Flick will gehen

Das sagen Weggefährten aus der Region

Hansi Flicks verblüffende Antwort auf die Frage von Friedbert Ohlheiser, ob er wieder in Bammental trainieren will und was Weggenossen zum Abschied aus München sagen

18.04.2021 UPDATE: 19.04.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 17 Sekunden
Ein Bild aus der Zeit vor Corona: Die Freunde Hansi Flick (r.) und Dag Heydecker. F:wob

Von Wolfgang Brück

Heidelberg. Den roten Teppich wird Holger Karl nicht ausrollen bei der Rückkehr des Ehrenbürgers. "Warum sollte ich", sagt der 55-jährige Rathaus-Chef, "Hansi war nie wirklich weg. Er ist und bleibt Bammentaler." Noch aus dem Maracana-Stadion in Rio, erinnert sich Karl, habe er im Juli 2014 eine SMS ins Klubhaus an der Schwimmbadstraße gesendet, damals nach dem 1:0 über Argentinien, mit dem Hansi Flick als Joachim Löws Co-Trainer Weltmeister wurde.

Friedbert Ohlheiser, auf dessen Handy die Nachricht einging, kann heute nur den Kopf schütteln. "Dass die Bayern den Konflikt mit Hasan Salihamidzic nicht ausräumen konnten, verstehe ich nicht. Da stellt sich mancher Amateurverein professioneller an", meint das langjährige Präsidiums-Mitglied des Fußball-Landesligisten. In die Altkleider-Sammlung kommen seine Bayern-Trikots trotzdem nicht. "Einem Verein bleibt man sein Leben lang treu", stellt Ohlheiser fest, "doch ich bin enttäuscht, dass keiner der Granden ein Machtwort gesprochen hat." Auch bei Frank Wolf behält der Bayern-Wimpel im Wohnzimmer seines Hauses in Waldwimmersbach den Ehrenplatz. "Glücklich bin ich nicht", gesteht das Vorstands-Mitglied im Fußballkreis Heidelberg. "Hansi hat aus einer angeschlagenen Mannschaft einen Champions League-Gewinner gemacht. Doch bei den Bayern hat der Trainer weniger Einfluss auf die Personalpolitik als anderswo", glaubt der 46-jährige Abteilungsleiter bei Gelita in Eberbach.

Holger Karl. Foto: vaf

Trösten würde Wolf, wenn Flicks Weg von der Säbener Straße direkt in die Otto-Fleck-Schneise nach Frankfurt führen würde. Dag Heydecker hätte nichts dagegen. Der Freund aus der gemeinsamen Zeit bei der TSG Hoffenheim ist überzeugt: "Dem deutschen Fußball kann nichts Besseres passieren als ein Bundestrainer Hansi Flick." Der frühere Geschäftsführer des SV Sandhausen, der nun diese Position beim Eishockey-Zweitligisten EC Bad Nauheim bekleidet, glaubt, dass Flicks Abschied aus München alternativlos war. "Die ständigen Konflikte haben ihm wahnsinnig Kraft gekostet. Ein Ende war nicht absehbar."

Als "konsequent und souverän" empfindet Rudi Ebner die Entscheidung, die Bayern zu verlassen. "Hansi hatte das Affentheater in München leid", meint der 65-jährige Pharma-Referent aus Rohrbach bei Sinsheim, der schon in der Verbandsliga Fan der TSG Hoffenheim war. Flick als Löw-Nachfolger können sich Ebner und Heydecker gut vorstellen. Der 60-jährige Manager ist sicher: "Auch aus der Nationalmannschaft wird Hansi eine Familie machen."

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Das denkt auch Rainer Sauter. "Die Spieler gehen für ihn durchs Feuer. Menschenführung ist seine große Stärke. Er stellt sich selbst nicht in den Vordergrund, hat Empathie. Und beim DFB wird er die halbe Bayern-München-Elf wieder treffen", erklärt der 56-jährige Vertriebsleiter bei HeidelbergCement.

Mit 16 kamen Sauter und Flick gemeinsam nach Sandhausen – der eine vom TSV Gauangelloch, der andere von der Spielvereinigung Neckargemünd. Sie erreichten die Endrunde um die Deutsche Meisterschaft, wurden Oberliga-Meister und vergossen Tränen, als Sandhausen 1985 knapp in der Aufstiegsrunde zur Zweiten Liga scheiterte.

Der Gaiberger Sauter blieb am Hardtwald, bestritt dort in elf Jahren 485 Spiele. Flick wechselte nach München. Bis heute erinnert sich Erich Balles an die Verhandlungen, die er an der Seite von Wolfgang Reinhard mit Uli Hoeneß im Bayerischen Hof führte. "Hansi soll Bundestrainer werden", meint der 85-jährige Ehrenpräsident, "wir Sandhäuser gehören in Top-Positionen."

Als Flick nach drei Deutschen Meisterschaften und einem Intermezzo in Köln in die Heimat zurückkehrte, sorgten er und Rainer Sauter dafür, dass der FC Bammental mit dem Aufstieg in die Oberliga seine beste Zeit erlebte. Kürzlich war der 56-jährige Fußballlehrer, der alles gewann, was es zu gewinnen gab, im neuen Klubhaus. Ohlheiser zeigte ihm die Trainerkabine. "Kannst du dir vorstellen, Hansi", fragte er, "wieder Trainer in Bammental zu werden?"

Flick hat den Freund nicht ausgelacht. Lächelnd antwortete er: "Warum nicht, Olli? Frag mich noch mal, wenn ich 70 bin ..."

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