Eingeschüchtert wie das Kaninchen vor der Schlange (plus Video)
Die Löwen verwerfen viel zu viele Bälle und verlieren völlig verdient mit 25:33 bei der SG Flensburg-Handewitt.

Von Tillmann Bauer
Flensburg. "Apfel" spricht Klartext. Mikael Appelgren (34) gehört zu den Dienstältesten bei den Rhein-Neckar Löwen, ist mittlerweile Teil des Mannschaftsrats und Co-Kapitän. Der Schwede sagte nun zur RNZ: "Wir müssen uns alle Gedanken machen. Die ganze Mannschaft. Wir müssen das Mentale hinkriegen." Der Kopf, der Kopf.
Viele Überlegungen kann’s aber gar nicht geben: Zwischen der 25:33 (9:14)-Niederlage in der Handball-Bundesliga bei der SG Flensburg-Handewitt am Samstag und dem nächsten Duell in der European League am Dienstag (18.45 Uhr/Dyn) im Heidelberger SNP Dome gegen Benfica Lissabon ist wenig Zeit.
Eine lange Zeit sind dagegen sechs Jahre. So lange warten die Löwen nun schon auf einen Auswärtssieg in Flensburg – beim jüngsten Versuch am Samstag waren sie chancenlos.
Die erschreckenden Zahlen: Nur 25 von 53 Würfen waren erfolgreich. Insgesamt 13 Mal scheiterte man aus der Nahdistanz. Der Däne Kevin Møller kam letztendlich auf 21 Paraden (47 Prozent gehaltene Bälle). Allein im ersten Abschnitt hielt der SG-Schlussmann 17 Bälle (65 Prozent).
Manche Löwen wollten gar nicht mehr werfen. Eingeschüchtert wie das Kaninchen vor der Schlange!
Appelgren sagte: "Kevin Møller hat uns sehr geärgert. Aber ich kann aus Torwart-Perspektive sagen: Wir verwerfen auch die ganze Zeit auf ähnliche Weise. Das können wir besser machen." Und Löwen-Rückraumspieler Olle Forsell Schefvert meinte: "Kevin ist ein Welttorwart. Das hat er eindrucksvoll gezeigt. Wenn man so viele Bälle verwirft, kann man ihm nur gratulieren."
So kam’s genau wie schon gegen den THW Kiel: Dass Löwen-Keeper David Späth (10 Paraden/37 Prozent) ein starkes Spiel machte, ging wegen der extrem schwachen Angriffsleistung unter.
Also sahen die Ex-Löwen Andy Schmid – inzwischen TV-Experte – und Ljubomir Vranjes – inzwischen Sportlicher Leiter der SG – in der mit 6300 Zuschauern ausverkauften Campus Halle ein einseitiges Handball-Spiel. Sogar Wirtschaftsminister Robert Habeck war da und freute sich, dass die Farben Rot und Blau regierten.
Der Vize-Kanzler ist brennender Flensburg-Fan und hatte dementsprechend großen Spaß. Die Norddeutschen führten schon zur Pause mit fünf Toren (14:9), nach dem Wechsel drohte das Spiel zwischenzeitlich zu einer echten Klatsche zu werden (18:10/35. Minute). Spannung kam danach keine mehr auf.
Gründe gab’s genug. Das Hauptproblem ist der harmlose Angriff. Zu den etlichen Fehlwürfen gesellten sich diesmal elf technische Fehler. Das in der Vor-Saison noch so gefürchtete Tempo-Spiel kann momentan selten durchgesetzt werden.
Im Positionsangriff tun sich die Löwen extrem schwer. Schefvert bestätigte das. Der Schwede sagte: "Die anderen Mannschaften sind inzwischen besser auf uns eingestellt." Konnte Schefvert in der letzten Runde noch hauptsächlich im Innenblock arbeiten, ist er mittlerweile auch offensiv der erste Mann im linken Rückraum. Warum? Halil Jaganjac kann immer noch nicht werfen, Philipp Ahouansou fehlt verletzt, Gustav Davidsson ist zu unsicher und Andreas Holst Jensen noch keine echte Alternative.
So schafften es die Flensburger, Juri Knorr (der in seiner Heimat zeitweise ausgepfiffen wurde) aus dem Spiel zu nehmen und ihn nur ein Feldtor werfen zu lassen. Damit war die Löwen-Offensive quasi entschlüsselt. Niclas Kirkeløkke spielte wieder einmal den Alleinunterhalter. Der Däne warf 16 Mal aufs Tor und war mit neun Treffern noch bester Löwe. Blöd nur, dass der Linkshänder im kommenden Jahr für Flensburg spielt.
In der Auswärts-Tabelle sind die Löwen nun Vorletzter. Insgesamt stehen 13:13-Punkte und Rang sieben. Das beschreibt die gezeigten Leistungen bisher ganz gut. Momentan nur Mittelmaß.
Flensburg: L. Møller 5, Jakobsen 7/3, Hansen 3, Mensah 2, Gottfridsson 5, Smits 3/1, Einarsson 2, Jørgensen 3, Golla 3.
Löwen: Knorr 2/1, Lindenchrone 2, Zacharias 1, Kirkeløkke 9, Plucnar 3, Kohlbacher 2, Móré 4, Oskarsson 1, Davidsson 1.
Strafminuten: Møller 2 - Jaganjac 4, Plucnar 2, Knorr 2.
Stenogramm: 2:0 (5.), 4:1 (10.), 7:4 (15.), 8:4 (20.), 9:5 (25.), 14:9 (Halbzeit), 17:10 (35.), 19:13 (40.), 23:26 (45.), 26:19 (50.), 29:22 (55.), 33:25 (Ende).
Zuschauer: 6300 (ausverkauft).
Update: Sonntag, 19. November 2023, 19.10 Uhr