Zu viele Fehlwürfe - aber die Löwen haben sich nicht aufgegeben
Aber die Rhein-Neckar Löwen erkämpfen sich bei der HSG Wetzlar zumindest noch ein 30:30-Unentschieden. Groetzki: "Klar haben wir Charakter."

Von Tillmann Bauer
Wetzlar. Kurztrip nach Mallorca, Heim-Pleite gegen Stuttgart (26:33) und ein ratloser Trainer, der Konsequenzen fordert – die Rhein-Neckar Löwen standen an diesem Wochenende charakterlich wahrlich in der Bringschuld.
Am Sonntagabend war dann klar: Der zweifache Meister hat sich zumindest nicht ganz aufgegeben!
Im vorletzten Bundesliga-Spiel der Saison konnte die Mannschaft von Trainer Sebastian Hinze in den Schlussminuten die nächste Blamage verhindern. Aus einem Drei-Tore-Rückstand vier Minuten vor dem Ende (30:27/56. Minute) machte man noch ein versöhnliches 30:30 (15:13)-Unentschieden.
Viele Löwen-Fans waren nach Mittelhessen mitgereist – diesmal gab’s nach Abpfiff keine Pfiffe, sondern aufmunternden Applaus. Juri Knorr und Co. rannten und kämpften – was für Profi-Sportler eigentlich normal sein sollte. Haben die Löwen also doch Charakter?
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Kapitän Patrick Groetzki sagte in Wetzlar zur Rhein-Neckar-Zeitung: "Klar haben wir Charakter! Ich kenne die Jungs und trainiere jeden Tag mit ihnen. Wir haben in diesem Jahr auch schon einige knappe Spiele umgebogen und gewonnen. Trotzdem möchte ich so einen Auftritt wie in den letzten zehn Minuten gegen Stuttgart nicht mehr sehen."
Gegen die Schwaben ließ man sich in den letzten Minuten hängen. Das war gegen die Hessen besser. In den Minuten davor tat man sich dafür im Abschluss schwer und verballerte satte 16 Würfe – darunter fünf Siebenmeter (!) – gegen Keeper Anadin Suljakovic (36 Prozent gehaltene Bälle). Dass Jannik Kohlbacher für einen Schlag ins Gesicht die Rote Karte kassierte (44.), half wenig. Vorne zählten ironischerweise die beiden Ex-Löwen Philipp Ahouansou (7 Treffer) und Lion Zacharias (6) zu den besten Torschützen.
Vor dem Saisonfinale stehen die Löwen also bei mageren 36 Punkten. Vor einigen Wochen hatte Coach Hinze noch das Minimalziel 40 Zähler ausgerufen, um die Spannung hochzuhalten. Am Sonntag (15 Uhr) kommt Meisterfavorit Füchse Berlin in die SAP Arena. Selbst mit einem Überraschungssieg würde man auch dieses Ziel verfehlen – aber zumindest die eigenen Fans versöhnen.
Groetzki: "Wenn man so wie gegen Stuttgart auftritt, dann muss man auch mit Pfiffen leben können. Wir haben zum Glück immer noch Meinungsfreiheit." Danach wurde der Rekordspieler ganz generell und sprach über die Zukunft des Klubs: "Es muss unser großes Ziel sein, dass wir hier wieder eine Siegermentalität hinbekommen. Die ist uns in den letzten Jahren abhanden gekommen. Wir haben Ergebnisse, die vielleicht nicht ganz so gut waren, versucht noch schön zu reden. Das passt mir gar nicht."
Was Groetzki meint: Früher kamen meist Spieler zu den Löwen, die das Siegen gewohnt waren. Zuletzt waren es aber fast nur unerfahrene Jungs – die noch nie etwas gewonnen haben. Groetzki: "Es muss allen klar sein, dass es eben nicht okay ist, ein Bundesliga-Spiel zu verlieren."
Verloren hat man am Wochenende nicht – aber ein Punkt in Wetzlar ist eben auch schwer als Erfolg zu werten.
Wetzlar: Ejlersen 1, Mappes 7, Vranjes 1, Ahouansou 7, Müller 1, Zacharias 6, Novak 5, Cavor 2.
Löwen: Martinovic 1, Nothdurft 5, Knorr 11, Davidsson 1, Schefvert 1, Lindenchrone 6, Kohlbacher 5.
Stenogramm: 3:3 (5.), 5:4 (10.), 8:10 (15.), 11:12 (20.), 12:13 (25.), 13:15 (30.), 18:18 (35.), 21:21 (40.), 24:24 (45.), 29:26 (50.), 30:27 (55.), 30:30 (60.).
Strafminuten: Vranjes 4, Cavor 4 – Nothdurft 2, Kohlbacher Rote Karte.