Rasante Entwicklung der Korbjagd in Heidelberg
Der einzige Wermutstropfen war, dass die Saison in einer Woche schon wieder vorbei ist. Heidelberger beim 109:91 gegen Weißenfels mal wieder bärenstark.

Von Nikolas Beck
Heidelberg. Bryan Griffin hatte seine lässigste Miene aufgelegt – und zauberte damit zahlreichen jungen Fans ein Lächeln ins Gesicht. Geduldig erfüllte der Center der MLP Academics am Sonntagnachmittag einen Foto-Wunsch nach dem anderen. Im Interview mit der RNZ strahlte er anschließend dann selbst wie ein Honigkuchenpferd. "Von so vielen Menschen ein Lied gesungen zu bekommen", sagte der nun 25-jährige US-Amerikaner sichtlich gerührt, "das habe ich so auch noch nie erlebt."
Noch süßer als das Geburtstagsständchen aus 3936 Kehlen (nur bei den beiden mit 4136 Zuschauern ausverkauften Duellen gegen Berlin und Crailsheim waren es mehr im SNP Dome) schmeckte Griffin und seinen Kollegen aber der zuvor eingetütete 109:91 (54:49)-Erfolg gegen den MBC Weißenfels.
Ein echter Feiertag war’s mal wieder in der schmucken Arena an der Speyerer Straße, in der den Bundesliga-Basketballern der zehnten Sieg im 15. Heimspiel gelang. Eine Basketball-Festung in Heidelberg? So manch ein Academics-Fan reibt sich immer noch verwundert die Augen ob der rasanten Entwicklung, welche die Korbjagd in der Stadt am Neckar binnen weniger Monate genommen hat. Die starken Auftritte vor eigenem Publikum jedenfalls waren mehr als die halbe Miete für die bereits in der vergangenen Woche erfolgreich abgeschlossene Mission Nicht-Abstieg.
Niklas Würzner überließ für die Party nach der Partie das Mikrofon dem kleinen Anton, der zum Humba-Täterä aufrief. Akeem Vargas, noch so ein besungenes Geburtstagskind – der Kapitän feierte am Samstag seinen 33. – führte die Kollegen nach Spielschluss auf die Ehrenrunde. Der einzige Wermutstropfen war eigentlich, dass die Saison in einer Woche schon wieder vorbei ist.
Griffin sah’s ähnlich: "Es fühlt sich wirklich gerade so an, als ob sich hier etwas gefunden hat." Gegen die immer noch im Abstiegskampf steckenden "Wölfe" wusste jeder einzelne "Akademiker" zu überzeugen: Vincent Kesteloot mit seinem Raketenstart (elf Zähler im ersten Viertel). Landsmann Elias Lasisi, der gegen Ende des dritten Viertels mal wieder heiß lief, Max Ugrai, in dessen 23 Minuten auf dem Parkett die Heidelberger 25 Punkte mehr erzielten als die Gegner, und Jack McVeigh, der australische Alleskönner sowieso.

Allen voran war es aber einmal mehr Eric Washington, der die Zuschauer in Ekstase versetzte. Mit seinen trickreichen Dribblings, seinem wieselflinken Zug zum Korb, seinen acht Assists – und diesmal auch wieder mit traumhaften Wurfquoten. 80 Prozent seiner Würfe aus dem Feld versenkte der Aufbauspieler. Von der Freiwurflinie blieb er ohne Fehlversuch (10 von 10). Als die letzten zwei verwandelt waren, hatte der 29-Jährige Feierabend.
Unter "Standing Ovations" stolzierte der US-Amerikaner zur Bank (39. Minute). Das vor allem im zweiten Durchgang ungleiche Duell war da schon lange entschieden. "Insgesamt ein starkes Spiel von uns", bilanzierte der Matchwinner. "Wir wollten ihre Stärken in der schnellen Offensive wegnehmen. In der zweiten Halbzeit hatten wir uns gut darauf eingestellt."
Einstellen müssen sich die Academics-Fans allerdings auf einen baldigen Abschied des Heidelberger Topscorers. Eine weitere Saison am Neckar des zweitbesten Punktesammlers der BBL (19.1 pro Partie) ist praktisch ausgeschlossen. Schon im Winter lagen Washington lukrative Angebote vor.
Wenngleich durch Würzburgs Niederlage in Frankfurt an diesem Montag rein rechnerisch sogar noch die Playoffs drin wären: Zwei Spieltage vor Schluss – am Donnerstag geht es nach München, ehe am Sonntag Chemnitz zum Kehraus vorbeischaut – richtet sich der Blick beim Tabellen-12. immer mehr aufs anstehende dritte Erstliga-Jahr. Die Vertragsgespräche haben längst begonnen.
Auch mit Max Ugrai. Der 28-jährige Sympathieträger musste grinsen – und ließ die Gelegenheit verstreichen, im Gespräch mit der RNZ seine Verlängerung bekannt zu geben. "Es ist leider noch nicht so weit, wir verhandeln noch weiter", berichtete Ugrai von der einen oder anderen "Meinungsverschiedenheit", die es noch auszuräumen gelte.
Die positive Entwicklung der Academics ist aber auch ihm nicht verborgen geblieben. "Wir haben dieses Jahr als Verein einen Mega-Schritt nach vorne gemacht, jetzt gilt es, über den Sommer die richtigen Entscheidungen zu treffen." Natürlich auch für ihn.
Eine Tendenz, ob es etwas werden könnte, mit weiteren Spielzeiten im Heidelberger Trikot, ließ sich Ugrai nicht entlocken. "Dazu sage ich nix", schwieg er eisern – und setzte dabei ein Pokerface auf, dass der Selfie-Pose von Sportkamerad Griffin in nichts nachstand.
Heidelberg: Washington 28 (4 Dreier), McVeigh (4), Kesteloot 16 (2), Lasisi 14 (4), Ugrai 12 (3), Griffin 7, Hundt 6, Ely 5 (1), Vargas 3 (1), Edwardsson, Herzog.
Weißenfels: Clyburn 33 (5), Bryant 17, Mushidi 16 (3), Callison 10 (1), Darden 7, Breunig 6, Ballock 2, Caisin, Reynolds.