Wie drei Debütanten auf der Tribüne das Spektakel erlebten
Finn, Nico und Hussein sind von ihrem Formel-1-Debüt begeistert

Am Platz ihrer Träume: Finn Seltmann (l.) und Nico Martin auf der Formel-1-Tribüne. Foto: vaf
Von Christoph Ziemer
Hockenheim. Alles begann mit einem Geburtstagsgeschenk. Als Finn Seltmann im April an seinem 18. Geburtstag seine Präsente auspackte, befanden sich darunter auch zwei Tickets für den Großen Preis von Deutschland. "So etwas hatte ich mir schon immer gewünscht", berichtet der Schüler, der seit Jahren jedes Rennen live vor dem Fernsehschirm verfolgt - und sich dafür notfalls den Wecker auch am ganz frühen Morgen stellt.
Ebenso wie Nico Martin. Der 16-Jährige ist wie Finn großer Formel-1-Fan, neben dem Rennsport interessieren sich die beiden Freunde auch für Politik - und haben schon mitbekommen, dass auch in der Königsklasse des Automobilsports viel Politik hinter den Kulissen gemacht wird. "Wir wollten das unbedingt noch einmal erleben, bevor die Formel 1 vielleicht für lange Zeit aus Deutschland verschwindet", sagt Nico, der von Finn dessen zweites Geburtstagsticket geschenkt bekam. "Vor allem, wenn es eigentlich direkt vor der Haustür ist."
Die Anreise war für die führerscheinlosen Schüler des Heidelberg College bereits ein kleines Abenteuer. Mit dem Bus ging es vom Heidelberger Hauptbahnhof über die Landstraßen nach Hockenheim, wo bereits ein Shuttle wartete und die Fans direkt an die Rennstrecke brachte. Mit ihren Wochenendtickets durften die zwei am Donnerstag durch die Boxengasse schlendern und die Formel 1-Boliden aus unmittelbarer Nähe beobachten. Ein Ereignis, das die Jungs nicht so schnell vergessen werden.
"Dass man sieht, wie die Mechaniker an den Autos rumschrauben, und das auch noch aus allernächster Nähe - es ist alles so unwirklich", sagt Finn. Weit über 4000 Fans kamen schon am Donnerstag, um einen Blick auf die Autos zu werfen - dafür nahmen die Schüler auch die Wartezeit von weit über einer Stunde in Kauf. Zwischenzeitlich musste die Südtribüne, über die man auf die Rennstrecke gelassen wurde, sogar wegen Überfüllung geschlossen werden.
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Am Freitag begingen die Schüler ihren ersten Fehler. Drei kleine Wasserflaschen in der Gluthitze von Hockenheim waren für den knallheißen Sommertag deutlich zu wenig. "Ich habe gedacht, das ist wie in der Schule", berichtet Nico. "Da reicht das locker. Das passiert mir bestimmt nicht mehr." Der Freitag war gleichzeitig auch die Formel 1-Premiere von Hussein Attia. Der 18-Jährige besucht viele Kurse gemeinsam mit Nico und Finn - und teilt deren Formel-1-Begeisterung. Für 60 Euro kaufte sich der Ägypter eine Tageskarte - und war hellauf begeistert. "Das war einfach nur purer Schock, als die Autos zum ersten Mal an mir vorbeifuhren", leuchten die Augen des Schülers. "Es ist absolut faszinierend, wie nah man hier an den Boliden dran ist. Und die Geschwindigkeit, die Beschleunigung, der Sound - all das kann man im Fernsehen überhaupt nicht sehen. Der Force India und Ferrari strahlen in der Sonne so hell, wie man es im TV nie sehen würde."
Die Schüler probierten am Freitag verschiedene Sitzplätze aus - klarer Sieger war die Mercedes-Tribüne. Schließlich sei diese nicht nur komplett überdacht, schwärmt Hussein: "Du hast da auch noch eine DRS-Zone im Blickfeld und eine Bombenstimmung. Die Holländer haben richtig Alarm mit ihren Tröten gemacht. Immer, wenn Max Verstappen vorbeigefahren ist, gab es ein Riesenkonzert." Husseins Lieblingsfahrer ist Daniel Ricciardo. Wenn alle die gleichen Autos hätten, wäre der Australier der Schnellste, ist sich der 18-Jährige sicher: "Danach kommt Hamilton. Dann Vettel."
Am Samstag konnte Nico sein Glück kaum fassen. Der Schüler saß auf der Südtribüne, als dort plötzlich Nico Rosberg kurz vor dem Qualifying auftauchte. Sofort sprang Nico auf und ergatterte ein Autogramm auf seiner weißen Kappe. Das Angebot für Essen sei am Hockenheimring insgesamt in Ordnung, finden die Schüler, denen sogar ein Foto mit Renault-Fahrer Nico Hülkenberg gelang. "Aber die Preise für die Fanartikel kann man sich in den offiziellen Shops eigentlich nicht leisten", findet Finn. Die Zeit an der Rennstrecke verging für die Schüler wie im Flug. Da nimmt man dann auch die lange Anfahrt mit dem Bus in Kauf. "Am Wochenende wurde es immer voller, und die Staus haben deutlich zugenommen", sagt Nico. Dafür hätten die Holländer selbst im Bus für beste Stimmung gesorgt.
Nun hoffen alle, dass die Formel 1 nicht endgültig aus Hockenheim verschwindet. Die Schüler sagen, sie würden sofort mit dem Sparen für den nächsten Besuch beginnen, wenn das nächste Rennen im Motodrom gesichert sei. "Ich will unbedingt so schnell wie möglich zurück und das alles noch einmal", verkündet Hussein. Seine Augen leuchten. "Vielleicht wird es ja auch irgendwann einmal einen Grand Prix in Ägypten geben. Ich fürchte nur, das könnte noch etwas dauern."



