 2015 wurde Uta Brandl auf die Schwimmerin aufmerksam.
"Ich habe schon damals ein Auge auf Zoe geworfen", erinnert sich die Trainerin des Olympiastützpunkts Metropolregion Rhein-Neckar: "Zoe ist für ihr Alter unheimlich zielorientiert. Ich habe selten jemanden erlebt, der ununterbrochen und ohne jeglichen Zwang immer mit 100 Prozent bei der Sache ist."
In der Regel klingelt der Wecker im Hause Vogelmann schon um 5.40 Uhr - nicht bei den Eltern, sondern bei Zoe. Wenn die Eltern in die Küche kommen, sitzt die Schülerin des Helmholtz-Gymnasiums schon beim Frühstück. Um 6.30 Uhr ist Trainingsbeginn, knapp zehn Minuten benötigt sie mit dem Rad ins Bad. Gerade in der dunklen Jahreszeit sei das frühe Aufstehen nicht immer einfach, sagt Zoe: "Aber ich habe meine Motivation, für die ich alles gebe."
Das Motiv ist klar. Zoe Vogelmann hat ein Ziel vor Augen: Eine Profi-Karriere im Schwimmsport. Dass der Weg dorthin sehr steinig sein kann, hat sie bereits am eigenen Leib erfahren. Eine hartnäckige Schulterverletzung warf die Schwimmerin fast ein Jahr zurück. Auch wenn sie inzwischen schmerzfrei schwimmt, glaubt Zoe, aus dieser für sie schweren Zeit einiges für später mitzunehmen: "Ich bin jetzt viel stärker. Aus dieser Geschichte habe ich eine Menge mitgenommen und gelernt." Zum Beispiel, dass es in einer Sportlerkarriere nicht immer nur bergauf geht.
Ihrem Schützling habe sie damals vermittelt, dass man im Leben permanent neue Erfahrungen sammle, blickt Uta Brandl zurück: "Solche Phasen muss man als Chance sehen, nicht als Verlust. Nach einer solchen Geschichte kann man Probleme viel besser einordnen." Obwohl die Schmerzen in der Schulter monatelang kaum besser wurden, hat Zoe nie aufgegeben und ihre Verletzung akzeptiert. Man kann durchaus sagen, dass sich die Hartnäckigkeit gelohnt hat. Bei 2:14,04 Minuten liegt ihre Bestzeit über ihre Paradedisziplin 200 Meter Lagen, in der deutschen Bestenliste steht sie damit auf Rang eins. Über 100 Meter Kraul steht Zoes schnellste Zeit bei 55,90 Sekunden. "Beim Rückenschwimmen haben wir die größten Reserven, um international mitzuhalten", weiß Trainerin Brandl.
Manchmal fällt es der 51-Jährigen schwer, den Ehrgeiz ihrer Schwimmerin zu bändigen. Selbst an den wenigen freien Tagen kann Zoe kaum von ihrem Sport lassen. Einen Tag einfach einmal abzuhängen, könne die Schülerin mit ihrem Gewissen oft nur schwer vereinbaren, sagt Brandl: "Eine Pause gehört aber auch dazu und ist für die Regeneration unheimlich wichtig." Das frühe Training bietet allerdings auch Vorteile. Wenn die Schwimmerin um 8.30 Uhr in der Schule aufkreuzt, ist sie topfit. "Je länger der Unterricht dauert, umso müder werde ich allerdings auch", weiß sie. Naturwissenschaften liegen ihr besonders, am Nachmittag wird der versäumte Unterricht im Teilzeitinternat nachgeholt. Von 16 bis 19 Uhr stehen Wasser- und Athletiktraining an. Technisch, sagt Uta Brandl, habe sich Zoe enorm verbessert: "Bei den Tauchphasen nach Start und Wende hat sie unglaublich viel gelernt. Das ist ihr nicht einfach so zugeflogen."
Bei der Junioren-Europameisterschaft, die heute im russischen Kasan beginnt, ist Zoe eine von vier Athleten, die der Olympiastützpunkt Rhein-Neckar entsendet. Das Ziel: Eine Top-3-Platzierung, die besonders über 200 Meter Lagen realistisch scheint. Ebenso wie die Teilnahme an der Junioren-WM. Irgendwann sollen auch die großen Wettbewerbe folgen. Der große Traum ist klar: Die Olympischen Spiele. Schwimmerische Vorbilder habe sie nicht, sagt Zoe, die ihren Fernseher auch gerne bei Leichtathletik und Wintersport einschaltet: "Ich will meinen eigenen Weg gehen und finden." Man kann sagen, dass dieser Plan bislang aufgegangen ist.



