Zu viel Lehrgeld zu Beginn
MLP Academics starten katastrophal, kommen herausragend zurück, aber verlieren ihr Champions-League-Debüt in Patras 83:89

Von Nikolas Beck
Patras. So richtig festlich war es nicht, am Dienstagabend in Patras. Beim Debütantenball auf internationalem Parkett für die MLP Academics. Nur 643 Zuschauer waren in die Dimitris Tofalos Arena gekommen, um den griechischen Klub Promitheas bei dessen Heimauftakt zu unterstützen. Für die Gastgeber war es ein Pflichttermin zur ungeliebten Zeit, für die Gäste dagegen ein Basketball-Spiel in einem Wettbewerb, für den man extra eigene Trikots hatte anfertigen lassen.
Besonders laut feierten daher während und auch noch nach der 83:89 (37:50)-Niederlage der Jungs vom Neckar rund zwei Dutzend Heidelberger. Natürlich nicht das Ergebnis – aber eben die Tatsache, dass die Academics sich zum ersten Mal überhaupt in der Champions League duellieren durften. Für die historische Premiere war kein Weg zu weit.
Academics-Trainer Danny Jansson kannte die Atmosphäre in der Hafenstadt der Halbinsel Peloponnes, mit über 200 000 Einwohnern nach Athen und Thessaloniki immerhin drittgrößte Gemeinde Griechenlands, bereits aus der Vergangenheit.
Die Stimmung sei vielleicht nicht vergleichbar mit den berühmten griechischen Hexenkesseln, etwa von Aris oder Panathinaikos. Aber in der in die Jahre gekommenen eigentlich 4200 Zuschauer fassenden Spielstätte sei es dennoch für keine Gastmannschaft leicht zu bestehen, hatte der finnische Head Coach vorm Tip-Off gewarnt – und er sollte Recht behalten.
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Angegangen waren es die Academics mit DJ Horne, Erol Ersek, Samuel Williamson, Marcus Weathers und Osun Osunniyi in der Startformation. Letzterer war es auch, der schon nach fünf Sekunden die ersten Punkte für "Heidelberg international" markierte. "Wir wollen Deutschland und die deutsche Liga gut repräsentieren, das Spiel mit Stolz und Würde bestreiten", hatte Jansson die Marschroute vorgegeben.
Doch nach dem verheißungsvollen Blitzstart der Academics wurden die Griechen, mit reichlich Champions-League-Erfahrung ausgestattet, ihrer Favoritenrolle schnell gerecht. Auch, weil Center "Big O" schon nach etwas mehr als einer Minute sein zweites Foul kassierte und auf der Bank Platz nehmen musste.
Mateo Seric verwandelte einen Dreier zum 13:17 aus Sicht der Academics (7. Minute), dann ging erst einmal eine gefühlte Ewigkeit gar nichts mehr für den Königsklassen-Neuling. Ein 0:19-Lauf war es, ehe Michael Weathers nach sechs langen Minuten endlich wieder punkten konnte 16:36 (13.).
"Ich bin brutal verärgert über die ersten Minuten", sagte Sportchef Alex Vogel hinterher zur RNZ. "Natürlich haben wir eine tolle Moral gezeigt und natürlich ist das hier Neuland für die Mannschaft, aber es geht darum, dass du von Anfang an voll da bist. Das muss das Team verstehen."
Zwar gelang es Michael Weathers, dem in dieser Saison noch nicht wirklich in Schwung gekommenen Überflieger der vergangenen Spielzeit, im Verbund mit Topscorer DJ Horne (22 Punkte) nun, die Kollegen ein wenig wachzurütteln.
Ein spektakulärer Block hier, ein krachender Dunking da – und schon war’s zumindest keine Zweiklassengesellschaft mehr auf dem Feld. Der nach seinem starken Auftritt zwei Tage zuvor gegen Chemnitz dieses Mal eher übermotiviert und glücklos agierende Marcel Keßen brachte die Academics – wenn auch erst im dritten Nachfassen – auf minus acht heran (32:40/17.). Mit 37:50 ging es in die Halbzeit. Sprich: Die zweiten zehn Minuten hatten die Gäste sogar für sich entscheiden können.
Ob der Aderlass des ersten Viertels zu groß gewesen ist, war also die alles entscheidende Frage für die zweite Hälfte. Doch auch nach dem Seitenwechsel gaben zunächst die Griechen mit dem ehemaligen Bundesliga-Profi Kendale McCullum den Ton an. Mit schnellen Angriffen und vielen einfachen Körben – also genau jenem Basketball, den eigentlich die Heidelberger spielen wollen.
25 Fast-Break-Punkte und vor allem wieder viel zu viele Offensivrebounds (17) ließen die Academics zu – und waren doch auf der Zielgeraden drauf und dran, die Partie zu drehen. Nach einem erfolgreichen Dreier durch Kevin McClain waren sie in der Schlussminute plötzlich nur noch drei Punkte, also einen Angriff, im Hintertreffen (76:79). Spitz auf Knopf stand es jetzt – und reichte trotzdem nicht.
Nachdem sich einmal mehr Licht und Schatten munter abgewechselt hatten, steht unterm Strich die vierte Niederlage im vierten Pflichtspiel dieser Saison. Eine, an die man sich bei den Academics trotzdem lange erinnern wird.
Nicht wegen des Ergebnisses. Sondern wegen des Erlebnisses.
Patras: Gray 20 (3), McCullum (15), Hammonds 13 (3), Karagiannidis 12, Macura 11 (3), Paulicup 8, Plotas 7, Bazinas 2, Coleman 1, Kapetakis
Heidelberg: Horne 22 (2), Mi. Weathers 13 (1), Ma. Weathers 9 (1), McClain 8 (2), Seric 8 (2), Neskovic 7 (1), Keßen 5 (1), Williamson 5, Zipser 4 (1), Osunniyi 2, Ersek, Würzner
Stenogramm: 7:6 (3.), 17:13 (7.), 32:13 (1. Viertel), 36:16 (13.), 40:32 (17.), 50:37 (Halbzeit), 58:42 (23.), 68:50 (28.), 74:56 (3. Viertel), 77:66 (35.), 79:76 (38.), 89:83 (Endstand)